Die Tochter Der Goldzeit
Betäubungsmittel hinein. Als der Hauptmann dann klopfte, wies sie ihn zuerst ab, damit er keinen Verdacht schöpfte.
Sie wies ihn meistens ab, wenn er zu ihr wollte. In den letzten Wochen erst, seit er ihr die Truhe gebracht hatte, gab sie ihm hin und wieder, was er begehrte. In der Siedlung glaubten die Leute, sie sei seine Gattin und würde Nacht für Nacht das Lager mit ihm teilen. Er hütete sich, diesem Eindruck zu widersprechen. Mit gutem Grund: Seit er sie dem Sklavenhändler abgekauft hatte, war sein Rang als Führer der Siedlung unumstritten. Und die vielen Menschen, die von überall her kamen, um Rat und Hilfe bei Katanja zu finden, vermehrten seinen Reichtum sowie sein Ansehen bei den eigenen Leuten und bei den Nachbarsiedlungen am Stromufer.
»Bitte, lass mich zu dir kommen«, flüsterte er draußen vor der Tür.
Sie zierte sich noch ein wenig, ließ ihn dann aber eintreten und zu sich unter die Decke kriechen. Zuerst druckste er ein wenig herum, denn der Streit des vergangenen Tages rumorte noch in ihm. Der Ärger über Katanjas Eigensinn kämpfte mit seinem Verlangen nach ihr. Katanja zog sich aus und schmiegte sich an ihn. Er umarmte sie und liebte sie dann mit aller Leidenschaft, zu der er fähig war.
Als er von ihr abgelassen hatte, griff sie nach dem Becher mit dem Brombeerwein und tat, als würde sie trinken. Lächelnd reichte sie ihm das Getränk, und er leerte den Becher auf einen Zug. Eine halbe Stunde später begann das Betäubungsmittel zu wirken: Der Hauptmann fiel in einen tiefen Schlaf.
Ohne sich anzukleiden, schlich Katanja aus ihrem Anbau und stieg in den Strom. Es war dunkel und nieselte. Unter den Planken hinweg tauchte sie bis zu einer Uferstelle unter dem Hauptsteg, von der aus sie das Wachhaus beobachten konnte. Sie wartete. Irgendwann kamen die beiden Wachen heraus. Murmelnd in ein Gespräch vertieft, traten sie ihren Rundgang um die Palisade an.
Katanja spähte ihnen hinterher, bis die Dunkelheit sie verschluckte, dann huschte sie über den Feuerplatz und in das Wachhaus. Sie griff sich einen der Fellmäntel von der Wand neben der Tür und verhüllte ihre Nacktheit, bevor sie den Kerker öffnete.
Waller Rosch schlief.
»Wach auf!«, flüsterte sie.
Er schlug die Augen auf und starrte sie an wie eine Erscheinung.
Sie beugte sich über ihn und löste seine Fesseln. »Flieh!«, befahl sie ihm. »Und denke an mich, wenn du mit deinen Leuten zurückkehrst ...«
Kapitel 17
Eine frische Nachtbrise wehte auf dem Dach des Palasts. Am Himmel funkelten die Sternbilder des Herbstes. Zwischen den von Fackeln erleuchteten Säulen des Dachpavillons stand eine Rauchfahne. Torya wusste, was das bedeutete - der Magier war auf einer magischen Reise gewesen. Er hatte sie rufen lassen.
Das Tor zu seinem Kastell stand offen. Im Halbdunkeln knurrte dort Gulwyons neuer Wachcanide. Das schwarze Tier sprang zu ihr, strich knurrend um sie herum. Sein struppiger Rücken reichte ihr bis zur Hüfte. Fackelschein brach sich in seinen gelben Augen.
»Zum Finsterfürsten mit dir!«, zischte Torya und versuchte ihn mit einer unwirschen Handbewegung zu verscheuchen. Der Canide schnappte nach dem Saum ihres Umhanges, sie trat nach ihm und traf ihn an der Schnauze. Winselnd wich er zurück.
Torya lief zum Kastell, riss den Vorhang des Windfangs auf. Es roch nach bitterem Harz und verbranntem Öl. Sie zog die Schultern hoch und trat ein. So viele Jahre schon kam sie hier hoch, und immer noch erfüllte eine seltsame Scheu ihr Herz, wenn sie das Domizil des Magiers betrat. Hinter ihr bellte der Canide.
»Still!«, zischte es von der schmalen Wendeltreppe, die zum Dachpavillon hinaufführte. Auf den Stufen ihrer ersten Biegung hockte Gulwyon. Der Canide draußen verstummte.
»Inzwischen respektiert er dich«, sagte der Magier. Der Fackelschein aus dem Dachpavillon erhellte sein fahles, kantiges Gesicht.
Eine schwarze Lederkappe bedeckte seinen langen Schädel. Er trug seinen alten, speckigen Umhang aus abgeschabtem rotem Leder.
»Warum hast du nach mir rufen lassen?« Torya setzte sich auf einen Stuhl zwischen der Kleidertruhe und der mit Töpfen, Flaschen und Krügen überladenen Anrichte. Eine Streitaxt und ein kleiner Jagdbogen lehnten an der Truhe.
»Zeige eine Schwäche, und der Canide wird den Respekt vor dir wieder verlieren.« Die Stimme des Magiers klang rau und tief. »Gib dem Volk weiterhin Anlass, über deinen losen Umgang mit den Gardisten zu lästern, und es wird ebenfalls den Respekt
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