Die Tochter der Dirne
er sie liebte, würde er es verstehen.
Aber er hatte nie gesagt, dass er sie liebte.
„Du warst wie alle anderen.“ Sie sagte das seltsam ungerührt, während sie vor den Trümmern ihrer Ehe stand. Sie war jetzt eine andere Frau. Nicht mehr die Tochter des Königs, die er geheiratet zu haben glaubte. „Du siehst mich an, aber du siehst in Wirklichkeit sie.“
„Das stimmt nicht.“ Seine Lippen waren wie versteinert, mehr brachte er nicht heraus.
„Wieder und wieder hast du verlangt, dass ich meine Liebe beweise. Was, wenn ich dich nun bitte, mir deine Liebe zu beweisen?“
Sie wartete. Endlose Minuten wartete sie, während er nur dastand, unfähig, den Käfig zu verlassen, den er errichtet hatte.
„Selbst die Tochter einer Dirne verdient Liebe, Justin.“ Beinahe erstickte sie an den geflüsterten Worten. „Noch viel mehr als die Tochter eines Königs.“
Sein Schweigen war Antwort genug. Zusammen mit ihren Illusionen schob sie auch die Hoffnung beiseite. Vor ihr lag ihr wirkliches Leben. Und nachdem sie erkannt hatte, was ihre Mutter alles geopfert hatte, wusste sie, was sie tun musste.
Sie ging zum Tisch und nahm die Kerze auf, die er entzündet hatte, hielt sie an Westons Nachricht und warf diese dann in den Kamin. Niemand würde es je erfahren. Nicht einmal Jane. „Da ist dein kostbarer rechtlicher Beweis. Ein Opfer der Flammen.“
Eilig kniete er nieder, um danach zu fassen, doch er griff in Asche. Schwarzer Rauch stieg durch den Schornstein hinauf, und die Nachricht hatte sich in Staub aufgelöst, vergänglich wie Leidenschaft, nichts, was blieb.
Er sah zu ihr hoch. „Ich wollte dieses Haus für dich retten. Ist es wichtiger, eine Lüge aufrechtzuerhalten?“
„Nicht für mich. Für sie.“
Seufzend erhob er sich und schloss sie in die Arme. „Wenn das für dich so wichtig ist, dann werde ich tun, was du verlangst.“
So an seine Tunika geschmiegt, tröstete sie sich mit dem Gefühl, seine Arme um sich zu spüren und den beruhigenden Schlag seines Herzens. Wenn sie seine Liebe nicht haben konnte, dann musste dies hier genügen.
Sie hob den Kopf und tauchte ein in den sanften Blick seiner braunen Augen, mit dem er sie bedachte. „Das Parlament hat gesagt, sie waren verheiratet. Wenn das Parlament über einen König herrschen kann, dann sollte es uns auch ermöglichen, ein Haus zu behalten.“
„Was wirst du sagen, wenn man dich fragt?“
„Ich werde die Wahrheit sagen.“ Sie lächelte traurig. „Der König nannte mich seine Tochter.“
27. KAPITEL
Justin sah Solay nach, als sie ging, um das Abendessen vorzubereiten, und er wünschte, er hätte ein Recht, seine Wahrheit zu sagen.
Wenn ich dich nun bitte, mir deine Liebe zu beweisen?
Ihre Frage hatte ihn getroffen wie ein Schwerthieb. Hin und her gerissen von seinen Forderungen, den Drohungen des Königs und den Bedürfnissen ihrer Familie, getrieben von Stolz, Zorn und dem Wissen, wer sie war, hatte sie seine Liebe eingefordert.
Und es war zu spät. Viel zu spät. Während er sie aufgefordert hatte, ihn von ihrer Liebe zu überzeugen, hatte er sich in sie verliebt.
Er betrachtete die leere Tür und lachte traurig, denn sie hatte das Spiel geschickt gewendet. Wenn er ihr jetzt sagte, dass er sie liebte, würde sie ihm niemals glauben.
All sein Getue, all seine Anklagen und Argumente waren vergebliche Versuche gewesen, es zu leugnen. Er hatte vorausgesetzt, dass sie der Liebe nicht wert war, aber die ganze Zeit über war er ihrer nicht wert gewesen. Sie hatte ihm verziehen, aber er konnte sich selbst nicht verzeihen.
Worte allein würden für sie nicht genügen. Er musste sich das Recht, sie zu lieben, verdienen, musste ihr seine Liebe zeigen, nicht mit Worten, sondern mit Taten. Er musste ihr geben, was sie auf der Welt am meisten begehrte.
Dieses Haus.
Sorgfältig schob er die Dokumente zusammen und blies die Kerze aus. Er hatte sich hier aufgehalten, weil er so gern mit ihr zusammen war, doch morgen würde er nach London zurückkehren, um sich besser auf den Fall vorzubereiten. Er hoffte, dass die vorhandenen Dokumente genügten, um einen Richter zu überzeugen.
Und er hoffte, dass sein Erfolg genügen würde, um Solay zu überzeugen.
Solay erschauerte, als der kalte Oktoberwind die wenigen restlichen Blätter von den Bäumen riss und über den Hof des Middle Temple wehte, und war erleichtert, weil ihre Stellungnahme vor dem Richter vorüber war.
Justin holte sie ein. Als sie neben ihm stand, fühlte sie sich zum
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