Die Tochter der Konkubine
ausersehen war, sich auf dem Feld abzurackern. Sie durfte nur klare Brühen und schaumig geschlagenes Eiweiß essen, um zu garantieren, dass seine Haut glatt und hell wurde. Sie durfte die Arme nicht über den Kopf heben oder etwas Anstrengenderes tun, als gemächlich durch die Gärten zu schlendern. Meistens drängte Fisch sie, sich im Pavillon freudiger Momente auszuruhen und zur Stärkung von Energie und Gesundheit einen Kräutertrank nach dem anderen zu trinken.
Die Möglichkeit, dass das Kind kein Junge werden könnte, zog Fisch überhaupt nicht in Betracht. Jedes Räucherstäbchen, jedes Papiergebet, jede verbrannte Gabe wurde unter der Voraussetzung dargebracht, dass es ein Sohn würde. Selbst die beiden Schalotten oder hartgekochten Eier, die in den Nachttopf in Lis Schlafzimmer gelegt wurden, waren altbewährte Hilfsmittel zur Herausbildung von Hoden. Gehorsam trank Li einen starken Tee aus Pfirsichblättern, um die Morgenübelkeit zu verhindern. Getrocknete Pfirischblütenblätter wurden über ihr Bett gestreut und ein Stück Pfirsichbaumholz unter ihr Kissen gelegt, um hungrige Geister abzuwehren.
»Ich bin viele Male im Tempel gewesen«, erzählte Fisch ihr, »um alle Götter zu bitten, Master den Sohn zu geben, nach dem er sich sehnt. Das hier habe ich von den Priestern gekauft.«
Fisch wickelte ein Tuch auseinander und enthüllte eine Reihe von Talismanen: ein winziges Silberschloss, um den zukünftigen Sohn ans Leben zu binden; einen silbernen Hühnerfuß, damit er stets genügend Geld zusammenkratzen konnte; ein an einen roten Seidenfaden gebundenes Stückchen Pelz, damit er nicht von den Hunden angegriffen werden konnte, die den leeren Raum zwischen Himmel und Erde absuchten. Am wirksamsten von allem war ein Armreif, der aus einem kupfernen Sargnagel geformt war und angesichts von Gespenstern und ruhelosen Geistern Mut geben sollte.
Li beschloss, Ben, dem man bei aller Geduld und bei allem Verständnis verzeihen konnte, wenn er den Rat von Hamish McCallum
bevorzugte, der mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Tatsachen stand, aus diesen Vorbereitungen herauszuhalten, die ihren Wert dadurch erhielten, dass Fisch so innig daran glaubte. Eines, was Fisch gemacht und ihr voller Stolz überreicht hatte, zeigte sie ihm jedoch gern - ein Baby-Tragetuch, wie es Tankamütter benutzten, um ihre Säuglinge auf dem Rücken zu tragen, während sie bei jedem Wetter ihrer Arbeit am Meer nachgingen. Das Tragetuch war aus dünnem, wetterfestem Ölzeug gefertigt und mit farbigen Perlenmustern versehen. »Siehst du« - sie lächelte -, »ich werde mit dir zur See fahren und unser Kind dabei auf dem Rücken tragen.«
Li interessierte sich weiterhin für Bens Geschäft und die Ereignisse, die dessen Erfolg beeinflussten. Tagtäglich studierte sie im Pavillon freudiger Momente die englischsprachige Zeitung, die South China Morning Post, ebenso wie die chinesischen Tageszeitungen. In einer Zeit großen Aufruhrs, die schon ahnen ließ, was kommen würde, wurde sie sich zunehmend der Welt um sich herum bewusst.
Die Kolonie wurde durch einen Streik von Maschinisten und Matrosen lahmgelegt, der die Verschiffung in einem der geschäftigsten Häfen zum Erliegen gebracht hatte. Die Double-Dragon-Handelsgesellschaft trieb jedoch unter ihrem Registrierhafen Macao weiter Handel. Die Firma verfügte über fünfzehn Schiffe in chinesischen Gewässern, hauptsächlich im Seiden - und Teehandel, dazu andere auf dem Grand Canal, die Jade, Porzellan und andere Produkte von Peking in die Shanghaier Lagerhäuser am Soochow Creek transportierten.
Sie verfolgte den Verlauf des Bürgerkriegs, der China entzweiriss. Er hatte sich zügig nach Hongkong ausgebreitet, wo Kommunisten und nationale Kuomintang-Agitatoren mit der Untergrundbewegung zusammenarbeiteten, um britische Waren zu boykottieren. Double Dragon konnte sich das erzwungene Handelsembargo voll zu Nutze machen und blieb deshalb weiterhin auf Erfolgskurs.
Ben ermutigte sie in ihrem Interesse, da er mit Erstaunen sah, wie gut sie den Konflikt und seine Wirkung auf den internationalen
Handel durchschaute, ohne die einfachen Grundsätze des Feilschens aus dem Blick zu verlieren: das Komplimentemachen, das uralte Lebensprinzip, den anderen übervorteilen zu müssen, und den einfachen Glauben, dass alles in der Welt in Ordnung sei, so lange eine Hand die andere wäscht.
Sie war, beharrte Ben, eine Kraft, mit der man zu rechnen hatte. Bei diesem Kompliment rümpfte sie die Nase
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