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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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waren. Die Ecken waren leer, doch in dem flackernden Licht blickten längst verblichene Tote mit strengem Gesicht auf sie herab.
    Als sie sich an das Licht gewöhnt hatte, entdeckte sie noch etwas - wunderschöne Gegenstände in allen Farben des Regenbogens; ein herrschaftliches Wohnhaus, eine hübsche Kutsche, viele Diener und Geldscheinbündel. Diese Dinge wurden mit speziellen Gebeten gen Himmel gesandt, um den Dahingeschiedenen Trost zu spenden.
    Als Erstes nahm sie das Papiergeld und die rote Kerze und verbrannte die himmlischen Banknoten eine nach der anderen mit einem nur für sie hörbaren Gebet. Als sie funkenreich verglommen waren, setzte sie das herrschaftliche Wohnhaus in Brand, trat einen Schritt zurück und beobachtete, wie die Papierwände und - fenster aufflackerten und zu Asche zerfielen. Darauf zündete sie die Kutsche und dann - einen nach dem anderen - die Diener an. Als alles verbrannt und sie sich sicher war, dass in dem Geisterraum niemand mehr lebte, blies sie die Kerze aus und verließ leise das schlafende Haus … die Dielen entlang hinaus, wo der aufsteigende Dunst das Senffeld weiß färbte.

    Die Erde war kalt und nass. Entzückt patschte sie mit ihren Zehen durch den Matsch, dann wackelte sie eine geraume Weile mit ihnen und begann zu marschieren. Ihre Reise hatte nur ein Ziel - einen Fuß vor den anderen zu setzen, sie von dem dunklen Ort, dem Räucherstäbchengeruch und den Göttern fortzubringen, die sie nicht sehen konnten, sie nicht hörten und ihr nicht sagen wollten, wo sich ihre Mutter befand. Und von den Frauen, die ihr kalten Reis brachten und ihr Schmerzen an den Füßen zufügten.
    Als er von der Flucht der Fuchsfee erfuhr, kehrte Yik-Munn auf das Gut zurück. Seine Söhne mussten die Felder absuchen, und er betrat den Geisterraum, um um Vergebung dafür zu bitten, dass er der Fuchsfee erlaubt hatte fortzulaufen. Dabei entdeckte er, dass die Opfergaben, die er umsichtigerweise für das Ableben der großen Goo-Mah dort aufbewahrt hatte, verschwunden waren. Er fiel auf die Knie.
    Im Dorf durfte man nicht erfahren, dass die Fuchsfee frei war und sich den Wächtern des Geisterraumes widersetzt hatte, sonst wäre sein Ansehen ebenfalls Papier, zu Asche verbrannt und von tausend Winden verweht. Ein Mann, der seine eigene Familie nicht im Griff hatte, war auch ein Mann, der seine Geliebte nicht befriedigen oder in seinem Haus leben konnte, ohne seine Ahnen zu erzürnen. Dieses Kind durfte ihm auf keinen Fall abhanden kommen, aber auch verdreschen durfte er es nicht, obgleich ihm der Sinn danach stand. Stattdessen schlug er seine Frauen, bis sie um Gnade flehten.
    Yik-Munns Söhne stapften die Furchen entlang und verfluchten dabei jeden Schritt, bis sie Li-Xia fanden. Sie hatte sich wie ein Fuchs mitten im Feld auf dem Boden zusammengerollt.
    Als Goo-Mah von dieser schrecklichen Angelegenheit erfuhr, ließ sie die verdreckte und bibbernde Fuchsfee zu sich bringen.
    »Es war ungehörig, vor denen, die dir zu essen geben, davonzulaufen. Wiederum hast du deine Ahnen erzürnt. Du bringst Schande über das Haus, das dir Schutz bietet, du beleidigst den stolzen Namen dieser Familie, und du brichst das Herz deines armen Vaters.«

    Samt ihrer schmuckbeladenen Perücke setzte sie sich zitternd vor Wut in ihrem Bett auf.
    Li-Xia bemühte sich um einen respektvollen Ton, empfand jedoch kein Bedauern.
    »Meine Mutter ist nicht im Geisterraum, sondern hat sich im Ingwerfeld verirrt. Ich muss sie finden.«
    Goo-Mah wedelte mit der Hand, als wolle sie eine lästige Fliege verscheuchen.
    »Du undankbare kleine Hexe! Die Frauen kommen, um dir die Füße zu binden, damit du eines Tages auf dem goldenen Lotus tanzen kannst - um vorwärtszukommen, so wie ich vorwärtsgekommen bin, um Macht auszuüben so wie ich. Und dankst du es ihnen? Nein! Du läufst vor ihnen fort wie ein listiger Fuchs!«
    »Verzeihen Sie mir, Großtante. Ich möchte keinen vornehmen Herrn, der mich nur wegen meiner gebrochenen Füße will. Ich möchte nicht sein wie Sie. Ich möchte keine Füße, die nach Eselsdung stinken!«
    In ihrem Zorn fuhr Goo-Mah derartig ruckartig von ihrem Kissen hoch, dass die schwere Perücke verrutschte, hinunterfiel und dann wie ein abgetrennter Kopf auf dem Boden herumrollte. Eine fette, braune Kakerlake huschte aus den steifen, verfilzten Locken heraus. Goo-Mahs Gold - und Jadearmreifen klirrten bei dem Versuch, die Perücke noch zu erwischen. Ihr Kopf war so kahl wie der eines neugeborenen

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