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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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und half Ah-Khin dabei, die Fische im Teich zu füttern, wo die Libellen zwischen aufgehenden Lotusblüten bereits geschäftig umherschwirrten. Sie schritt durch Mondtore und über scharlachrote Brücken zu dem fünffach verriegelten Tor und in das Weißbirkendickicht, wo sie durch Glockenblumenhorste watete, noch ehe der Tau von den Blättern gefallen war.
    Ihr Frühstück nahm sie mit Ben auf dem Balkon ein oder, wenn er sich schon früh zur Arbeit aufgemacht hatte, mit Fisch. Dann ruhte sie sich aus und las, wechselte Briefe mit Winifred Bramble, die immer Fotos ihres Gartens und des Cottages in Sparrow Green schickte. Als er sah, wie viel Freude Li diese Fotos bereiteten, kaufte Ben ihr das neueste Kodak-Modell, und schon bald schickte sie eigene Fotos nach England.
    In Pai-Lings kleinem Tempel sprach sie mit ihrer Mutter und ihren Ahnen und kehrte allabendlich zurück, um die Tasse mit speziellem Wein zu füllen und während ihrer Gebete Räucherwerk zu verbrennen. Sie war überglücklich, als ein Päckchen eintraf, das eine Gedenktafel aus Elfenbein enthielt, auf dem der Familienname ihrer Mutter stand, sowie eine gerahmte Fotografie ihrer Mutter, auf der das stolze, aber einsame Lächeln ihrer Mutter zu sehen war. Außerdem waren Gedenktafeln ihrer Vorfahren dabei, ausgeblichen und getrübt durch Generationen von Räucherstäbchenrauch,
die nun neben dem Muschelkasten und seinem wertvollen Inhalt den Altar zu den goldenen Füßen von Kuan-Yin schmückten.
    Ehefrau Nummer Drei hatte ein Päckchen geschickt, dazu einen Brief, in dem sie schrieb, die Familie Ling sei unschwer zu finden gewesen und hätte sich gern von den Erinnerungen an jemanden getrennt, der ihnen so viele Probleme bereitet hatte. Der Brief enthielt auch willkommene Neuigkeiten aus dem Haus des Gütigen Mondes. Das kleine Haus am Fluss und seine Gärten waren weiterhin gesegnet. Ich habe Kleinem Kiesel den Gebrauch des Abakus beigebracht. Jetzt hält sie niemand mehr für eine Närrin, und niemand haut sie übers Ohr. Und jeden Abend nach getaner Arbeit, wenn die Bäuche voll sind, bringe ich ihnen Lesen, Schreiben und Rechnen bei. Niemand muss flüstern, und Gelächter ist so beständig wie das Drehen des Wasserrads.
    Dank dir , schloss der Brief, ist das Haus des Gütigen Mondes erfüllt von Fröhlichkeit und Harmonie, und ich habe ihre Freude jeden Tag geteilt.

    Li konzentrierte ihre Energie auf das Kind, das jeden Tag kräftiger wurde, und gestattete sich nur vollkommene Gedanken und herrliche Pläne für die Zukunft. Sie freute sich schon darauf, ihr Kind an Bord der Golden Sky zu nehmen und dann ihre geschätzte Familie am Flussufer zu besuchen. Sie dachte bei sich, was Frau Nummer Drei für eine großartige Amah für ihr Baby abgäbe, nun da die mung-cha-cha allmählich allein zurechtkamen. Und natürlich würde Miss Bramble rechtzeitig zurückkehren, um die Gouvernantenrolle zu übernehmen. Ihr Leben schien vollkommen, bis auf ein noch immer ungelöstes Problem: Ah-Ho. Li entschied, ihre Mahlzeiten auf dem eigenen Balkon oder mit Ben auf seinem einzunehmen. Seitdem sie einen Großteil des Tages im eigenen sonnenbeschienenen Arbeitszimmer, im Pavillon oder mit Gartenspaziergängen mit den täglich entzückender werdenden Chowchow-Welpen verbrachte, begegnete sie der Amah nur noch selten. Doch
so konnte es nicht ewig weitergehen. Je näher die Geburt rückte, umso mehr bedrückte Li das. Die Bosheit der Amah schien umso augenfälliger, je mehr sie ihr aus dem Weg ging.
    Die Erinnerung an das Leben unter den Weiden und Ah-Jehs Rute trug sie immer noch mit sich. Allein bei dem Gedanken an Ah-Ho oder den Klang ihrer Stimme musste sie schon an die Bedrohung denken, die von den sau-hai ausgegangen war. Stets hatte sie den Gedanken nur irgendwo im Hinterkopf, bis Ah-Hos schrille Stimme deutlich vom hoch ummauerten Hof durch die französischen Fenster drang. Wenn Li sie öffnete, schalt Fisch sie und schloss die Fenster wieder, behauptete fest, keine Brise dürfe sie verkühlen.
    Fisch spürte Lis Angst und tat ihr Möglichstes, um sie zu vertreiben. Sie machte böse Geister für alles Unglück verantwortlich und hatte als Abwehrmaßnahme in sämtlichen Räumen gewissenhaft schützende Talismane versteckt. Als der Master einen in Lis Kopfkissenbezug entdeckte, ein einfaches Pfirsichholzstückchen, war er zunächst belustigt und steckte es respektvoll zurück.
    Doch als er ein paar Tage darauf ein ähnliches Holzstückchen in seinem Schuh

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