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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Stimmen wurden gesenkt. »… dick geworden … habe ich gehört … ganz gut so … macht keinen Ärger … verheirateter Mann …«
    »… nicht der Erste …«
    »Nein, das wäre nicht seines, wenn das wirklich der Fall ist. Eher ein Hausierer. Wer sonst sollte die schon anschauen?«
    Ich hatte schon öfter von solchen Dingen gehört. Ein gebratener Schwan; der Schwan war gefüllt mit einem Truthahn, darin befand sich ein Huhn und so weiter, bis zur kleinsten Wachtel. Ein Meisterstück kulinarischer Kunst. Nie wieder würde ich etwas essen, was aus dieser Küche kam, nie wieder würde ich dieses Kleid anziehen, das danach roch, nie wieder würde ich …
    »Besser?« Das war Ben, ein Glas Wasser in der Hand, ein sauberes Tuch in der anderen. »Du hast einen ziemlich empfindlichen Magen, wie? Ein gut gewählter Augenblick. Die Hochzeitswitze wurden jeden Augenblick schlechter. Komm schon, trink, du musst wenigstens etwas im Magen haben. Schon besser. Ich nehme nicht an, dass du darauf versessen bist, dich wieder den Festlichkeiten anzuschließen. Wie wäre es, wenn ich dich ins Bett begleite? Oh, vielleicht sollte ich das anders ausdrücken – ich wäre entzückt, die gnädige Frau zu ihrer Tür bringen zu dürfen. Lächle, Jenny, es ist nicht so schlimm.«
    Er war ein lieber Junge und meinte es gut. Und wie konnte er wissen, was in mir vorging? Ich ließ mich von ihm zu meinem Zimmer begleiten, quer durch den Garten, und wir saßen eine Weile auf der Bank und sahen die Sterne an. Ich fragte mich, warum er nicht zum Fest zurückkehrte. Nicht, dass ich etwas gegen seine Gesellschaft hatte. Alles war besser, als daran zu denken, dass … dass …
    »Man hat mich gebeten, dir eine Botschaft zu bringen.« Ben war plötzlich ernst geworden. »Er sagte … er sagt, er hofft, du wirst tun, was man dir sagt, und nicht zu viele Fragen stellen.«
    Was? Welche Botschaft?
    »Er sagt, du sollst morgen früh aufstehen, wirklich früh, vor der Dämmerung. Zieh einen Umhang an und gute Stiefel und mach dich bereit für einen Ausritt. Lass den Hund zu Hause.«
    Was? Aber morgen ist …?
    »Schau nicht so beunruhigt drein«, meinte Ben, aber er selbst runzelte die Stirn. »Er sagte, sag ihr, es wird alles in Ordnung sein. Und es ist sicher, deine – deine Arbeit zurückzulassen.«
    Also würde er mich nicht nach Hause schicken. Er schickte mich nicht weg. Er würde mich doch nicht an seinem Hochzeitstag ohne meine Sachen wegschicken?
    »Es kommt schon alles in Ordnung«, meinte Ben, als versuchte er, sich selbst davon zu überzeugen. »Jetzt sollte ich lieber gehen. Sonst fällt meine Abwesenheit noch auf. Und ich höre, unser Freund aus Northwoods hat ein paar Neuigkeiten für uns. Was das sein soll, weiß ich nicht. Aber ich sollte lieber da sein, wenn er es erzählt. Gute Nacht, Jenny. Und mach dir keine Gedanken.«
    Eine der Eigenschaften, die die Leute von Harrowfield an Lord Hugh liebten und achteten, war seine Verlässlichkeit. Keine Überraschungen. Wenn er sagte, er würde etwas tun, dann tat er das. Wenn er ein Versprechen abgab, hielt er es. Lord Hugh war fest wie eine Eiche. Deshalb hatte mein Eintreffen sie so entsetzt; denn es war ein Bruch in dem langen, sich nicht verändernden Muster. Aber gut, eine einzelne Abweichung war in Ordnung, sagten die Leute, man konnte einen Fehler verzeihen. Sobald er verheiratet war, würde sich alles beruhigen. Ein gutes Mädchen, Elaine von Northwoods. Aber dann geschah es wieder. Es war verblüffend, wenn man bedachte, was für eine Art Mensch er war. Man hätte sich kaum etwas vorstellen können, das dramatischer wirkte, das mehr Leute beleidigte, das seine Familie mehr bekümmerte. Und dennoch, das war genau, was er geplant hatte. Und am Ende stellte sich heraus, dass er selbst dafür seine Gründe hatte.
    Es fiel mir nicht schwer, früh aufzuwachen, da ich nur schlecht geschlafen hatte. Alys war froh, das Bett für sich zu haben, und protestierte nicht, als ich sie zurückließ. Ich trug nicht mein altes Kleid, weil ich mir einbildete, dass es immer noch nach Braten roch; also musste ich das blaue anziehen. Es war noch früh genug, um kühl zu sein, und ich wickelte mich in einen Umhang und ging nach draußen, mit einem sehr seltsamen Gefühl im Magen. Unruhe? Schlechtes Vorgefühl? Vielleicht war es nur ein Nachspiel des vorangegangenen Abends. Es war sehr still. Das ganze Haus schlief noch.
    Am Tor warteten drei Pferde und zwei Männer in Umhängen mit Waffen an

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