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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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hatte. Über all dem hing eine Frage, denn es war immer noch möglich, dass seine Leiche unter dem großen Stein geblieben war. Keine Anklagen wurden erhoben. Aber die Dinge veränderten sich beinahe unmerklich. Es waren mehr Männer in der Nähe, und die meisten waren bewaffnet. Essen wurde überprüft und vorgeschmeckt. Der Rote und Ben unterhielten sich an den Abenden lange und betrachteten Landkarten. Andere Männer kamen von Zeit zu Zeit, einige von ihnen Fremde, und wurden verköstigt und intensiv befragt und wieder weggeschickt. All das beobachtete ich, verstand es nicht, fragte auch nicht. Ich spann und spann und zählte die Tage.

KAPITEL 11
    Es war der Abend vor dem ersten Mai, und das Wetter war perfekt. Zu Hause wären die Leute die ganze Nacht aufgeblieben und hätten Blüten gesammelt, um sie über ihre Türen und Fenster zu hängen und so den ersten Sonnenaufgang zu ehren. Milch würde in bestimmten ausgehöhlten Steinen zurückgelassen, Feuer auf Hügelkuppen angezündet. Ich erinnere mich, wie mein Bruder Conor dann mit einer brennenden Fackel nach Hause kam, die er tief aus dem Wald mitgebracht hatte, und unser Herdfeuer neu entzündete. Hier schienen die Leute wenig Zeit für solche Rituale zu haben, weil sie vielleicht ihre Bedeutung nicht verstanden. Und dennoch sah ich zu meiner Überraschung Bänder in den Büschen am Weg und hörte die Mädchen in der Küche etwas von einem Spiralentanz erzählen und darüber, welche von den jungen Männern sie nach dem Tanz gerne mit in den Wald nehmen würden. Vielleicht war der alte Weg hier doch noch nicht vollkommen vergessen.
    Das Haus war voller Blumen, und die Leute lächelten, denn eine Hochzeit bedeutete Erneuerung und Stabilität und eine weitere Generation, die die klugen und schützenden Wege der guten Menschen dieses Tals lernen würde. Zu Hause wäre man nie auf die Idee gekommen, an Beltaine zu heiraten – nicht, wenn die Ehe dauern sollte. Ich saß in meinem Garten, nähte beim Laternenlicht und stellte mir vor, wie der Rote einem kleinen Sohn zeigte, wie man eine Eiche pflanzte; einer winzigen Tochter, wie man Schafswolle schert. Elaine war irgendwie nicht in diesem Bild – vielleicht, dachte ich grimmig, würde sie selbst als verheiratete Frau mehr mit ihrem Vater zu tun haben, der so sehr an den Angelegenheiten von Harrowfield interessiert war.
    Er war an diesem Morgen erschienen, ein paar Tage nach seiner Tochter. Ich sah ihn kaum, aber ich hörte, dass sein Kriegszug nicht nach Plan verlaufen war und er schlechte Laune hatte. Das Abendessen war festlich. Alle aßen und tranken und lachten und machten die Art von Witzen, die man erwartete. Richard beobachtete mich mit halbzugekniffenen Augen. Der Rote und Elaine unterhielten sich leise. Ben schien ungewöhnlich zurückhaltend. Er trank wenig und starrte stirnrunzelnd in seinen Kelch. Margery kam nicht herunter.
    Gang auf Gang folgte auf silbernen Platten, Braten und frischer Fisch, die ich beide nicht anrührte; Gemüse, schön zurechtgeschnitten, Suppen und Soßen und Gebäck. Ich sehnte mich nach der Ruhe und Stille meines Zimmers. Aber ich wollte niemanden verärgern, indem ich zu früh ging. Und dann brachten sie das Hauptgericht, gefüllt und garniert und glasiert zu einem warmen, schimmernden Goldton. Ein großer, gebratener Vogel in einem Bett aus Möhren und Rüben und Zwiebeln, dessen Duft allen in die Nase stieg und Jubel hervorrief. Es dauerte, bis mir klar wurde, worum es sich handelte, und dann zog sich plötzlich mein Magen zusammen, ich hatte kalten Schweiß auf der Stirn, und der ganze Raum drehte sich vor meinen Augen. Auf meinem eiligen Weg zur Tür riss ich den Stuhl um und stieß gegen eine Dienerin, die einen Krug Soße trug. Zumindest beschämte ich mich nicht, in dem ich meinen Mageninhalt auf den Boden der großen Halle spuckte. Ich schaffte es gerade noch bis nach draußen und stand dort zitternd und würgend, bis mein Körper jeden Rest von Essen von sich gegeben hatte. Ich hatte den schrecklichen Anblick immer noch vor Augen, den widerlichen Geruch in der Nase, er hing an meiner Kleidung und überall in der Luft. Durch die offene Tür hörte ich die Leute reden.
    »Was ist denn los?«
    »Hat jemand ihr etwas ins Essen getan? Wer soll das gewesen sein? Ich hätte selbst hin und wieder Lust dazu.«
    »Du würdest nicht mehr damit durchkommen. Jetzt nicht. Alles wird genau überprüft. Da muss man sich schon fragen.«
    »Ich sag dir, was ich denke.«
    Die

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