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Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga

Titel: Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Pardeville wird dich töten, wenn er erfährt, was du getan hast«, sagte Vera. »Das ist dir doch klar, oder?« Sie stand auf, und das Äffchen verschwand wie ein Schatten in der Dunkelheit.
    Edith sah ihm stirnrunzelnd nach, schüttelte noch einmal den Kopf, aber die Bewegung kam Katharina schon nicht mehr ganz so energisch vor wie bisher. »Ich habe nicht vor, es ihm zu sagen«, antwortete sie. »Macht euch keine Sorgen um mich. Ich bringe den Schlüssel zurück, und er wird nie erfahren, was wirklich geschehen ist.«
    »Du meinst, dass du den Posten vor meiner Tür weggeschickt hast?«, fragte Vera. »Katharina hat Recht. Guy de Pardeville mag ein schlechter Mensch sein, aber er ist nicht dumm! Er wird zwei und zwei zusammenzählen, und dann bist du tot. Wenn du Glück hast.«
    Edith zögerte. »Ich würde euch nur aufhalten«, sagte sie schließlich. »Ich bin eine alte Frau, und –«
    »Bitte, Edith«, unterbrach sie Katharina. »Wir brauchen dich! Du musst uns den Weg zeigen. Ohne dich sind wir in den Sümpfen verloren!«
    Edith schwieg. Es war zu dunkel, um den Ausdruck auf ihrem Gesicht zu erkennen, aber Katharina meinte den stummen Kampf nahezu spüren zu können, den sie mit sich selbst ausfocht.
    »Aber das hier ist mein Zuhause«, sagte sie schließlich. »Esgibt keinen anderen Ort, an den ich gehen kann. Und ich könnte nie wieder zurück.«
    »Wie ich das sehe, kannst du das ohnehin nicht mehr«, sagte Vera achselzuckend.
    »Und Katharina hat Recht. Ich habe keine große Lust, aus einem finsteren Loch zu fliehen, um dann in einem anderen zu ertrinken. Wir brauchen dich. Katharina braucht dich.«
    Edith schwieg noch einmal, noch länger. »Also gut«, sagte sie schweren Herzens. »Aber dann kommt! Wir haben schon viel zu viel Zeit verloren.«
    *
    Auf dem ersten Stück kamen sie gut voran. Das Gelände war beinahe eben, und es gab nicht allzu viele Hindernisse, denen sie ausweichen mussten oder die etwa in der Dunkelheit verborgen auf sie lauerten. Bald lag eine gehörige Entfernung zwischen ihnen und der Burg und eventuellen Verfolgern. Schloss Pardeville versank schon nach wenigen Schritten in der Dunkelheit hinter ihnen, und nur kurze Zeit darauf verklangen auch die Musik, der Lärm und das Gelächter. Und als Katharina sich das nächste oder übernächste Mal umsah, war auch der rote Widerschein am Himmel erloschen, und es schien, als wären sie vollkommen allein auf der Welt. Aber es war eine trügerische Stille, die nicht das Gefühl von Sicherheit brachte, nach dem sich Katharina so sehr gesehnt hätte.
    Doch die Stille hielt nicht allzu lange an. Schon bald wurde der Boden unebener, und nicht Ediths, sehr wohl aber Veras Schritte begannen langsamer und vor allem ungleichmäßiger zu werden, und obwohl sie sich alle Mühe gab, sich nichts davon anmerken zu lassen, war bald nicht mehr zu übersehen, dass es ihr immer schwerer fiel, mit Edith und Katharina Schritt zu halten. Sie verlor kein Wort darüber, aber die Erkenntnis erschreckte sie zutiefst. – Vera hatte bisher in ihrer ganz eigenen Art eine Kraft und Energie ausgestrahlt, die sie schier unbesiegbar erscheinen ließ. Vielleicht hatte sie in den anderthalb Tagen, die sie in Pardevilles Kerker gewesen war, doch mehr erlitten, als sie Katharina gegenüber bisher zugegeben hatte.
    Wenigstens das Wetter war auf ihrer Seite. Obgleich der Sommer noch lange nicht vorüber war, wurde es bald kühler, dann empfindlich kalt, sodass sie Edith im Stillen sehr dankbar für die warmen Mäntel waren, die sie ihnen gegeben hatte. Im gleichen Maße, in dem die Nacht fortschritt, bezog sich der Himmel mit Wolken, und es wurde immer dunkler.
    Das Vorwärtskommen wurde immer schwieriger. Es lag nicht nur am Licht, das jetzt praktisch nicht mehr vorhanden war und selbst Edith und die Gauklerin, die kaum eine Armeslänge entfernt vor ihr hergingen, zu schwarzen Schatten ohne Tiefe oder klar abgegrenzte Konturen machte. Der Boden wurde jetzt tatsächlich sumpfiger, und sie musste immer genauer darauf achten, wohin sie ihre Füße setzte, um nicht in eine Pfütze zu treten oder über eine Wurzel zu stolpern, die in immer größerer Anzahl, gewundenen, pelzigen Schlangen gleich aus dem Gras und dem dichten Moos- und Flechtenteppich auf dem Boden herausragten. Mindestens zweimal blieb Edith plötzlich stehen, starrte konzentriert in die Dunkelheit und deutete dann kopfschüttelnd nach rechts oder links, um einen anderen Weg zu suchen. Ein moderiger, aber nicht

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