Die Tochter der Suendenheilerin
zu trauen.«
Während die Reiter ihre Pferde zu immer schnellerer Gangart antrieben, erstarb das Geplänkel. Meinolf hielt sich etwas abseits, aber doch auf gleicher Höhe. Antonia sah, dass ihr Vater ihn stets scharf im Auge behielt.
»Befürchtest du etwas?«, raunte sie ihm zu.
»Nicht hier. Aber irgendetwas führt der Kerl im Schilde.«
»Du nanntest ihn einen Intriganten. Was weißt du über ihn?«
»Meinolf ist ehrgeizig und gefährlich. Es gibt Gerüchte, dass er Eberhard den Rang als Erbe der Grafschaft streitig zu machen versucht. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass ihm das jemals gelingt. Eberhard ist der legitime Sohn und hat ebenfalls schon einen Sohn.«
»Was wäre, wenn Eberhard und sein Sohn stürben oder in Ungnade fielen?«
»Selbst dann wäre es fraglich, ob ausgerechnet Meinolf von Brack neu mit Burg Regenstein belehnt würde. In dem Fall müsste er schon herausragende Dienste für die Krone geleistet haben.«
Um die Mittagszeit erreichten die Reisenden Burg Schlanstedt. Wie überall im Land waren auch hier die Vorbereitungen für das Pfingstfest im Gang. Im Hof schwatzten fröhlich die Mägde, während sie ihrem Tagewerk nachgingen, und aus dem Küchenhaus duftete es verführerisch. Sofort fühlte Antonia sich an Burg Birkenfeld erinnert, an die Abendstimmung, die sie so sehr liebte. Und an Stephan …
Philip stieg aus dem Sattel und half danach seiner Tochter beim Absteigen.
»Herr Graf!« Einer der Burgwächter eilte Philip mit einem Lächeln auf den Lippen entgegen. »Ich grüße Euch! Was führt Euch nach Schlanstedt?«
»Leider nichts Gutes«, antwortete er. »Ich muss umgehend mit Herzog Leopold sprechen.«
»Ebenso wie ich.« Meinolf war ebenfalls vom Pferd gestiegen und trat neben Philip.
Der Burgwächter sah Antonias Vater fragend an. »Gehört dieser Mann zu Eurem Gefolge?«
»Nein, er hat nur dieselbe Straße genutzt.«
»Mein Name ist Meinolf von Brack.« Er nickte dem Wächter gönnerhaft zu. »Sohn des Grafen Ulf von Regenstein, und ich bin im Auftrag meines Vaters hier, um die Sache der Regensteiner zu vertreten.«
»Ich werde es dem Herzog melden.« Der Bedienstete verschwand.
»He, du!« Meinolf rief einen der Stallburschen herbei. »Kümmere dich um mein Pferd!«
Noch bevor der Junge Meinolf die Zügel abnehmen konnte, ging Barthel dazwischen. »Halt! Du wirst dich zunächst um die Pferde meiner Herrschaft kümmern.«
»Was maßt du dir an?«, brüllte Meinolf.
»Ihr vergesst die Regeln der Höflichkeit«, entgegnete Barthel gelassen. »Ein Graf steht über einem Ritter. Merkt Euch das!«
Philip und Antonia übergaben dem Stallknecht die Zügel ihrer Pferde. Meinolf knirschte mit den Zähnen. Seine Miene verfinsterte sich noch mehr, als man ihn aufforderte, sich in Geduld zu üben, während Antonia und ihr Vater bereits zu Herzog Leopold geführt wurden.
»Philip, welch angenehme Überraschung!« Leopold kam seinem einstigen Kampfgefährten erfreut entgegen. Die beiden Männer reichten sich die Hände, dann wandte sich der Herzog an Antonia.
»Fräulein Antonia, Ihr werdet von Jahr zu Jahr schöner. Kann Euer Vater Euch die vielen Freier überhaupt noch vom Hals halten?« Er lächelte ihr mit einem Augenzwinkern zu.
»Darum geht es hier«, erklärte Philip. »Ein abgewiesener Freier …«
»So ernst?« Leopold zog die Brauen hoch. »Nehmt doch bitte Platz!« Er wies auf die Stühle, die um den mächtigen Eichentisch standen.
Antonia und ihr Vater folgten der Aufforderung, und auch Leopold setzte sich.
»Also, was ist geschehen?«
Philip erzählte Leopold von Eberhards Antrag, seiner Ablehnung und den Folgen.
»Das ist ja ungeheuerlich!« Der Herzog schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Wer den Landesfrieden auf diese Weise bricht, ist nicht besser als ein Räuber!«
»Deshalb bin ich hier. Um Klage gegen Eberhard zu erheben. Rudolf hat es ihm gestern bereits angekündigt, deshalb begegneten wir auf dem Weg hierher Eberhards Halbbruder Meinolf von Brack, der behauptet, er wolle die Sache der Regensteiner vertreten.«
»Ulf von Regenstein schickt ausgerechnet seinen Bastard? Das sieht ihm ähnlich«, zischte Leopold. »Wobei man über Meinolf immerhin sagt, dass er Eberhard an Witz und Klugheit weit überlegen ist.«
»Und an Hinterlist«, fügte Antonias Vater hinzu.
»Nun, dann wollen wir uns anhören, was er zu sagen hat, nicht wahr?«
Philip nickte.
Der Herzog rief nach einem der Diener und befahl, Meinolf von Brack
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