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Die Tochter der Dirne

Die Tochter der Dirne

Titel: Die Tochter der Dirne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BLYTHE GIFFORD
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ersten Mal seit Monaten warm und geborgen.
    „Was glaubst du? Wie waren meine Antworten?“, fragte sie. Der gegnerische Anwalt war ein boshafter Mann, der sie jedesmal der Lüge bezichtigt hatte. „Haben wir eine Chance?“
    „Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht.“
    „Aber …?“
    „Aber es wird auf die Stimmung und die Vorurteile des Gerichts ankommen.“
    Sie schüttelte den Kopf. „Einst wollte ich von dir hören, dass das Gesetz Schwächen hat. Jetzt wünschte ich, du würdest mir sagen, dass die Gerechtigkeit siegen wird, komme, was da mag.“
    Er legte einen Arm um sie und zog sie an sich. „Die Gerechtigkeit wird siegen. Komme, was mag.“
    Und allein die Tatsache, dass er das sagte, entlockte ihr ein Lächeln.
    „So“, fuhr er fort, „und nun lass uns über etwas Erfreulicheres sprechen. Agnes ist wieder in Windsor. Ich dachte, du würdest sie gern sehen.“
    Überrascht blieb sie stehen. „Oh! Das wäre wunderbar!“
    „Wenn wir morgen sehr früh aufbrechen, können wir bis zum Abend dort sein.“
    „Danke.“ Sie drückte seinen Arm. In den Wochen, seit er das Haus verlassen hatte, hatte sie ihn kaum gesehen. Falls das möglich war, so wirkte er noch hagerer. „Du hast nicht genug gegessen.“
    „Ich lebe in meiner Arbeitskammer und esse in der gemeinschaftlichen Halle. Der Koch kann sich nicht mit dir vergleichen.“
    „Habe ich dich schließlich doch noch die Kunst der Schmeichelei gelehrt? So gut koche ich nicht.“
    „Ich habe nichts über das Essen gesagt.“ Er lächelte. „Ich sagte nur, der Koch könnte sich nicht mit dir vergleichen.“
    Sie lachte laut auf, und er lächelte noch strahlender. „Also sag mir“, meinte sie und schmiegte sich beim Gehen an ihn. „Was hat dich zu sehr beschäftigt, um zu essen?“
    „Das Parlament tritt nächsten Monat zusammen. Es gibt viel vorzubereiten.“
    „Mehr Vorladungen?“
    „Nein. Ein Amtsenthebungsverfahren.“
    Sie erstarrte.
    Dann zwang sie sich dazu, sich zu entspannen, voller Angst, er könnte ihre Reaktion bemerkt haben. „So?“
    „Es tut mir leid, ich wusste, das würde unangenehme Erinnerungen mit sich bringen.“
    Sie zuckte die Achseln. Der Hof schien weit weg. Welche Bedeutung hatten jetzt noch die Feinheiten der Machtspiele? Sie hatte einen Gemahl, und er hatte versprochen, für ihre Familie zu sorgen. „Wer hat den Zorn von Ober- und Unterhaus auf sich gezogen?“
    Er blieb stehen. Der Wind fuhr durch sein Haar und zerzauste es, während er ihr prüfend ins Gesicht sah.
    Er fragt sich, ob er mir vertrauen kann. Nach all dem fragt er sich das noch immer.
    Sie hob die Hand, um ihm übers Haar zu streichen. „Ist schon gut. Ich habe nur gefragt, weil ich wusste, dass es wichtig ist für dich.“
    In seinem Blick lag eine Spur des alten Misstrauens. „Ich muss sicher sein, dass du es nicht dem König sagst.“
    Sie umfasste seine Wange, und er schmiegte sein Gesicht in ihre Hand. Der König reiste noch immer umher und hatte sie völlig vergessen. Sie wusste, wem ihre Loyalität gehörte. Justin hielt in seinen Händen alles, was ihr etwas bedeutete. „Ich bin deine Gemahlin, nicht die des Königs.“
    Er holte tief Atem und seuzfte dann. „Hibernia. Es ist Hibernia.“
    Sie unterdrückte einen Aufschrei und zwang sich dann zu einem Lächeln. „Hibernia“, flüsterte sie und wollte nicht mehr wissen. „Nein, ich werde es dem König nicht sagen.“
    Aber wie sollte sie das Geheimnis vor Agnes bewahren?
    Diese Frage verfolgte sie noch immer, als sie Agnes am nächsten Tag umarmte. Das rundliche Gesicht ihrer Freundin war schmaler geworden, aber sie schien von innen heraus zu strahlen.
    „Ihr seht glücklich aus“, sagte Solay und setzte sich auf einen Stuhl vor dem Kamin.
    „Das bin ich auch. Der König hat Hibernia als Richter für die nördlichen Grafschaften eingesetzt.“ Sie legte einen Arm um Solays Schultern. „Und Ihr? Wie ist die Ehe mit Lord Justin?“
    Solay versuchte zu lächeln. „Ich bin zufrieden.“ Das Glück einer Mätresse schien ihr in diesem Moment verlockender als der Zustand ihrer Ehe.
    „Ich weiß, dass Ihr ihn nicht liebt.“
    Solay zuckte die Achseln und korrigierte sie nicht. Wenn sie den Mund öffnete, würde die Wahrheit herauskommen.
    „Oh, Solay, es tut mir so leid. All das Glück, das Ihr für mich vorausgesehen habt, wird eintreten. Ich muss Euch etwas Wunderbares sagen.“ Das Feuer spiegelte sich in Agnes sanften blauen Augen wider, als würde es in ihr brennen.

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