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Die Tochter der Dirne

Die Tochter der Dirne

Titel: Die Tochter der Dirne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BLYTHE GIFFORD
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dachte an seine letzten Worte: Vielleicht werde ich dich willkommen heißen, indem ich sage: Gehen wir miteinander ins Heu. Sie könnte es nicht ertragen, diese Worte aus seinem Munde zu hören. „Du hast einen großen Sieg über den Duke errungen.“
    „Solay, ich habe Agnes gefunden.“
    Sie machte einen Schritt auf ihn zu und dann noch einen. „Geht es ihr gut? Wo ist sie?“
    „Sie ist in Sicherheit. Ich habe sie in einen Konvent nach Readington gebracht.“
    Sie presste die Lippen zusammen, um die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Wie flüchtig Agnes’ Glück gewesen war. „Danke.“
    Er hielt ihr ein Tuch hin, und sie nahm es, nicht sicher, ob sie um Agnes weinte oder wegen seiner unerwarteten Freundlichkeit.
    „Setz dich“, sagte er. „Bitte.“
    Er deutete auf eine Bank am Feuer und zog eine weitere heran. Sie löste ihren Umhang und legte die Karte des Königs auf den Tisch.
    Er beugte sich vor, die Ellenbogen auf die Knie gestützt, und seine Finger waren ihr so nahe, dass er sie hätte berühren können. „Wir haben nicht viel Zeit, und ich habe dir viel zu sagen.“
    Sie schloss die Augen, um nicht daran denken zu müssen, wie seine Hand ihre Hüfte berührt hatte, aber sie konnte nichts tun gegen die vertraute Spannung, die zwischen ihnen bestand. Diese Spannung pulsierte in ihren Adern, und ihr wurde heiß.
    Sie lehnte sich zurück und versuchte, sich an das zu erinnern, was ihre Mutter gesagt hatte: Vertraue dem Begehren nicht. Aber im vergangenen Jahr waren alle Sicherheiten, an die sie sich geklammert hatte – die Macht des Königs, ihr Geburtsrecht, ihre Fähigkeit zu gefallen, ihre Versuche, die Zukunft zu beeinflussen – wie Schnee dahingeschmolzen. Nur das Verlangen war geblieben, das sie so eng verband wie am Anfang, als würde nichts zwischen ihnen stehen.
    „Was willst du mir sagen?“
    „Ich habe Dokumente angefertigt, die dir dauerhaft die Einnahmen aus drei meiner Häuser in London garantieren.“
    Sie hatte geglaubt, ihr Schicksal angenommen zu haben, aber seine kühlen Berechnungen zu hören, raubte ihr die Sprache. Ich werde einen Richter finden, der keine Schwierigkeiten hat, uns beiden die Freiheit zurückzugeben. Sie würden nicht anders sein als all die anderen früheren Liebespaare bei Hofe und mit einem verlegenen Hüsteln die Blicke abwenden, wenn sie gezwungen waren, aneinander vorbeizugehen.
    Er wartete ihre Antwort nicht ab. „Nur so konnte ich …“
    Sie hob eine Hand, um ihn zu unterbrechen. „Danke. Du bist sehr großzügig.“ Es würde reichen für Essen, für Feuerholz, Futter für die Pferde und ein neues Kleid für Jane im Frühling. Jetzt wollte sie nur noch nach Hause zurück, wo sein Anblick und sein Geruch ihr Herz nicht mehr quälten. „Wir werden es recht gut haben.“
    „Nein.“ Trotzdem er auf der Seite der Sieger stand, schien sein Blick leer, als hätte er etwas verloren.
    Eine dunkle Vorahnung überkam sie. „Es gibt noch etwas?“
    „Die Gerichte arbeiten wie Mahlsteine, egal, wer auf dem Thron sitzt. Ich habe den Prozess verloren. Das Haus gehört euch nicht mehr.“
    Dieser letzte Satz verschlug ihr den Atem. „Ich hätte die Wahrheit sagen sollen, egal, was Mutter wollte. Ich hätte …“
    Er umfasste ihr Knie und drückte es. „Es ist nicht dein Fehler. Du hattest recht. Ich kann auf Erden nicht für Gerechtigkeit garantieren. Es tut mir leid.“
    Seine Augen schienen dasselbe zu sagen wie seine Lippen. Und als sie in das geliebte Gesicht sah, das sie nie wiedersehen würde, fiel die letzte kleine Mauer, die ihr Herz geschützt hatte, in sich zusammen.
    „Dann sollte es nicht sein“, flüsterte sie. „Ich weiß, du hast getan, was du konntest.“
    Wie dumm sie gewesen war, ihn für seine Bedingungen zu schelten. Die ganze Zeit über hatte sie einen kleinen Teil ihrer Liebe zurückgehalten, bis er sie verdiente. Und nun, da er nicht länger zu ihr gehörte und sie nichts von ihm zu erwarten hatte, liebte sie ihn mehr als je zuvor.
    Die Wache klopfte und öffnete, ohne die Aufforderung dazu abzuwarten. „Sie sind für sie bereit.“
    „Sagt ihnen, wir kommen“, erwiderte Justin, und die Wache zog sich zurück.
    Sie wollte aufstehen, aber er nahm ihre Hände in seine. „Du musst es wissen, ehe du gehst. Du begibst dich in die Höhle des Löwen. Die Lords sprechen nicht länger über Gesetze oder auch nur Gerechtigkeit. Sie sprechen von einem neuen König.“
    Sie erschauerte. Solange der alte König noch atmete, würde

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