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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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würden, bis sie wohlbehalten beim Haus ihres Cousins To-Tze angekommen waren.
    Am anderen Ende des Sees stiegen die Passagiere aus, bis nur noch die alte Frau und das Kind übrigblieben. Der Bootsmann schien sich nur widerstrebend in die seichten Gewässer des Sumpfes begeben zu wollen und forderte die zwei Münzen, die noch an einem Faden um Fischs Hals hingen, als restliches Reisegeld.
    Er tauschte das lange Ruder gegen einen Staken aus und steuerte das flache Boot in einen engen Kanal, der von einem dichten Dschungel kopfhoher Schilfrohre gesäumt wurde.
    »Du wirst keine Schwierigkeiten haben, denjenigen zu finden, den du suchst«, sagte er mit vor Vorsicht gedämpfter Stimme. »Den Alten To, den barfüßigen Arzt, kennt jeder. Die Schilfschneider behaupten, er spreche mit Geistern und tanze mit Dämonen.« Er ließ den Staken mühelos durch seine schwieligen Hände gleiten, so dass ein schwaches aber rhythmisches Geräusch entstand.
    »Ist das Kind krank? Geht es Ihnen schlecht? Es heißt, es seien schon viele Kinder zum Alten To gebracht worden, und er mache alte Menschen wieder jung … ja, selbst Todkranke habe er wieder heilen können.« Der Bootsmann blickte sich um und senkte die Stimme zu einem Flüstern: »Ihn umgeben viele Rätsel, und er verfügt über seltsame Kräfte«, murmelte er beklommen. »Er ist zwar Chinese, aber seine Augen sind so blau wie der See an einem klaren Tag.«
    Fisch, die im Heck kauerte und zu müde war, um sich zu unterhalten, kam es vor, als könne er es kaum erwarten, sie loszuwerden.
    Die großen braunen Füße auf das ausgeblichene Holz des Hecks gestemmt, ließ der Bootsmann den langen Staken geschickt und noch rascher als zuvor durch seine Hände gleiten. Er stellte keine weiteren Fragen mehr an die alte Frau, in deren Tanka-Tragetuch das Neugeborene wimmerte. Das Kind war weiß wie eine Made, fand er, und hatte Augen so rund und blass wie Kieselsteine in einem
Teich. Ohne den Trost, den der Klang seiner eigenen Stimme ihm gespendet hatte, verfiel auch er in Schweigen.
    Nur das Eintauchen des Stakens und das Quaken eines aufgeschreckten Frosches durchbrachen die Stille, als das Boot leise durch dunkelgrünes Blattwerk und Mangrovenbaumwurzeln glitt, wo Reiher im seichten Wasser herumstaksten. Ziegen grasten auf den sanft abfallenden Wiesen, auf deren Ausläufern büschelweise Bambus wuchs. Über den Wäldern mit Tung - und Teakbäumen erhoben sich Felsspitzen aus dem Nebel wie vergessene Pagoden.
    Enten flatterten vom Wasser auf, als der Bootsmann an einer behelfsmäßig befestigten Anlegestelle hielt. Nackte Kinder kauerten geduldig neben ihren Angelleinen, während andere zwischen den Mangrovenwurzeln nach Austern suchten.
    »Folgen Sie dem Ziegenpfad, und Sie werden die Hütte des alten To finden«, sagte der Bootsmann, glücklich, die seltsame Fracht loszusein. Dann hob er, beschwingt durch seine Abfahrt, die Stimme.
    »Dies ist ein Ort der Hexerei und ruhelosen Geister«, rief er aus sicherer Entfernung übers Wasser. »Und ich habe eine Hexe transportiert, die eine Hexenbrut mitgebracht hat!« Die verdreckten Kinder ließen ihre Angeln fallen, vom rauen Schreien des Bootsmanns aufgeschreckt wie Kaninchen von einem Fuchs.
    Der schmale Pfad wand sich langsam aufwärts durch ein von Bienen bevölkertes Mimosendickicht. Es war sehr heiß, und aus dem Bambusgehölz erhob sich der Gesang eines Zikadenchors, und Blaumeisen zwitscherten ein Willkommen. Als Fisch schließlich die im Schatten von Obstbäumen gelegene Hütte erreichte, ging in weiter Ferne zwischen den Berggipfeln die Sonne unter. Hühner pickten unbeirrt in den säuberlich gezogenen Furchen des gepflegten Gemüsegartens, und Enten säuberten ihr Gefieder in einem kleinen Teich, der von einer Quelle gespeist wurde. Die Kraft, die sie und ihr kostbares Gepäck sicher die chinesische Küste entlang und durch die Schluchten des Yangtze-Tals gebracht hatte, verließ sie allmählich, aber ihr Ziel befand sich direkt vor ihr. Ihre Gebete waren erhört worden.

    Die Hütte lag mit Blick auf den See, die Türen standen weit offen, und die Binsenmatten waren nach oben gerollt, um die letzten Sonnenstrahlen einzufangen. Bronzefarbenes Licht fiel auf die Gestalt eines Mannes, der sich über den langen Tisch auf der Veranda beugte, einen langstieligen Pinsel in der Hand, den er immer wieder eintunkte und dann mit den großzügigen und fließenden Strichen eines Kalligraphiemeisters zum Einsatz brachte.
    Fisch zögerte,

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