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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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entdeckte und sah, dass die Bettlaken mit getrockneten Pfirsichblütenblättern bestreut waren, riss ihm der Geduldsfaden, und er warf das Holzstück in den Garten. Mit derlei abergläubischen Bräuchen könne er nichts anfangen, sagte Ben fest. Er riss das Papierbild von Chang-Tien-Shih, dem Himmelsherrscher, herunter, auf dem dieser auf einem Tiger ritt und sein dämonenbezwingendes Schwert schwenkte, und zerfetzte es.
    Als er auch das rohe Ingwerstück, das danebenhing, hinauswarf und den Schutzspiegel, der über der Tür hing, um die Bösen mit dem eigenen hässlichen Spiegelbild zu vertreiben, fiel Fisch zum Gebet auf die Knie. Mit lauter Stimme drohte Ben, sie werde zurück in die Spülküche geschickt, wenn dieser Unsinn nicht aufhöre. Er und der westliche Arzt würden schon dafür sorgen, dass Li und das ungeborene Kind nicht zu Schaden kamen, nicht Räucherstäbchen und Papiergötter.

    Nachdem er gegangen war, hob Fisch die Teile des Chang-Tien-Shih-Bildes auf und verbrannte sie unter Gebeten, in denen sie die acht Unsterblichen anflehte, ihre Herrin vor der bevorstehenden Gefahr zu bewahren. Li-Xia und Fisch waren sich einig darin, dass Bens Handlungen den Zorn der Götter heraufbeschworen. Die Frauen räucherten die Räume aus und beteten um Vergebung. Von nun an mussten sie doppelt vorsichtig sein.
    Ben bereute sein intolerantes Verhalten schon bald und brachte als Wiedergutmachungsangebot einen rot bemalten Schrein mit nach Hause, der den von ihm zerstörten aus Papier ersetzen sollte. »Verzeih mir, dass ich so närrisch war. Zwischen uns darf es keinen Platz für Zorn geben.«
    Noch nie hatte Fisch erlebt, dass das Bildnis eines Gottes zerstört und auf dem Boden zertreten worden war. Für sie bedeutete das Unheil, und all ihre Gebete und Opfer konnten Lei-Kung, den Donnergott, nicht beschwichtigen.

17. KAPITEL
    Das Ingwerfeld
    Bis zum chinesischen Neujahrsfest war es nur noch etwas über eine Woche hin. Während sich das Personal auf den Jahresurlaub vorbereitete, entschied Li, dass die Zeit für ein Gespräch mit Ah-Ho gekommen sei. Ein weiteres Jahr in diesem unhaltbaren Zustand, der nicht nur Fisch mitunter zwang, sich hinzulegen, sondern auch ihre eigenen Nerven strapazierte, wollte sie nicht beginnen. Da von Ah-Hos Seite wohl kaum ein Friedensangebot zu erhoffen war, würde Li den ersten Schritt machen.
    Li nahm all ihren Mut zusammen und betrat die Küche, um einen Pfefferminztee gegen ihre Übelkeit zu bitten. Beim Klang ihrer Stimme war Ah-Ho sofort zur Stelle. Doch sah sie Li weder an, noch sprach sie mit ihr, sondern wandte sich mit grimmiger Miene an das jüngste Küchenmädchen: »Wo steckt der alte Hundeknochen, dass ihre erlauchte Herrin sich ihre seidenen Pantoffeln auf dem Boden dieser bescheidenen Küche dreckig machen muss?« Abrupt drehte sie sich mit stechendem Blick zu Li um. »Sag dem Hundeknochen, sie soll ihr den Tee holen.«
    Aus der Spülküche hörte man Kichern, und Li sah, wie die Köchin über ihren Herd hinweg grinste. Die mooi-jai standen wie erstarrt da und sahen einander an. Li erwiderte Ah-Hos Blick und hätte am liebsten in scharfem Ton geantwortet, war sich aber nur zu bewusst, dass das böse enden würde. »Die alte Frau ruht sich aus. Bitte lassen Sie mir heißen Pfefferminztee in mein Wohnzimmer bringen.«
    Ah-Ho ließ Sekunden vergehen, ehe sie antwortete: »Ich glaube, Pfefferminze haben wir nicht. Ich werde die mooi-jai losschicken, welche zu kaufen. Es kann eine Weile dauern.«

    »Dann nehme ich eben Himbeertee«, erwiderte Li sogleich.
    Ah-Ho legte dreist einen Finger auf den Mund. »Mal sehen.« Sie schüttelte mit gespieltem Bedauern den Kopf. »Tut mir leid. Himbeertee wird in diesem Haus nie benützt.«
    »Nun gut, dann nehme ich Ingwertee. Ingwer werden Sie in Ihrer Speisekammer ja wohl vorrätig haben. Falls nicht, muss ich Ihren Herrn bitten, die Bestellungen solch einfacher Vorräte einmal zu überprüfen!« Li wandte sich um und verließ ohne ein weiteres Wort die Küche.
    Als der Tee eine Stunde später gebracht wurde, war er eiskalt. Li hob den Deckel von der Tasse und entdeckte eine große Küchenschabe mit einem Eipaket im Tee. Dies war die Prüfung, von der Li immer gewusst hatte, dass sie kommen werde, eine Erinnerung daran, wer sie wirklich war. Selbst Bens Fürsorge, Liebe und Schutz, selbst die Tatsache, dass sie sein Kind unter dem Herzen trug, konnte die Wahrheit nicht ändern: Sie war ein Bauernmädchen ohne gute Kinderstube, das

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