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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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gesetzt worden, derselbe Auslöser also, durch den Chiang-Wah beinahe bei lebendigem Leib verbrannt wäre. War es ein Zufall, oder hatte das Ganze etwas von einem Ritual?
    Den Sabotageversuch hatte man problemlos unter Kontrolle bekommen, ohne dass größerer Schaden entstanden oder etwas gestohlen worden wäre. Das sah ihnen gar nicht ähnlich …
    Entführung - unvermittelt hörte er im Geiste dieses Wort erschallen. Konnte es sein, dass alles nur ein Ablenkungsmanöver war, um ihn von der Repulse Bay fortzulocken? Das Wort klang ihm in den Ohren wie das Echo eines Triadegongs, der vom Räuchermeister
betätigt worden war, um eine Prophezeiung zu besiegeln. Entführung, Entführung, Entführung …
    Er raste zur Werft zurück, um in der Villa Formosa anzurufen, ließ das Telefon läuten. In seinem Kopf rasten die Gedanken. Die Rückfahrt nach Hongkong konnte zwei Stunden dauern. Bei voller Geschwindigkeit konnte die Pinasse achtzehn Knoten hinlegen. Verzweifelt dachte er über eine schnellere Möglichkeit nach. Es gab keine.
    Er sprang an Bord und ergriff das Steuer schon, noch während der Bootsführer die Leinen fortwarf. Er startete beide Maschinen und drehte voll auf, so dass sich die Pinasse mit einem dröhnenden Röhren in Bewegung setzte. Als der Maschinist den Kopf aus der Luke streckte, um ihn zu warnen, dass eine derartige Geschwindigkeit zu viel Druck erzeuge, winkte Ben ab.
    Er konnte seine Angst nicht abschütteln. Er betete, dass sich das Ganze als schlichter Einbruch entpuppen würde. Sie konnten das Haus ausräumen, wie sie wollten, es bis auf die Grundmauern abbrennen, so lange es Li nur gut ging. Lösegeld : Das Wort war ein Trost. Er würde alles zahlen, um sie zurückzubekommen. Er würde Hongkong verlassen und auf der Golden Sky mit ihr um die Welt segeln.
    Er hatte die mächtigen Suchlichter angeschaltet, die andere Schiffe warnten auszuweichen. Durch die gischtbespritzten Fenster des Ruderhauses schien sich aus der Gischt, die über das Bug spritzte, Li-Xias Gesicht zu erheben.
    Die Sonne stand schon ein gutes Stück über dem Meer, als Ben über den schnell schmaler werdenden Spalt zwischen dem Deck und der Anlegestelle sprang und die steilen Steintreppen, die zu den Gärten der Villa Formosa führten, hinaufhetzte. Er betete darum, sie im Pavillon freudiger Momente vorzufinden, wie sie mit Fisch bei einem Mimosentee saß, und von Yin und Yang, die sich durch ihn auf ihrem Ruhekissen gestört fühlten, angeknurrt zu werden. Als er den Pavillon leer vorfand, den Tisch ungedeckt, drehte sich ihm der Magen um.

    Es war noch früh, sagte er sich, als er über die Balustrade sprang und durch die französischen Fenstertüren ihres Schlafzimmers brach; sie schlief nur aus. Es war leer, das Bett zerwühlt. Yin und Yang waren nirgends zu sehen, ihr Schnüffeln und Kläffen, mit dem sie jeden Gast begrüßten, fehlte auf unheimliche Weise. Er eilte von Raum zu Raum, brüllte nach Fisch, und sein Herz begann zu hämmern, als er sah, dass auch ihr Zimmer verlassen wirkte. Auch das Arbeitszimmer war leer, und bis auf das Ticken der Uhr herrschte dort tödliche Stille. Das sechsmalige Läuten der Uhr brachte eine frische Welle des Schreckens mit sich. Die Balkontüren standen offen, das mit dem Pförtnerhaus verbundene Alarmsystem war abgeschaltet.
    Sie musste einen Spaziergang machen. Die Gärten … natürlich, um diese Zeit vertrat sie sich gern die Beine. Er würde sie dabei entdecken, wie sie von einer verborgenen Brücke herab die Fische fütterte, während die Hunde Schmetterlinge jagten. Ah-Kin kam von seinem Häuschen hergerannt, als Ben Lis Namen rief und von einem Gartenbereich zum nächsten schritt, um nur duftende Leere und das sorglose Geplauder plätschernden Gewässers vorzufinden. Ihr Name hallte in jedem verborgenen Winkel des Anwesens wider, über das fünffach verriegelte Tor hinweg im ganzen Birkenwald.
    »Missy Li ist heute Morgen noch nicht im Garten gewesen. Ich habe die Fische ohne sie gefüttert.«
    Der Blick seines Herrn und die Dringlichkeit in seiner Stimme erschreckten Ah-Kin. Frau und Sohn des Gärtners erschienen am Tor, verwirrt über die ungewöhnliche Störung. Ah-Kin versicherte ihm, dass er weder etwas Besorgniserregendes gesehen noch gehört habe. Die Sikh-Wächter hatten sein Rufen gehört und kamen schnell mit ihren aufgeregten Hunden herbei. In der Nacht habe es keinerlei Störung gegeben, erklärte der Pförtner Ben. An den Mauern sei ohne Zwischenfälle

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