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Die Tochter der Dirne

Die Tochter der Dirne

Titel: Die Tochter der Dirne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BLYTHE GIFFORD
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flüsterte sie an seiner Brust und glaubte, über ihrem Kopf ein Nicken zu spüren.
    Sie löste sich von ihm, voller Angst, zu viel verraten zu haben, aber sein Blick war sanft, und um seine Lippen lag ein Lächeln. Die Sonne streichelte mit ihren Strahlen ihr Gesicht, aber als sie in Justins Augen blickte, fühlte sie sich so schwindelig wie während des Schneefalls. Er neigte den Kopf, und sie öffnete die Lippen.
    „Justin! Was gibt es Neues aus London?“ Die Stimme ihrer Mutter beanspruchte ihre Aufmerksamkeit.
    Ihre Münder, so kurz vor einem Kuss, verzogen sich zu einem Lächeln.
    Solay seufzte. „Sie wird jede Einzelheit hören wollen.“
    „Ich weiß.“ Er winkte zu Lady Alys’ Fenster im oberen Stockwerk hinauf, dann wandte er sich wieder Solay zu und küsste sie, leidenschaftlich, entschieden und voller Verheißung. „Ich habe Euch auch vermisst“, flüsterte er.
    Sowohl Lady Alys als auch Jane hatten endlose Fragen über die Klage. Erst als der Himmel sich spät am Tage rosa färbte, war Solay wieder mit Justin allein. Sie genoss jede warme Stunde des Sommers, daher saßen sie draußen auf einer Bank, um das letzte Tageslicht ausnutzen zu können.
    Er trank einen Schluck Met und streckte die Beine aus, während die rosa Wolken in Flammen zu stehen schienen, ehe sie eine goldrote Färbung annahmen.
    „Justin, habt Ihr etwas von Agnes gehört?“
    Er runzelte die Stirn. „Es heißt, sie teilt jetzt nicht nur das Bett mit Hibernia, sondern auch eine Kammer.“
    Wir werden zusammen sein, hatte Agnes gesagt. Das musste sie gemeint haben. Seine Frau im Schloss, seine Mätresse bei Hof. Das war Glück genug. Außer …
    „Justin, die Vorladung – was wurde daraus?“
    Er nahm einen weiteren Schluck Met und vermied es, ihr in die Augen zu sehen. „Nichts. Es gibt sie nicht mehr.“
    Sie musste lächeln. Wenn Agnes ihr Glück finden konnte, dann würde ihr das vielleicht auch gelingen. Sie drehte die Stiele einiger goldfarbener Blumen, die sie gepflückt hatte, zwischen den Fingern. „Soll ich Euch erzählen, was ich gelernt habe, während Ihr fort wart?“
    „Bitte.“
    Sie hielt ihm die Stängel dicht vor die Nase. „Dies ist Johanniskraut. Es kann in Wein gekocht und für innere Wunden genommen werden oder als Salbe für äußerliche.“ Geduldig hörte er zu, während sie den Verwendungszweck der Pflanze beschrieb. „Es ist eine Pflanze des Löwen, der von der Sonne bestimmt wird, dem Gold der Pflanzen.“
    „Löwenzahn ist auch gelb“, sagte er und lächelte. „Sind das ebenfalls Pflanzen des Löwen?“
    Sie drohte ihm spielerisch mit dem Finger. „Macht Euch nicht über mich lustig. Dies hier ist genauso logisch wie das Gesetz.“
    Er lachte vergnügt und blickte hinauf zu dem sich langsam verdunkelnden Himmel. „Es ist schön, wieder hier zu sein. In London konnte ich am Ende des Tages kaum den Himmel sehen.“
    „Als Ihr fort wart, sah er anders aus.“ Sie genoss den kurzen friedlichen Moment und nahm dann ihren Mut zusammen: „Justin, was geschieht als Nächstes?“
    „Was meint Ihr?“
    „Wenn wir das Haus verlieren.“
    Er runzelte die Stirn. „Zweifelt Ihr an meinen Fähigkeiten?“
    „Nein, aber ich besitze nicht Euer Vertrauen in die Gerechtigkeit. Ich kann das Schicksal meiner Familie nicht den Händen des Gesetzes überlassen.“ Sie zerdrückte die Stiele der Blumen und presste sie so fest, dass ihre Fingerknöchel sich weiß verfärbten. „Wir sind nicht mächtig. Noch immer hat meine Mutter Feinde, selbst Ihr …“ Sie biss sich auf die Zunge.
    Er umfasste ihre Hände. „Solay, als wir heirateten, kannte ich meine Verpflichtungen.“
    Sie nickte und blickte hinab auf seine Hände. Die Verantwortung für ihre Familie lastete jetzt auf ihm, genau, wie sie es geplant hatte.
    Unfähig, ihm in die Augen zu sehen, blickte sie hinauf zum Himmel. Der erste blasse Stern durchdrang die Finsternis. Ich will seine Liebe, nicht nur sein Pflichtgefühl.
    Er legte einen Arm um sie und folgte ihrem Blick. „Ihr liebt den Sommer, aber er gewährt Euch weniger Zeit, die Sterne zu sehen.“
    Seufzend lehnte sie sich an ihn und genoss den Trost, den er ihr bot. Mehr würden sie nicht über die Zukunft miteinander besprechen. „Das stimmt, aber ich muss nicht frieren, wenn ich sie beobachte.“ Sie hob einen Arm. „Seht. Da ist Herkules.“
    Er kniff die Augen zusammen und spähte zum Himmel. „Wo?“
    Sie zeichnete die Linien von Herkules mit ihrem Finger nach, bis er endlich den

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