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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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wie die große Goo-Mah.
    Seitdem Goo-Mah sich in einem bunten Wohnhaus aus Papier zu ihren Ahnen gesellt hatte, hatte Yik-Munn seinen Gesichtsverlust im Dorf durch Großzügigkeit im Teehaus und teure neue Kleider für seine Geliebte wieder wettgemacht. Es war wohlbekannt, dass nun er in seinem Haus das Sagen hatte. Er schlug seine Frauen häufiger und grundloser, was diejenigen, die sich mit ihm eine Pfeife teilten, als Beweis für seine Genesung betrachteten.
    Trotz ihres Alleinseins merkte Li-Xia, dass sie sich nie einsam fühlte. Mit jedem Sonnenaufgang stellte sich Zufriedenheit ein, er öffnete ihren Geist für das, was der Tag bringen mochte. Jeden Morgen rieb sie sich die Füße und wackelte mit den Zehen, bis sie kribbelten, und dann rannte sie überallhin, als würde es nicht ausreichen zu gehen. Sie entdeckte, dass die kleinsten Dinge den größten Trost bringen konnten - die Weichheit eines neu geschlüpften Entenkükens, eine Hummel, die auf einem Blütenblatt balancierte, ein aus winzigen Federn gebautes Zaunkönignest, das mit Moos ummantelt war, der stete Gesang von Lerchen hoch über dem Ingwerfeld.
    Da sie niemanden hatte, mit dem sie sprechen konnte, sprach Li-Xia in ihrem Herzen mit ihrer Mutter und stellte sich ihre weisen Worte vor: Du findest deine tausend Goldstücke bereits. Wir genießen all diese unbezahlbaren Dinge gemeinsam. Kein Abenteuer ist zu groß, keine Reise zu weit, als dass wir sie nicht teilen könnten. Ruf mich, und ich werde dich immer hören; sieh hin, und du wirst mich immer sehen.

    Dank Ah-Sus leiser Worte hatte Li-Xia nun eine Vorstellung vom schönen Gesicht ihrer Mutter, wie sie gerade ins Schreiben vertieft war: Die eingerollte Zungenspitze berührte dabei leicht ihre Lippen, und ihre Augen blickten entschlossen, während sie mit der Pinselspitze gekonnt ein Schriftzeichen nach dem anderen malte.
    Abends sprach sie vor dem Einschlafen mit dem aufsteigenden Mond, suchte Pai-Ling in seinem reinen Lichtschimmer.
    »Stimmt es, dass ich qian-jin bin, wie Ah-Su gesagt hat, dass ich, wie du, mit tausend Goldstücken vergleichbar bin?«
    Fast konnte sie Pai-Ling lächeln sehen und konnte ihre Antwort so klar und stet wie das Gemurmel eines sanft fließenden Bachs vernehmen: Wenn du danach Ausschau hältst, kannst du fast überall Gold finden … im Sonnenlicht auf klarem Wasser … am Abendhimmel und bei jedem neuen Tagesanbruch. Es fällt wie verstreute Münzen auf den Waldboden und vergoldet das Laub jedes Baums; glitzert nach dem Regen auf jedem Grashalm und verwandelt jeden Tautropfen in einen wertvollen Edelstein. Du wirst Gold in Güte finden; es kann auf der Suche nach Glück entdeckt werden und in der Hilfsbereitschaft anderen gegenüber. Versuche, dein Glück unter diesen Dingen zu finden, sammle, was du nur kannst, von diesem wahren Gold, dann wirst du eines Tages qian-jin sein .«
    »Aber mir wird gesagt, ich sei wertlos und verdiene meinen Reis nicht.«
    Pai-Lings leuchtendes Gesicht schien den dunklen Raum zu erhellen.
    Belohne solche törichten Worte nicht mit deinen wertvollen Tränen; sie sind deine Traurigkeit nicht wert. Sei dir deiner Würde stets bewusst: Die Welt und ihre Menschen sind nicht immer freundlich zu jenen, die sanft sind, und selbst die Götter mögen dich übergehen. Sammle deine tausend Goldstücke, wo immer du sie finden magst, und beschütze sie mit aller Macht. Du wirst diese Worte auf der letzten Seite meines Tagebuchs finden. Ich habe sie dir vor deiner Geburt geschrieben .
    Jeden Abend blätterte Li-Xia im Licht der Lampe und bei Mottengeflatter
in den kostbaren Schriftstücken der Mutter und lernte, die Schriftzeichen voneinander zu unterscheiden. Sorgfältig kopierte sie sie mit den Buntstiften, die Ah-Su wie zufällig unter ihr Bett in dem Reisschuppen hatte fallen lassen, und versteckte ihr Werk dann unter der dünnen Strohmatte ihres Holzbettes. Die Aufzeichnungen besaßen keine Deckblätter und ließen sich leicht zusammenrollen und in dem ausgehöhlten Holzstück verstecken, das als Kopfstütze diente. Einige der vergilbten Seiten waren zerrissen, aber jede war Reihe für Reihe mit chinesischen Schriftzeichen versehen. Hier und da erschien, begleitet von winzigen Bildern von Göttern und Göttinnen, eine Zeichnung des Mondes in all seinen vielen Palästen.
    Das kleine Buch mit dem Einband aus verblichener Seide war ihr größter Schatz. Auf seiner ersten Seite, so hatte Ah-Su ihr versichert, war das perfekte Bild des

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