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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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gering, reichten aber, um sie daran zu erinnern, dass das Ganze keine Illusion war.
    Langsam und mit zunehmender Entschlossenheit rief sie sich das Geschehene ins Gedächtnis. Sie suchte die Schatten ab und entdeckte die Vorsteherin im Lichtschein einer Lampe, eine runde Brille auf der Nase, vertieft in Schreibarbeit.
    Li stand leise auf und hüllte sich in das Handtuch. Ah-Jeh, deren Gesicht im Lampenlicht kränklich fahl wirkte, blickte auf. Sie grinste, zeigte ihre stumpfen, unregelmäßigen Zähne und legte ihren Stift beiseite.
    »Du bist wach und fühlst dich hoffentlich gekräftigt. Du hast gut geschlafen.«
    Im Bewusstsein der Gefahr zögerte Li nur einen Augenblick, ehe sie ihr Herz sprechen ließ: »Sie haben mein Vertrauen missbraucht.«

    Ah-Jeh zog erstaunt die Augenbrauen hoch. Mit großen und wachsamen Augen blickte sie Li an.
    Bevor sie antworten konnte, sprach Li erneut mit leiser und gleichmütiger Stimme.
    »Sie haben Ihre Kenntnisse genutzt, um mich zu verwirren … um mir meinen Mut zu nehmen. Sie haben mich nicht um Erlaubnis gebeten, mich so zu benutzen, wie Sie es getan haben!«
    Ah-Jehs Augen verengten sich, sie verzog die Lippen zu einer grimmigen, schmalen Linie, furchte die Stirn.
    »Ich habe dich untersucht wie angekündigt. Hast du geglaubt, ich würde mich auf dein Wort verlassen, dass du unberührt bist? Würdest du es etwa zugeben, wenn du den Schwanz eines larn-jai aufgenommen hättest, wenn man dich dazu gezwungen hätte?« Ah-Jeh nahm die Brille von der Nase und warf sie beiseite.
    »Sie haben mehr gemacht, als mich nur zu untersuchen.«
    Ah-Jeh erhob sich langsam von ihrem Stuhl, sprach ihre Worte bedächtig aus, jedes so bewusst wie eine Ohrfeige.
    »Und du hast jede Sekunde davon genossen … du hast es wie Kuchen gegessen und hättest dich auch noch an mehr ergötzt.«
    Sie trat aus dem grellen, grünen Licht, und nun spiegelten sich in ihren Augen die roten Funken vom Altar wider.
    »Ich habe dir gezeigt, was einem Genuss verschaffen kann, wo ich dich genauso gut jenseits der Schmerzgrenzen hätte bringen können. Ich habe dich geheilt, wo es meine Pflicht gewesen wäre, dich lebendig zu häuten. Du hast meine Großzügigkeit aufgeleckt wie ein Kätzchen warme Milch!«
    »Ich bin Ihnen dankbar für Ihre Freundlichkeit, aber ich bin aus dem Himmlischen Haus geflohen, weil ich keine Ente bin, die man für irgendjemandes Topf mästet, und auch kein Stück Obst, das man isst, so lange es reif ist …«
    Ah-Jeh schnitt ihr mit ihrer brüchigen Stimme das Wort ab. Sie reckte ihr rundes Gesicht vor und sah Li-Xia forschend an.
    »Wie kannst du es wagen, du Tochter einer Hure? Die Schwestern von sau-hai wissen alles und sind überall. Zwei von uns haben
mehr Jahre unter dem Dach deines Vaters verbracht, als du an Lebensjahren aufweist. Ich kenne die Geschichte von der Fuchsfee und vom Tod der Großtante … von deinem Widerstand gegen die Frauen, deiner Weigerung, die Lotusschuhe zu tragen, und deiner Verbindung zu Nummer Drei, Ah-Su, von der Insel Hainan. Ich weiß sogar, was mit deiner Mutter passiert ist.«
    Li fuhr sichtlich zusammen. Sie fürchtete die kleine, fette Frau vor sich nicht mehr, empfand sogar einen gewissen Respekt für sie, die mit so wenig Schönheit zu so großer Macht gelangt war. Doch die Worte von Ältere Schwester trafen sie wie ein Schlag in die Magengrube.
    »Was wissen Sie über meine Mutter? Man wollte mir nicht einmal sagen, wo sie ruht!«
    Ah-Jeh hob die Teekanne aus ihrem Wärmebehälter aus Korb und goss ihnen schweigend ein. Als sie Li eine Tasse reichte, sprach sie ohne jegliches Gefühl.
    »Eine hübsche Geschichte ist es nicht, aber jede Frau hat das Recht, den Namen ihrer Mutter zu kennen und über ihr Karma Bescheid zu wissen. Es heißt, sie habe sich aus einem Fenster auf die Zinken einer Egge gestürzt. Sie dachte, man hätte dich lebendig begraben … und starb aus Liebe zu dir, die sie nie gesehen oder gehalten hat.«
    Li war sich keiner Veränderung in ihrem Gesicht bewusst, doch spürte sie Tränen in sich aufsteigen, die dann heiß ihre Wangen hinunterliefen.
    »Wie du weißt, hieß sie Pai-Ling, und ihre einst vermögende Familie wurde durch die Triaden-Bünde ruiniert. Dein Vater hat sie günstig als Konkubine bekommen. Sie hatte Lotusfüße, aber ihr Geist, so heißt es, flog so hoch wie ein Adler. Ich denke, sie wäre stolz auf dich.«
    Ältere Schwester ging zu einer Schublade und holte einen dunkelroten, zusammengefalteten sam-foo

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