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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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Ziegeldächern ersetzt werden, die über ein Stück Garten verfügten, in dem man Gemüse anpflanzen und Hühner halten könnte. Es würde ein Badehaus mit heißem Wasser geben, und einmal pro Woche kämen Amahs, um ihnen den müden Rücken zu massieren, und ein Arzt aus dem Dorf würde sich um sie kümmern, wenn sie krank waren. Es würde Früchte und Gemüse zu essen geben. Zur Aufbesserung ihres Reises würden nicht länger Salzfisch gestohlen oder Aale gefangen werden müssen. Ein fahrender Schneider würde sie mit neuen Kleidern für die Arbeit und die Festtage versorgen. Sie würden sogar einen Ort bekommen, wo sie sie waschen könnten, und Wäscheleinen zum Aufhängen. Ein Schuster würde ihnen Schuhwerk fertigen und es reparieren.
    Alle diese Verbesserungen waren längst überfällig und in den meisten Seidenfarmen in der Provinz Kwangtung bereits gang und gäbe. Ben hatte gesagt, dass seine Drohung, mit Ming-Chou keine
weiteren Geschäfte mehr zu tätigen und Inspektoren aus Macao herzuschicken, diesem sogar das widerstrebende Einverständnis entlockt habe, ein bescheidenes Gehalt zu zahlen und den mui-mui zu erlauben, zu festlichen Gelegenheiten das Dorf zu besuchen.
    Li lächelte ihn mit glänzenden Augen an. »Ich kann gar nicht sagen, was mir das bedeutet. Es gibt jenen Dingen, die für immer im Dunkeln zu liegen schienen, einen Sinn und erhellt sie. Selbst wenn ich hundert Jahre lebe, werde ich dir nie genug danken können, dass du meiner Familie ihre Freiheit und Würde zurückgegeben hast.«
    Ben nickte verständnisvoll, während die Golden Sky auf das Ruder reagierte und ein Focksegel gesetzt wurde, um dem glitzernden Flusspfad zu folgen.
    »Geh doch hinunter und schlaf ein wenig. Wenn wir beim Gut ›Große Fichte‹ ankommen, weckt Wang dich auf.«
    Für seine Toleranz und seinen Takt war Li Ben unendlich dankbar. Als sie ihn gebeten hatte, ihre Vergangenheit zu besuchen, ehe sie sich in ihre Zukunft aufmachten, hatte er sie zärtlich und vorbehaltlos angelächelt. »Wenn du das unbedingt tun musst, um dich heil zu machen und dir den Anfang des Glücks zu zeigen, dann ist das für mich genauso wichtig wie für dich.«
    Doch als sie ihn eingeladen hatte, beim Eröffnungsfest des Hauses des Gütigen Mondes Ehrengast zu sein, hatte er respektvoll abgelehnt. »Die einschüchternde Gegenwart eines Barbaren, wie wohlgesinnt er auch sein mag, würde die Freiheit der Gedanken und der Rede einschränken, die eine solche Gelegenheit verdient.« Er hatte sie sanft geküsst und einen Augenblick gehalten, ehe er wieder zurückgetreten war, fest entschlossen, auf den richtigen Zeitpunkt zu warten, ehe er dem wachsenden Bedürfnis nach ihr nachgab. »Es wird andere Abenteuer geben, die wir miteinander teilen können, aber diese hier sind unwiederbringlich. Du hast dir diese Augenblicke verdient - genieße sie uneingeschränkt. Sie markieren den Beginn eines neuen Lebens.«
    Als sie sich im Morgengrauen dem Gut »Große Fichte« näherten
und Li sich Ben zur Begutachtung zeigte, wandte er sich bewundernd vom Ruder ab. »So wenig ich über dein Vorhaben hier weiß, so weiß ich doch, dass sie die Anwesenheit solcher Anmut und Intelligenz nicht verdienen, nicht einmal für einen Augenblick.« Mit einem übertriebenen Grinsen seufzte er. »Kein Comprador aus meinem Bekanntenkreis hat je so bezaubernd ausgesehen.« Er wurde ernst. »Was dieser Besuch dir bedeutet, kann ich nur erahnen, aber ich denke, ich weiß, wie ausgesprochen schwer er dir fallen muss. Denke daran, wenn sich die Dinge nicht wunschgemäß entwickeln, brauchst du mich nur zu rufen.«

    Auf ihren Vater wartete Li ohne düstere Vorahnungen, nur mit dem ungeduldigen Vorsatz, das, was sie sich vorgenommen hatte, zu erreichen und dann für immer aus seinem Leben zu verschwinden. Sie blickte sich in dem Verkaufsraum um und erinnerte sich an ihren fünften Geburtstag und ihre zerschmetterte Glückskachel. Sein Stuhl wirkte nicht mehr so hoch und allbeherrschend, wie er es an jenem unseligen Tag getan hatte. Er erschien ihr jetzt schäbig, so gar nicht wie ein Thron. Sie setzte sich nicht auf einen der um den Gewürztisch stehenden Hocker für die Händler, da sie entschlossen war, diese unangenehme Begegnung so kurz wie möglich zu halten.
    Sie musste lange warten, ehe Yik-Munn erschien. Es erstaunte sie, wie sehr er gealtert war: Sein hoher Hut, der durch den Haarverlust nur noch locker saß, balancierte reichlich albern auf Ohren, die gewachsen zu sein

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