Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga
fühlte. Der Mann war tot, und es war ihre Schuld. Und es war ein grässlicher Gedanke, ganz egal, ob sie nun eine andere Wahl gehabt hatte oder nicht.
Es dauerte nicht einmal lange, bis die drei Zelte vollkommen niedergebrannt waren, und Katharina musste sich eingestehen, dass Eriks Männer völlig richtig gehandelt hatten, den Brand nicht zu bekämpfen. Die Flammen hatten sich zu einem regelrechten Sturm entwickelt, der die drei Zelte so schnell und gierig verschlungen hatte wie ein ausgehungertes Raubtier seine Beute, und schon nach wenigen Minuten war nur noch eine rauchende Aschelandschaft übrig, in der es unablässig zischte und knisterte. Selbst nachdem die Flammen erloschen waren, war die Hitze immer noch so groß, dass sie es nicht wagte, näher als auf zehn oder zwölf Schritte heranzugehen.
Und wenn das sie nicht schon daran gehindert hätte, dann bestimmt der Anblick des fast bis zur Unkenntlichkeit verkohlten Körpers, der dort lag, wo einmal Ansgars Zelt gestanden hatte.
Trotz allem konnte man noch erkennen, dass es einer von Pardevilles Männern gewesen war. Das geschmolzene Metall eines Kettenhemdes schimmerte unter seiner verkohlten Kleidung, und auf dem Kopf trug er einen der grobschlächtigen Helme, wie sie die Ritter des ausländischen Edelmannes trugen.
Dann sah sie noch etwas, was sie dazu brachte, doch mit ein paar schnellen Schritten in den warmen Aschekreis hineinzutreten und sich sogar dazu zu zwingen, den schrecklich zugerichteten Leichnam anzusehen.
Unter dem Toten lag noch etwas anderes und Kleineres. Ihr Herz begann zu klopfen.
Sie kämpfte Ekel und Angst nieder, drehte den Toten mit dem Fuß um und hätte im nächsten Moment beinahe laut aufgeschrien.
»Oh nein!«, murmelte Ansgar neben ihr. Sie hatte nicht einmal gemerkt, dass er ihr gefolgt war. »Ist das … Freya?«
Katharina brachte nur ein mühsames Nicken zustande. Wie es aussah, war der Mann sterbend über der Katze zusammengebrochen und hatte sie unter sich begraben, sodass sie wohl eher erstickt als bei lebendigem Leibe verbrannt war; aber das war allenfalls ein schwacher Trost.
»Aber wie kommt sie denn hierher?«
Katharina hob die Schultern. »Sie war heute Nacht bei mir. Ich glaube, sie wollte mir ihre Jungen bringen.« Mit klopfendem Herzen ließ sie sich in die Hocke sinken, und plötzlich musste sie mit aller Macht gegen die Tränen ankämpfen, die ihr die Kehle zuschnürten.
»Sie hat mich geweckt. Wenn sie nicht gewesen wäre, dann wäre ich jetzt nicht mehr hier.« Und Freya hatte mit dem Leben dafür bezahlt.
Ansgar wollte etwas darauf erwidern, legte aber dann stattdessen den Kopf auf die Seite und lauschte, und im nächsten Moment hörte Katharina es auch: ein dünnes, klägliches Piepsen, das irgendwo hinter ihm erklang.
Mit einem einzigen Satz war sie an ihm vorbei und auf den Knien.
Zwei winzige, klagende Fellbündel schleppten sich auf wackligen Beinchen auf sie zu, piepsten und wimmerten herzerweichend und begann fast augenblicklich laut zu schnurren, als Katharina sie hochnahm und an sich drückte. Sie sahen ziemlich mitgenommen aus und rochen nach Qualm und heißer Asche, schienen aber wie durch ein Wunder unverletzt zu sein.
»Sie haben es geschafft«, sagte sie. »Wenigstens sie! Schau nach, ob du die beiden anderen findest!«
»Das habe ich schon«, antwortete Ansgar.
Katharina drehte sich hoffnungsvoll um und erstarrte dann für einen Moment, als sie seinem Blick begegnete. Und seinem Kopfschütteln.
»Es tut mir leid«, sagte Ansgar. Es klang ehrlich. Und sein Blick wurde noch trauriger, als er auf die beiden kleinen Katzen deutete, die Katharina an sich drückte.
»Sie werden es auch nicht schaffen«, sagte er. »Es wäre gnädiger, wenn du sie ertränkst.« Er streckte die Hände aus.
»Rühr sie bloß nicht an!«, warnte ihn Katharina.
Ansgar seufzte. »Sie werden sterben«, sagte er. »Sie sind viel zu klein. Sie haben ja noch nicht einmal die Augen ganz auf. Willst du, dass sie qualvoll verhungern?«
»Ich schaffe das schon«, behauptete Katharina. Natürlich wusste sie, dass er Recht hatte. Es wäre gnädiger, die beiden jungen Katzen rasch und schmerzlos zu töten. Aber Freya hatte ihr Leben gegeben, um sie zu warnen, und sie war es ihr schuldig, sich nun um ihre Jungen zu kümmern.
»Ich brauche nur ein bisschen Milch. Habt ihr Milch?«
»Ja, aber –«
»Dann füttere ich sie!«
Ansgar seufzte noch einmal, und noch tiefer. »Ich kann es für dich tun, wenn du es
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