Die Tochter der Wälder
Hütten, hinter der steinummauerten Festung, auf dem Hügel, der einmal anmutige Birken, starke Eschen und edle Eichen getragen hatte, zog sich eine Narbe durch die Landschaft, wo eine Reihe der ältesten Bäume gefällt und verbrannt worden waren. Kein Fetzen Leben war dort mehr übrig, keine Stechpalmen, kein Weißdorn, um die Wunde wieder zu schließen. Hinter mir begann Conor, leise etwas zu rezitieren, eine Klage, deren Worte ich nicht verstand, deren Botschaft aber direkt ins Herz ging.
»Willkürliche Zerstörung«, sagte Liam. »Es ging nur darum, Schaden anzurichten. Sie haben das Holz nicht einmal benutzt, sondern es einfach verbrannt.«
Wir gingen durch das Dorf, wo der Weg sumpfig war und Furchen hatte, und die Leute sahen müde und abgehärmt aus. Aber das hier waren unsere eigenen Leute – Leute, die wussten, wie durchlässig die Grenze zwischen dieser Welt und der anderen war. Jeder von ihnen hatte schon erlebt, dass ein Verwandter von dem Volk unterm Hügel mitgenommen wurde, oder kannte ein seltsames Kind, das unter einem Nesselbusch gefunden worden war, oder hatte mit jemandem gesprochen, der sich zu weit in eine Höhle oder bei Mondlicht in einen Pilzring gewagt hatte. Es gab keine neugierigen Fragen, keine misstrauisch zusammengekniffenen Augen. Stattdessen strahlten sie uns an und streckten uns die Hände entgegen. Nur als sie Finbar sahen, schwiegen sie, und das war ein Schweigen tiefer Hochachtung.
»Master Liam! Master Conor! Ihr seid nach Hause gekommen!« Niall der Müller versetzte Liam einen Schlag auf den Rücken.
Und Paddy der Schweinehirt grinste von einem Ohr zum anderen, schüttelte einem Bruder nach dem anderen die Hand und rief: »Ihr seid tatsächlich wieder da! Habe ich nicht immer gesagt, sie kommen zurück, Mary, habe ich es nicht gesagt?«
Und bevor ich drei Schritte zurückgelegt hatte, kam die Enkelin des alten Tom, packte mich am Arm und führte mich in seine Hütte, um die Brust des alten Mannes abzuhorchen. Ich versprach, ihm bald einen Trank zu bringen, der ihm das Atmen erleichterte.
»Und sorge für ein Feuer«, fügte ich hinzu. »Es ist eiskalt hier drin. Ihr müsst ein Feuer entzünden.« Aber es gab kein trockenes Holz und keine Männer aus der Festung, die halfen, es zu schneiden und zu stapeln. In diesem Jahr war die Ernte nicht gut ausgefallen; mit den schweren Herbstregen war vieles schon am Halm verfault. Man hatte nur wenig für die kalte Jahreszeit zurücklegen können. Die Herde war krank geworden, und es hatte heftige Verluste gegeben.
»Was ist mit unserem Vater?« fragte Conor und zog die dunklen Brauen zusammen. »Hat er in den letzten Wintern nicht für euer Wohlergehen gesorgt? Gibt es keinen Verwalter, der sich um die Ernte kümmert, oder der Vorräte an jene schickt, die Pech hatten?«
Sie senkten den Blick.
»Nun?« Liam klang ganz wie unser Vater.
»Lord Colum … er ist nicht mehr er selbst, seid Ihr weggegangen seid«, meinte der Müller. »Alles hat sich verändert.«
»Was meint ihr damit?« fragte Cormack.
Aber niemand wollte antworten.
Also verließen wir, nachdem wir allen versprochen hatten, bald zu helfen, das Dorf, und gingen den Weg weiter entlang zu unserem alten Heim. Und dort, bei den Weißdornhecken, kam endlich eine Herausforderung.
»Wer da? Wer seid ihr, und was wollt ihr hier?« Wir sahen den Mann nicht, aber die Stimme klang vertraut.
»Ruhig«, erwiderte mein ältester Bruder. »Ich bin Liam von Sevenwaters und kehre mit meinen Brüdern und meiner Schwester zurück.«
Der Mann kam aus der Deckung, das Schwert in der Hand. Er trug einen Lederwams und lederne Hosen und darüber ein abgetragenes Hemd mit dem stolzen Zeichen zweier miteinander verbundener Ringe, dem Wappen von Sevenwaters. Dann riss der Mann den Mund auf und ließ das Schwert fallen.
»Liam!« Ein Grinsen breitete sich auf seinem wettergegerbten Gesicht aus.
»Donal!« Denn es war tatsächlich der alte Waffenmeister, der von unserem Vater auf Anweisung seiner neuen Frau verbannt worden war. »Ich dachte, du wärest längst nicht mehr hier! Ich dachte, die Festung wäre vollkommen unbewacht. Zumindest sind einige hier also noch bei Verstand.«
»Nur wenige«, knurrte Donal, schlang den Arm um Liams Schultern und schüttelte staunend den Kopf. »Bei allem, was heilig ist, es ist gut, dich zu sehen, Junge. Kommt mit, kommt mit, ich bringe euch zum Haus.«
Sobald wir näher zum Hof kamen, hatte er es nicht mehr so eilig. Stattdessen blieben wir
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