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Die Tochter der Dirne

Die Tochter der Dirne

Titel: Die Tochter der Dirne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BLYTHE GIFFORD
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seinen Zorn zu unterdrücken. „Vergesst nicht, Lamont, Eurem kostbaren Gesetz zufolge werde ich nächstes Jahr wieder uneingeschränkt herrschen.“
    Die sanfte Stimme brachte Justin zum Erschauern. Dieser Mann verzieh niemals einen Fehler.
    Nun, das zumindest hatten sie gemeinsam.
    Als Justin den Raum verließ, hörte er aus der Halle Gelächter, während der Hof sich zusammenfand, um das Weihnachtsscheit zu entzünden. Er beschleunigte seinen Schritt. Lady Solay musste aufgehalten werden, und zwar schnell.
    Solay schimpfte mit sich selbst, weil sie Lamont gegenüber so unbeherrscht gesprochen hatte, während sie ihre kleine Tasche in das Gemach trug, das sie mit einer der Hofdamen der Königin teilen sollte. Sie fragte sich, ob die Zuweisung dieser Kammer ein Zeichen für die Gunst des Königs war oder eher dafür, dass er sie beobachtet wissen wollte.
    Rasch packte sie aus, während Lady Agnes – klein, rundlich und blond – in der Tür wartete. „Lady Solay, beeilt Euch. Wir dürfen die Feierlichkeiten nicht versäumen.“
    Als sie gemeinsam den Innenhof durchquerten, fröstelte Solay in ihrem abgetragenen Umhang, während Lady Agnes ohne Unterbrechung redete, seit sie ihre Kammer verlassen hatten.
    „Das Weihnachtstableau für Seine Majestät morgen wird so schön werden. Ich spiele einen weißen Hirschen, das Lieblingstier Seiner Majestät.“ Agnes war zusammen mit Königin Anne aus Böhmen gekommen und rollte noch immer das „r“. „Und zum Essen bereitet der Koch Hühnchen mit Backpflaumen, Zimt und Safran vor. Mein Lieblingsessen.“
    Bei dem Gedanken daran lief Solay das Wasser im Munde zusammen. Seit Jahren hatte sie keine so extravagante Mahlzeit mehr gekostet. Als sie die Halle betraten, sah Solay sich um und stellte erleichtert fest, dass Lord Justin nirgends zu entdecken war.
    Ihr Leben lang hatte sie sich nicht um die Vorurteile Fremder gekümmert, doch anders als bei allen anderen hatte sein Urteil ihren lange zurückgehaltenen Zorn entfacht, der nun bei dem nächsten Luftzug helle Flammen zu schlagen drohte und sie veranlasste, um etwas zu kämpfen, das lange verloren war.
    Schlimmer noch, er hatte an etwas weitaus Gefährlicheres gerührt. In der Nähe dieses Mannes verspürte sie Begehren. Dieses beunruhigende Gefühl bedrohte die Selbstkontrolle, die sie benötigte, wenn sie die Menschen in ihrer Umgebung beeinflussen wollte. Und ihre Fähigkeit, Einfluss auf andere zu nehmen, war die einzige Hoffnung für ihre Familie.
    Lady Agnes entfernte sich, um der Königin zu helfen, die das Reisig unter dem Weihnachtsscheit zu entfachen versuchte. Solay sah sich nach einer anderen Begleiterin um, doch jede Frau wich zurück, sobald sie sich nur näherte.
    Die Männer waren nicht so abwehrend. Einer nach dem anderen kamen sie zu ihr, um ihr Gesicht zu betrachten und den Blick über ihren Körper gleiten zu lassen. Ohne einen Funken Verlangen zu spüren, schenkte sie jedem ein strahlendes Lächeln.
    Während sie weiterhin lächelte, erfuhr sie, dass der König seinem liebsten Höfling, dem Duke of Hibernia, einen neuen Titel geschenkt hatte.
    Die Männer lächelten nicht, als sie ihr davon erzählten.
    „Meine Glückwünsche, Lady Solay.“ Justin stand hinter ihr. „Der König hat Euren Namen bereits auf seine Liste gesetzt.“
    Erst als seine Stimme an ihr Ohr drang, bemerkte sie, dass sie darauf gewartet hatte, sie zu hören. Doch bestimmt rührte die Aufregung, die sie empfand, von dieser Nachricht her und nicht von seiner Nähe. „Seine Majestät ist sehr großzügig.“ Sie fragte sich, wie hoch die Summe wohl bemessen sein mochte.
    „Der Rat ist es nicht. Dafür wird es keine Genehmigung geben. Dem Rat ist es egal, dass Ihr ein falsches Geburtsdatum angegeben habt, um dem König zu gefallen.“
    Sie erbleichte. „Was wisst Ihr über meine Geburt?“ Nur wenige Menschen wussten davon oder interessierten sich dafür, wann sie auf die Welt gekommen war. Der Betrug war harmlos gewesen. Oder wäre es zumindest, solange der König es nicht herausfand.
    „Eine der Wäscherinnen hat vor zwanzig Jahren für Eure Mutter gearbeitet. An die Nacht Eurer Geburt erinnert sie sich recht deutlich. Es war zur Sommersonnenwende, und die Schreie Eurer Mutter waren in der ganzen Burg zu hören.“
    Solay biss sich auf die Unterlippe, um ein entzücktes Lächeln zu unterdrücken. Ihr Geburtstag. Endlich kannte sie ihren Geburtstag.
    Aber sie musste sich weiterhin an ihre Geschichte halten. „Sie muss sich

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