Die Tochter der Konkubine
Vogels.
»Hinweg mit ihr!«, kreischte sie. »Aus meinen Augen! Sie verdient die Ehre nicht mehr, Lotusfüße zu haben. Sperrt sie ein und sagt meinem Bruder, er soll sie loswerden. Wer weiß, was sonst noch passiert? Sie ist so unnütz wie ihre undankbare Mutter und hat in diesem Haus nichts verloren!«
Ihr Kreischen folgte Yik-Munns Söhnen, die Li-Xia die Treppe hinunterzerrten. Sie wussten nicht, dass die Großtante an ihrer eigenen Galle erstickt und ihrem ganzen Putz hinterhergefallen war. Wie eine antike Uhr hatte ihr überreiztes Herz endlich zu schlagen aufgehört.
Als Yik-Munn durch seine verängstigten Frauen von Goo-Mahs Tod erfuhr, brach die Sonne durch die Wolken und umhüllte ihn mit ihrer Wärme. Er eilte in den Geisterraum, um die Füße Kuan-Yins zu umarmen, bedankte sich schluchzend für ihre große Barmherzigkeit und verbrannte Räucherstäbchen in der Größe von Rohrkolben, die nur für die außergewöhnlichsten Ereignisse vorgesehen waren. Er sagte sich, dass das Leben seiner älteren Schwester, die lange dafür gebetet hatte, sich zu ihren Vorfahren gesellen zu dürfen, der Preis sein musste, den der rastlose Geist einforderte, der ihn seit Pai-Lings Tod drangsaliert hatte. Dass mit Goo-Mahs Ableben der Besitz des Gutes, eine Truhe voller Schmuck, die er kaum heben konnte, Grundbesitz, den sie im Dorf besessen hatte, und die ganze Barschaft ihres beträchtlichen Vermögens an ihn überging, war Beweis für seine Geduld und seine Verdienste als Bruder.
Eine derart große Erbschaft hinderte ihn jedoch nicht daran, einen »Nichtstuer« - jemanden, der sich für eine Handvoll Münzen allen Göttern widersetzte - dafür zu bezahlen, die Kupferummantelung des prächtigen Sargs zu entfernen, seine sorgsam versteckten Schätze zu plündern und sogar die wertvollen Jadestöpsel für Goo-Mahs verschiedene Körperöffnungen durch hastig aus Holz geschnitzte zu ersetzen.
Er sah Li-Xia skeptisch an, gab aber Anweisung, sie freizulassen. Er war ihr durchaus nicht undankbar für die Rolle, die sie beim Ableben Goo-Mahs gespielt hatte. Er befahl seinen Frauen, ihr ein gutes Essen zuzubereiten, sie vor dem Küchenfeuer mit heißem Wasser zu waschen, ihr eine Garnitur neuer Kleidungsstücke anzufertigen und sie dann in den Reisschuppen zurückzubringen.
Um den frisch verschiedenen Geist zu besänftigen, forderte er aus dem Dorf bessere Opfergaben aus Papier an: ein viel größeres Herrenhaus, eine Flotte von Automobilen, eine Truppe von Bediensteten und einen Wagen voll Himmelsgeld, das von den Priestern gesegnet werden und Goo-Mah auf ihrer letzten Reise in ihr Leben nach dem Tod begleiten sollte. Zudem schickte er nach einem
Exorzisten, der die Fuchsfee läutern und die verlassenen Räume mit reichlich Weihrauch reinigen sollte. Ein Großteil der Trauernden sollte zu essen und zu trinken bekommen und dazu noch ein großzügiges lai-see .
Am folgenden Tag traf das Göttliche Wesen ein, angetan mit farbenprächtigen Gewändern und seinem offiziellen Hut, und schwang sein dämonenvertreibendes Schwert. Um die gekränkten Ahnen milde zu stimmen, wurde ein großes Festmahl zubereitet, das von der Familie und ihren heiligen Besuchern verspeist werden würde, nachdem es auf den Tafeln der Vorfahren angeboten worden war.
Nachdem das letzte gebratene Schwein zerteilt, jede Schale leer und der letzte Reiskuchen verspeist worden war, begann die Zeremonie. Li-Xia hatte man ein Elixier eingeflößt, das sie bewegungsunfähig machte, sie die Vorgänge um sie herum jedoch bewusst miterleben ließ. Unter lautem Säbelgerassel und Getrommel wurde sie auf einen eilig errichteten Altar gelegt. Sodann wurden mit dem Blut eines frisch getöteten Hahns auf ihren nackten Körper mystische Symbole geschmiert.
Knallfroschschnüre wurden zur Explosion gebracht, um hungrige Gespenster zu verscheuchen, die sich sonst womöglich auf die Krümel der Lebenden gestürzt hätten. Zusammen mit Glück bringenden Inschriften auf rotem Papier wurden Räucherstäbchen angezündet. Nach vielen lautstarken mystischen Beschwörungen und Ritualwaffengerassel wurde die Asche der Talismane in eine Tasse mit reinem Quellwasser gerührt.
Mit der Tasse in der linken Hand und dem allmächtigen Schwert in der rechten, betete der Exorzist um Macht: »Götter des Himmels und der Erde, gebt mir die Kraft, dieses Wesen von allem Bösen zu reinigen, das in es gefahren ist.« Er ergriff eine Weidenrute, tauchte sie in die Tasse und besprengte damit den
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