Die Tochter der Konkubine
Sie dachte nur an ihre Mutter Pai-Ling, die auf einem Mondstrahl zum silbernen Dunst des Ingwerfeldes herabstieg. Ein weißer Schleier hüllte sie sicher in seine hauchzarten Falten, wohin die Flammen ihr nicht folgen konnten.
Einen Tag und eine Nacht lang ließ man sie in den Fußeisen. In der Gewissheit, dass der Dämon in ihr sie völlig verrückt gemacht hatte, wagte sich keiner in ihre Nähe. Selbst die larn-jai murmelten ihre Beschimpfungen aus der Ferne, während ihre Hunde Li schnüffelnd umkreisten. Schließlich, als es dunkelte und ein fahler Mond aufging, führten Riese Yun und Kleiner Kiesel die Familie mung-cha-cha schweigend in der Dunkelheit zu ihr. Sie bildeten einen Schutzkreis um Li, setzten sich aufrecht auf den Boden, um die larn-jai und ihre Hunde fernzuhalten.
Als man sie von den Ringen nahm, waren Lis geschundene Füße zu doppelter Größe angeschwollen, und sie konnte nicht stehen. Bewaffnete und uniformierte Leibwächter von Ming-Chou standen bereit, als sie zu den Schweine - und Ziegenställen gezerrt wurde, ein Halsband mit Glocke um den Hals und mit einer Kette angebunden. Dort musste sie eine Woche bleiben, essen, was die Tiere aßen, und trinken, was sie aus dem Trog erwischte. Den mui-mui wurde befohlen, ihr Beleidigungen ins Gesicht zu schleudern, sie fürchteten sich aber vor dem Zorn von Kleiner Kiesel, den mung-cha-cha und Riese Yuns Füßen. Jede Nacht wurden Li im Licht ihrer Mondmutter die
Füße mit Kräutern gewaschen, während Kiesel sie aus ihrer eigenen Schüssel fütterte und ihr sauberes Wasser zu trinken gab.
Am siebten Tag näherten sich die larn-jai Li, wie sie es bei einer hilflosen Ziege getan hätten. Sie hatten sich mit Weidenruten bewaffnet, um damit auf sie einzudreschen, bis sie sich unterwarf, konnten die erhofften Schreie jedoch nicht aus ihr herausprügeln. Auch als sie mit gespitzten Stöcken auf sie einstießen, widerstand sie ihnen mit einer solchen Besessenheit, dass sie kichernd vor ihr zurückwichen. Erst nach einem Schlag von hinten, der in ihrem Kopf zu einer roten Explosion führte, fiel sie besinnungslos vor ihnen hin. Ausgeführt hatte ihn Ah-Gor, der ältere Bruder des larn-jai , der Li in dem Graben zu Boden gedrückt hatte. Als sie wieder zu sich kam, hatte man ihr die Hände hinter dem Rücken gefesselt und war gerade dabei, dasselbe mit den Füßen zu tun. Eine dreckige Hand wurde ihr unter Gelächter brutal zwischen die Beine geschoben, während andere ihr die Kleider vom Leib rissen.
»Jetzt sehen wir, was der schöne Holzapfel im Haar versteckt.« Ah-Gor öffnete ein Messer mit einer langen Klinge und hackte ihr damit mehrere Hände voll Haare ab. Ein anderer formte sie zu einem Ball, zündete sie an und warf die brennende Fackel auf ihren halbnackten Körper. Den Geruch, das wusste Li, würde sie nie vergessen. Dennoch brauchten die larn-jai viel Zeit und Schweiß, ehe sie sie in dem langen, zylinderförmigen Schweinekorb hatten. Die Öffnung des Korbs wurde rasch fest zugebunden, und der schlaksige Ah-Gor ging neben ihr in die Hocke und zündete sich einen Zigarettenstummel an.
Er schnipste das brennende Streichholz auf sie, blies ihr zusammen mit übel riechendem Atem starken Tabakrauch ins Gesicht und sprach so locker wie zu einem Freund: »Aus dem Korb gibt es kein Entkommen.« Ah-Gor grinste, schnipste den Zigarettenstummel fort und schöpfte mit einer Kelle Wasser aus dem Trog und goss es sorgfältig über ihre gefesselten Hände und Füße. »Wenn das Korbgeflecht nass wird, zieht es sich immer mehr zusammen. Je mehr du kämpfst, um so enger wird es.«
In diesem Sarg aus geflochtenem Schilf wurde sie zum Flussufer getragen und dort mit gebundenen Händen und Füßen und dem Knebel im Mund zurückgelassen. Nur das Feuer ihrer eiternden Füße sagte ihr, dass sie noch am Leben war. Alleingelassen in der eiskalten Nacht, zog sie sich wiederum in die mondbeschienenen Nebel des Ingwerfelds zurück - bis der erste Hahnenschrei über den Fluss schallte, Hunde bellten und Sampans leise zum Markt ruderten und sich in der Morgenluft der Geruch der Kochfeuer vom Speisehaus breitmachte. In den Hütten wurden zu Triangelgelärme Lampen angezündet. Im aufsteigenden Dunst trieben die Leibwächter die mui-mui in Sichtweite der Anlegestelle zum Flussufer. Sie würden bei der Bestrafung zugegen sein, ob sie wollten oder nicht.
Durch das Korbgeflecht sah Li eine Prozession herankommen, angeführt von zwei Priestern und ihren Dienern in vollem
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