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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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war.
    Eine Stimme riss sie aus ihren Gedanken, so wahr und boshaft wie ein Peitschenhieb. »Das Meer ist kalt, kleine Miss Li; es besiegt jedes Feuer. Es breitet die Arme aus und heißt dich willkommen.« Neben ihr, nur einen Schritt entfernt, zeichnete sich Ah-Hos Gestalt gegen den Himmel ab.
    Der Wolkenfetzen lichtete sich genügend, dass Li erkennen konnte, dass Ah-Ho bedächtig eine Saphirkette von einer Hand in die andere gleiten ließ. »Ich finde nicht, dass der alte Hundeknochen für seinen Verrat solch eine reiche Belohnung verdient.« Sie hielt die Kette vor Li hoch und ließ sie kurz wie ein Spielzeug baumeln. Selbst durch ihren Dunst konnte Li etwas Kanariengelbes glitzern sehen. Dann trieb die dünne Wolke wieder wie ein Segel über das strahlende Gesicht des Mondes, und Ah-Hos Gesicht war erneut in Schatten gehüllt.
    »Keine Bange, weder der alte Hundeknochen noch dein Dämonennachkomme ist zu Schaden gekommen. Ihnen ihr unwertes Leben zu nehmen hieße, die Rache zu schnell zu beenden. Der Narr
Di-Fo-Lo, den du so verzaubert hast, wird trauern und sein gepeinigtes Leben fortsetzen dürfen. Die Muschelschatulle war zu schwer für Hände wie deine, deshalb habe ich ihre Last erleichtert und sie an mich genommen … um mich an die Schlampe zu erinnern, die aus dem Flussbett gezogen wurde und sich für eine Gelehrte gehalten hat.«
    In der Dunkelheit spürte Li Ah-Hos Atem heiß auf dem Gesicht. »Deinetwegen wird das Neue Jahr für mich kein glückliches sein«, flüsterte sie. »Deinetwegen wird der große Di-Fo-Lo sein Balg nie kennenlernen. Er wird sein Leben damit verbringen, nach ihm zu suchen beziehungsweise dem Ort, der seine Knochen birgt. Nie wieder wird ihm Frieden beschieden sein oder Glück in seinem gebrochenen Herzen wohnen. Allein du hast diesen Fluch über ihn gebracht. Nun liegt es an dir: Wartest du auf ihn, auf dass er sich den Rest seines unglücklichen Lebens um dich kümmert …«, die Amah gluckste boshaft, »… oder befreist du ihn zumindest davon?«
    Die Wolkenschichten trieben wie Seidenbanner auseinander. Darunter sah sie die hohen Masten und den schimmernden Schiffskörper der Golden Sky gegen den blauesten aller Himmel. Sie sah Ben, wie er sein Haar zurückwarf und wie ein Delphin blies, während sie über einem kristallenen, türkisen Meer auf die Reling kletterte. Der Klang von Wangs Flöte mischte sich mit Drosselgesang, während Bens Stimme auf einer ablandigen Brise zu ihr getragen wurde. »Keine Angst, Li-Schia. Ich bin hier und fange dich auf. Ich werde dir beibringen zu schwimmen wie eine Meerjungfrau.«
    Die Wolke verzog sich, und die Terrasse wurde von einer Lichtflut erhellt. Ah-Ho war verschwunden, vielleicht war sie auch nie da gewesen. Ben rief sie, winkte ihr zu. »Spring hinein, Li-Schiah - du schaffst es. Ich bin hier neben dir!«
    Das Wasser rief nach ihr und nahm ihr den Schmerz. Sie tauchte durch tanzende Mondlichtsäle, alle Bewegung hörte auf, und alle Klänge verstummten für immer, während sie auf einer Kette aus Silberblasen hinunterschwebte. Li-Xia befand sich im Ingwerfeld,
wo sich, als sie vorbeikam, Schmetterlinge wie Blumenblätter hoben, sie watete durch weiße Blüten, dorthin, wo Pai-Ling mit weit ausgebreiteten Armen wartete, um sich mit ihr hoch in einen entenblauen Himmel zu schwingen.

    Als Ben an der Werft eintraf, war Indie da Silva nur halb bei Bewusstsein. Seine Messerwunde war nichts Ernsthaftes, hatte jedoch stark geblutet. Ein einziger Schlag von hinten hatte seine Glieder völlig gelähmt. »Derjenige, von dem der Faustschlag stammte, wusste genau, was er tat und warum.« Indie versuchte zu grinsen und tastete nach einem Stumpen. »Da war ein Boxer am Werk.« Er verschluckte sich an dem Rum, den Ben ihm an die Lippen hielt, und verzog schmerzvoll das Gesicht, während er sich den abgekauten Stumpen einer burmesischen Zigarre anzündete und dann den Rauch tief einatmete.
    »Jemand muss die Bande für die Brandstiftung bezahlt haben. Sie haben den Pförtner mit dem Messer angegriffen und mich überrumpelt.« Er zuckte vor Schmerzen zusammen. »Ich habe unter ihnen das Gesicht dieses frechen kleinen Bastards Ah-Geet ausgemacht. Tut mir leid, Ben. Ich hätte allein damit fertig werden müssen.«
    Ben fuhr ihn mit einer Geschwindigkeit zum Krankenhaus, die lautstarke Flüche und Hupkonzerte hervorrief. Unvermittelt hatte ihn die Angst wie eine entzündete Flamme ergriffen.
    Das Feuer war mit einem Fass ausgeschütteten Teers in Gang

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