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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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braucht.«
    Sofort trat das Mädchen mit einem Bündel Kleidungsstücken vor: einer mieng-larp , der braunen gesteppten Jacke und Hose der Feldarbeiterin. Sie half Li-Xia mit schnellen und sicheren Händen, diese anzuziehen. Es gab noch eine weitere, dunkelgrüne mit einem breiten Flechthut für den Sommer, einen Umhang aus Flachsfaser und eine Hasenfellmütze für den Winter. Es gab baumwollene Unterhemden und - hosen, zwei fan-sarn - die langen Unterkleider zum Schlafen, eines aus Flanell, eines aus Baumwolle -, Leinwandschuhe und zwei Sandalenpaare aus Seegras. Zudem enthielt das Bündel eine Decke, eine hölzerne Kopfstütze, eine Reisschale, Essstäbchen und einen Glasbehälter für Tee.
    Der Flechthut wurde ihr auf den Kopf gedrückt und ihre neuen Habseligkeiten in die Decke gerollt, verschnürt und Li-Xia über die Schulter geschlungen: Aus Li-Xia, der Schönen, wurde siu-jeh , Kleine Schwester der mui-mui .
    Die Sonne stand niedrig über dem Fluss, als Yik-Munn sich seinen Weg zur offenen Tür kotaute, doch von seiner Tochter verabschiedete er sich nicht, noch blickte er auch nur in ihre Richtung. Dafür hasste sie ihn, fand jedoch Kraft in seiner Dummheit. Wenn dir nichts an mir liegt, sagte sie sich in ihrem Herzen, dann passe ich eben selbst auf mich auf.
    Sie beobachtete, wie ihr Vater zur Mole hinuntereilte und ohne einen Blick zurück auf den Sampan stieg. Tränen, die sie nicht verhindern konnte, trübten den Blick auf ihn, als der Sampan, dessen Laternen bereits brannten, ablegte und sich in den Strom bewegte.
    Das ist der Augenblick, sagte Li-Xias Herz, in dem ich leben oder
sterben werde. Mein Vater hat mich verkauft, obwohl er das Geld nicht braucht, und er hat sich nicht einmal verabschiedet. Die Bücher meiner Mutter hat er verbrannt und ihre Worte in Asche verwandelt. Dies, und nur dies hatte sie innerlich weinen lassen, glücklich, dass sie ihn nie mehr wiedersehen sollte, jedoch wütend, dass er so wenig von ihrem Herzen kannte und so wenig von ihrem Verstand hielt.
    Plötzlich bellte Ah-Jeh einen Namen. »Kiesel … Kiesel … wo bist du?«
    Sofort betrat eine Frau, die draußen vor der Tür gewartet hatte, den Raum. Li-Xia kam sie wie ein Kind aus einer anderen Welt vor - klein und gedrungen, mit breiten Schultern und kurzen Armen; ihre Beine waren so krumm wie ein Pferdehuf, und ihre Füße steckten in hohen Segeltuchgamaschen, die ihr bis zu den Knien reichten.
    Ihre Hände waren klein, die kurzen Finger wie Vogelklauen nach innen gebogen, und ihr breites Gesicht war bis auf ein beständiges schiefes Grinsen vor der Zeit gealtert. Ihr üppiges Haar war silbern meliert, mit eingeflochtenen bunten Seidenbändern, kunstvoll um ihren Kopf gewunden und mit Weidenzweigen und Fischgräten wie zu einem Turban gesteckt. Darauf saß ein Kranz aus Mentzelien, frisch gepflückte Blumen mit winzigen weißen Blüten; darunter ragten, kaum sichtbar, zwei dekorative Elemente heraus, dunkle Ringe aus Büffelhorn, einer auf jeder Kopfseite knapp über jedem Ohr.
    Dieses kleine, braune Wesen trug einen geflickten, erdfarbenen sam-foo . Ihr Grinsen verriet nichts über ihre Gedanken. Tiefe Linien um ihre Augen konnten das Glitzern hinter ihren faltigen, halb geschlossenen Augenlidern nicht verbergen. Beim Knallen der Weidenrute zwinkerten sie einmal, blickten eine Sekunde zu Li-Xia und dann kurz auf den sauber gefegten Boden unter ihren bloßen Füßen. Diese Füße waren klein, breit und braun, so vernarbt und rissig wie altes Leder, die Zehen gespreizt.
    Eilig riss sie sich den ramponierten Strohhut vom Kopf, machte
rasch einen weiteren Schritt in den Raum und vollführte eine kunstvolle Verbeugung.
    »Nimm dieses Bauernmädchen in deine Gruppe auf, wenn du sie brauchen kannst, oder finde jemanden, der es tut. Sie ist listig und verschlagen, Dankbarkeit ist ihr fremd. Beobachte sie wie eine Ratte in der Speisekammer. Zeige ihr die Hütten der mui-mui und finde einen Platz für sie. Wenn sie davonläuft, bist du es, die ich auspeitsche.«
    Ah-Jeh wandte sich zu Li-Xia. Sie hob ihr Kinn mit der Weidenrute, sah ihr direkt in die Augen und sprach in fast freundlichem Ton.
    »Geh mit Kleiner Kiesel. Sie ist den mui-mui wie eine Mutter und wird dir beibringen, was du tun und wie du es tun sollst. Gehorche ihr und kenne deinen Platz. Von Büchern und Lesen will ich nichts mehr hören. Du bist hier, um in den Hainen zu arbeiten. Wenn du flink und behände bist, wird eines Tages vielleicht eine Spinnerin aus dir

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