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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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während sein Fieber stieg und der Schmerz in seinem Schädel raste. Auch dass knapp fünfzig Menschen sich hierher hatten flüchten können, erfuhr er; dass einige Räte Dutzende Bücher gerettet hatten, bevor Tarsina die Bibliothek anzündete; dass er sein linkes Auge verloren hatte und dass sein Vater tot und Tikanum unwiderruflich verloren war.
    Die Krieger des Eisernen hatten einen der Luftschächte entdeckt und durch ihn erst Vögel, dann Taratzen, dann giftige Schlangen in die Erdstadt geschleust. Panik war ausgebrochen. Ein junger Wächter des Tores, halb wahnsinnig vor Entsetzen, hatte schließlich das Haupttor geöffnet. Tiban hatte sofort reagiert und eigenmächtig den Angriff auf die Belagerer am Südtor und den Ausbruch befohlen.
    Bevor das Wundfieber seine Sinne endgültig betäubte, merkte Bosco, dass er in einen Mantel aus grauem und weißem Gefieder gehüllt war - in den Mantel seiner Mutter. Er konnte es nicht fassen »Ich habe ihn aus Vaters Wohnkuppel mitgenommen«, flüsterte Valena. »Mutter wollte immer, dass du ihn einmal trägst.«
    »Woher weißt du das?«
    »Vater hat es mir erzählt.« Sie zog eine Mundharmonika aus der Tasche des Federmantels. »Dieses Instrument hat sie gebaut. Vater wollte, dass ich es dir gebe.«
    Bosco schloss die Faust um die Mundharmonika und drückte sie an die Brust. »Was hat er dir noch über Mutter erzählt?«
    »Später ...« Sie strich ihm über die Stirn. »Wenn du wieder gesund bist ...«
    Doch ein Später gab es für Bruder und Schwester nicht mehr. Bald erhob sich Kampflärm - Krieger des Eisernen hatten den verschütteten Zugang zum Außenposten entdeckt.

Kapitel 16
    Der Gefangene schrie nicht mehr, den ganzen Nachmittag über nicht. Katanja trennte das vollgeschriebene Blatt aus ihrem Schreibbuch, noch einmal überflog sie ihren Brief an zu Hause. Meine Lieben, Frieden Euch und Frieden allen, die Frieden bringen und Frieden halten. Der Sommer geht zu Ende, der vierte, seit ich Euch verließ. Das Ziel, zu dem Ihr mich gesandt habt, ist noch weit. Ich wusste, dass eine lange Reise vor mir liegt, Ihr habt mich darauf vorbereitet. Ich ahnte auch, dass harte Jahre kommen. Doch so lang? Und so hart? Und mit so viel Angst? Auf sie vor allem, die Angst, habt Ihr mich nicht vorbereitet. Manchmal frage ich mich, ob ich die Lichterburg je mit eigenen Augen sehen werde. Und die Frage, ob ich irgendwann zu Euch zurückkehren werde, wage ich mir gar nicht mehr zu stellen.
    Dies ist mein dritter Brief an Euch. Noch zwei Kolks sind mir als Boten geblieben. Eure Antwort blieb aus, und ich muss annehmen, dass mein gefiederter Bote sein Ziel nicht erreicht hat...
    Katanja schilderte den Überfall der Sklavenjäger, die Trennung von Weronius und Janners Tod, die bittere Zeit im Sklavenkeller und die Begegnung mit dem Hauptmann, der sie gekauft hatte.
    Seit bald sieben Monden lebe ich nun in der Pfahlbausiedlung. Man behandelt mich hier gut. Manchmal vergesse ich, dass ich eine Gefangene bin. Doch wenn ich erwache, denke ich an meinen Auftrag. Wenn ich mich spätnachts schlafen lege, denke ich an die Lichterburg und den Goldzeitschatz. Aber wie weit würde ich kommen, wenn mir die Flucht gelänge?
    Heute Morgen brachten sie einen Gefangenen in die Siedlung - einen Späher der Tiefländer. Sie wollen ihn hinrichten. Seine Sippe will die Siedlung überfallen, das habe ich aus seinen Gedanken erfahren. Ich werde versuchen, ihn zu retten und auf meine Seite zu ziehen, vielleicht ist es mir sogar schon gelungen. Seine Leute wollen vor dem Eisernen in den Nordsund flüchten. Führt nicht auch mein Weg nach Norden? Ich fürchte mich, doch ich brenne darauf, endlich weiterzuziehen.
    Ich küsse Euch, Mai und Tondobar, meine Eltern. Ich umarme und küsse Dich, Grittana, meine geliebte Meisterin, und hoffe, Du bist bei guter Gesundheit. Ich umarme und küsse Dich, Friedjan, mein geliebter Bruder. Ich sehne mich nach Euch allen. Ich grüße die gesamte Sozietät. Katanja von Altbergen.
    Sie faltete den Brief zusammen, bis er in die Lederkapsel für die Kolks passte. Die Kapsel verschloss sie mit Wachs und befestigte sie an Merkurs Klaue. Als die Abenddämmerung einsetzte, drückte sie den Vogel an ihre Brust. Im Stillen segnete sie ihn. Danach setzte sie ihn auf ihren Arm. Er schwang sich in die Luft und flog stromaufwärts davon.
    An diesem Abend schloss Katanja die Tür ihres Anbaus neben dem Haupthaus nicht ab. Sie füllte einen Becher mit Brombeerwein und träufelte ein

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