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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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Nachdenken. Sie begriff, dass ihr Gefahr drohte, aber war sie größer oder kleiner als die, die ihr bereits gedroht hatte? Dass Ah-Jeh mehr Macht besaß als alle anderen, die sie verletzt hatten, war sicher, doch sah es so aus, als könne Ah-Jeh auch Mitleid aufbringen, vielleicht sogar Verständnis.
    Li wusste, dass sie den Händen der Älteren Schwester nicht entkommen konnte, es sei denn, sie stellte sie zufrieden, spielte ihr Spiel bis zum Ende mit. Wie leicht hätte die Weidenrute sie brutal auspeitschen können, und doch war sie verschont worden. Verglichen mit dem abscheulichen Verhalten der larn-jai bot Ah-Jeh Sicherheit.
    Nach einer Weile wurde der Vorhang aufgezogen. In Ah-Jehs Stimme schwang fast freundliche Geduld mit.
    »Dreh dich um. Ich kümmere mich um deinen Rücken, ehe er zu eitern anfängt.«
    Der Schwamm wurde sorgfältig Lis Rücken hinauf und hinunter und über ihre Schultern geführt, linderte die durch brennende Schrammen verursachten Schmerzen. Das Wasser wurde rostfarben vom Blut und vom Schmutz, die ihre Beine hinunter in die Wanne rannen. Li war dankbar für die Berührung, ihre Unsicherheit löste sich in der Flut parfümierten Wassers auf, das ihren Rücken, ihr Gesäß und ihre Beine hinunterlief.
    Als Ah-Jeh sie an ihrer schmalen Taille packte und sie umdrehte, schloss sie die Augen. Als sie sie wieder aufschlug, erkannte sie, ein wenig bestürzt, wie sehr sie gewachsen war, seit sie die Vorsteherin zum ersten Mal wie eine Krähe auf ihrem Schemel hatte hocken sehen. Nun sah sie an Ah-Jehs Scheitel, so gerade wie eine Narbe, wie weiß deren Kopfhaut war.
    »Lass mich dich frei von Schlamm und Dreck betrachten.«

    Der Schwamm fuhr auf so leichte Art über ihre Brust und die Arme entlang, über ihren Bauch und die Beine hinunter, dass Li, die vor Erschöpfung zu zittern begann, kein zwingender Grund einfiel, Widerstand zu leisten.
    »Jetzt sehe ich, wieso dein tölpelhafter Vater dich Li-Xia genannt hat. Du bist eine Frau, wenn andere mui-mui noch immer kichernde Kinder sind.«
    »Ich glaube, ich war nie ein Kind … ich kann einfach nicht kichern.«
    »Und du bist verwirrt und nervös. Vielleicht machst du dir auch zu viele Gedanken über deine Stellung, um sie klar betrachten zu können. Ich kann diese Unsicherheit verstehen. Wir trinken einen Tee und reden darüber.«
    Wie in Trance blieb Li still stehen, als Ältere Schwester nach einem Handtuch griff und sanft ihre Haut abtupfte, wobei sie jeder noch so kleinen Wunde ihre ganze Aufmerksamkeit schenkte. Von einem Tablett nahm sie Tinkturen und Salben und trug sie sorgsam auf. Li war ihr dankbar dafür, doch ihr Herz schrie zornig auf in dem Wissen, dass dies die freundlichsten Hände waren, die sich je um sie gekümmert hatten, dass sie noch nie etwas erlebt hatte, das einer mütterlichen Berührung näher kam. Sie verfluchte die blinden Götter, die sie so beschwindelten. Sie wusste, dass dies eine Wohltat war, die ihr schon bald genommen würde, und dass die Hände, die sie so sanft behandelten, schon bald gewalttätig würden.
    Sie ließ es zu, dass Ah-Jeh ein Handtuch um sie schlang und sie an den kleinen Tisch führte, auf dem inzwischen eine Zinn-Teekanne und zwei Glastassen mit Zinndeckeln standen. Ah-Jeh nahm an dem Tisch auf einem Schemel aus glasiertem Porzellan Platz und bedeutete ihr, sich ihr gegenüber auf einem ebensolchen Schemel niederzulassen. Als Li sich auf die Schemelkante setzte, meinte sie in belustigtem Ton:
    »Es hat großen Mut erfordert, Ming-Chous Bett auf so dramatische Weise zu meiden … und gesunden Menschenverstand. Sieht man von seinen Gewändern und Reichtümern mal ab, ist er wie
alle anderen Männer auch, nicht besser als die larn-jai, seine Gedanken und Taten sind genauso widerlich. Wenn ihr Elfenbeinstab wie ein Speer erhoben ist, unterscheiden Männer sich nur durch die Kleidung, die sie ablegen. Aber nun bin ich es, der du gefallen musst, also pass auf, was du sagst. Stelle meine Geduld mit deinen Philosophien nicht zu sehr auf die Probe. Für derlei Gefasel bist du zu jung. Es ist an dir zu lernen, nicht zu lehren!«
    Sie griff nach der Teekanne und hob den Deckel jeder Tasse, um sie zu füllen. Sie gab sich entspannt und beinahe freundlich. Sie gluckste auf ihre kehlige Art, bot Li eine Tasse grünen Tee mit beiden Händen an, so, wie man es tat, um seinen Respekt zu bekunden.
    »Du bist anders als die anderen, Li-Xia. Die meisten würden alles daransetzen, die Gunst ihres Herrn und die

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