Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga
aufgetauchten Patrouille mit verbissener Wut weiter. Katharina bezweifelte, dass die Krieger die schwer gepanzerten Reiter auf ihren mächtigen Schlachtrössern tatsächlich überwinden konnten, aber aus dem Lager strömten immer mehr Krieger die Uferböschung herauf, dreißig, wenn nicht vierzig oder mehr, die von Erik selbst und Ansgar angeführt wurden. Wenn es ihr gelang, sie zu erreichen, war sie gerettet. Ansgar schrie plötzlich irgendetwas und begann mit den Armen zu wedeln, und als Katharina über die Schulter zurücksah, begriff sie, dass sie es nicht schaffen würden. Guy de Pardeville hatte sein Pferd herumgerissen und sprengte in scharfem Galopp auf sie zu, das Schwert zum Schlag erhoben. Im allerersten Moment verstand sie nicht einmal, was er da tat. Er würde sie vielleicht einholen, bevor Erik und seine Männer heran waren, aber er konnte doch unmöglich damitrechnen, sie zu überwältigen und zu sich in den Sattel zu ziehen und dann auch noch zu entkommen!
Erst dann wurde ihr klar, dass er das gar nicht wollte. Pardeville sprengte mit hochgerissenem Schwert heran, und er hatte gar nichts anderes vor, als sie zu töten!
Ein Pfeil zischte auf ihn zu. Pardeville wehrte ihn mit seinem Schild ab, beschleunigte sein Tempo noch einmal und zwang sein Tier in einen langgestreckten Bogen, an dessen Scheitelpunkt er sie erreichen und – vielleicht – sogar noch entkommen würde.
Als sein Schwert niedersauste, flog ein Schatten an Katharina vorbei, fing den Schlag ab und klammerte sich mit solcher Kraft an seinen Arm, dass Pardeville zum zweiten Mal innerhalb weniger Augenblicke um sein Gleichgewicht kämpfen musste und sein Pferd scheute. Trotzdem sprengte er weiter.
Katharina stürzte, rollte sich instinktiv zu einem Ball zusammen und schlug schützend die Arme über den Kopf, um jetzt nicht ganz versehentlich von Eriks Kriegern zu Tode getrampelt zu werden. Trotzdem erkannte sie die Gestalt, die sich dem Reiter so todesmutig in den Weg gestellt hatte. Es war Ansgar, der wie ein Wunder plötzlich heran war, obwohl sie das für ausgeschlossen gehalten hatte, und er klammerte sich mit immer verzweifelterer Kraft an den Waffenarm des Edelmannes, ungeachtet der Tatsache, dass das Schlachtross immer schneller wurde und ihn rücksichtslos mitschleifte. Erst nach einem guten Dutzend Schritte gelang es Pardeville, ihn abzuschütteln. Ansgar fiel schwer ins Gras, überschlug sich mehrmals und blieb reglos liegen. Pardeville riss sein Pferd mit einem brutalen Ruck herum und sprengte davon, zusammen mit den drei Männern, die ihm noch geblieben waren. Die Krieger oben am Waldrand versuchten sie zu verfolgen, sahen die Sinnlosigkeit dieses Versuches allerdings rasch ein und machten kehrt, um sich um ihre verwundeten Kameraden zu kümmern.
Als Katharina sich aufrappelte, war Erik bereits bei seinemEnkel, drehte ihn auf den Rücken und begann ihn mit fliegenden Fingern abzutasten. Ansgar rührte sich nicht. Seine Augen waren geschlossen, und als Katharina neben ihm anlangte und sich auf die Knie fallen ließ, machte ihr Herz einen schmerzhaften Sprung bis in ihren Hals hinauf. Ansgars Gesicht war kreidebleich.
Erik tastete ihn mit zitternden Fingern ab und wollte gerade sein Hemd hochstreifen, als Ansgar mit einem Stöhnen erwachte und die Augen öffnete. Sein Blick blieb trüb.
Erik sagte etwas in seiner Muttersprache zu ihm. Ansgar sah ihn nur weiter verständnislos an, und Katharina fragte hastig: »Bist du verletzt?«
»Ich … glaube nicht«, antwortete Ansgar schleppend, versuchte sich aufzusetzen und verzog nicht nur schmerzhaft das Gesicht, sondern presste auch die Hand gegen die Seite. Sein Großvater drückte seine Hand hinunter, tastete die Seite ab und nickte dann.
»Ich schätze, du hast dir eine Rippe gebrochen«, sagte er. »Und wenn das tatsächlich alles ist, hast du großes Glück gehabt. Was ist in dich gefahren, du Narr? Hast du alles vergessen, was ich dir beigebracht habe? Du greifst einen Reiter in voller Rüstung mit bloßen Händen an?«
Es schüttelte zornig den Kopf. »Wenn du nicht schon verwundet wärst, dann würde ich dich jetzt übers Knie legen und dir den Hosenboden strammziehen wie einem dummen Kind!«
Er stand mit einem Ruck auf, deutete zum Lager hinab und sprudelte ein paar Worte in seiner Muttersprache hervor, woraufhin sich die meisten seiner Männer umwandten und zum Dorf hinabrannten; der Rest stürmte weiter den Hang hinauf, um ihren verwundeten Brüdern dort zu
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