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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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hatte. Colum von Sevenwaters. Kein Wunder, dass so viele ihn hassen und fürchten. Ich kam zu dem Schluss, dass man Simon gefangen genommen und dass er die Stellung meines Lagers verraten hatte. Also hatte sich der Junge als ebenso schwach wie sein Bruder erwiesen, nur Oberfläche, kein Eisen darunter. Er konnte recht gut mit Schwert und Bogen umgehen, aber auf diese Leute kann man sich nicht wirklich verlassen, wenn es schwierig wird. Bist du nicht auch dieser Ansicht? Wo ist Hugh jetzt, wenn du ihn brauchst? Er beeilt sich nicht gerade, seine kleine Frau zu retten, oder? Er hat Besseres zu tun. Was immer das sein mag, ich würde wirklich gerne wissen, was. Nun, ich bin nach Hause gekommen. Habe meiner Schwester gesagt, der Junge ist verloren. Niemand weiß, wo er ist. Dieser Teil entsprach der Wahrheit.
    Ich war ein bisschen unruhig, als Hugh sich aufmachte, nach ihm zu suchen, als glaubte er nicht, was ich ihm gesagt hatte. Ich war unruhig wegen irgendwelcher Dinge, die er herausfinden konnte, falls der Junge noch am Leben war. Ich dachte, dass du vielleicht etwas über ihn weißt; wieso sonst sollte mein Neffe eine irische Göre mit heimbringen? Ich wollte dich zum Reden bringen. Wenn du mit Sevenwaters verwandt warst, war es wichtig, dich zum Reden zu bringen, bevor du es meinem Neffen erzählst. Das dachte ich. Aber ich konnte dir nicht nahe kommen, er hat dich bewacht wie einen Edelstein. Ich habe dich beobachtet. Nach einer Weile war ich anderer Ansicht. Du wirst niemals sprechen. Der Junge macht sich zum Narren, wenn er das glaubt. Du bist ein Mädchen; Mädchen schreien, wenn man ihnen wehtut. Sie weinen, wenn sie traurig sind. Mädchen ertragen es nicht, Tage und Monde und Jahre zu verbringen, ohne auch nur einmal zu quieken. Du wirst ohne einen Laut brennen. Und es wird mir ungeheure Freude machen, das Feuer zu entzünden, meine Liebe. Ein Schlag ins Gesicht von Colum. Er wird vielleicht nicht für deine Rückkehr zahlen; das kann ich verstehen. Aber er wird nicht mögen, was ich ihm übermittle, wie seine Tochter durch ein ganz besonderes Feuer umgekommen ist. Diese Geschichte wird ihn nachts nicht schlafen lassen.«
    Erwartungsvoll rieb er sich die Hände. »Ja, es ist alles wieder gut geworden«, sagte er. »Es gibt eigentlich nur noch einen losen Faden. Anders als bei deiner Arbeit, meine Liebe, die ziemlich elend aussieht; konzentrierst du dich wirklich auf das, was du da tust? Aber vielleicht ist das gleich. Du wirst verbrennen und deine jämmerlichen Hemden ebenfalls. Spindel, Spinnroggen, Webrahmen und Tuch. Kleid, Haar, Haut, Nägel. Erst langsam und dann schneller und heißer, während die Flammen um dich toben und sich nach drinnen arbeiten. Bis dein Mann zurückkommt, wird von dir keine Spur mehr in Harrowfield geblieben sein. Du wirst verschwunden sein, vertilgt. Er wird die Bruchstücke seines Lebens wieder auflesen und weitermachen. Menschen vergessen. Sie vergessen schnell. Elaine wird ihn rasch dazu bringen. Sie ist ein fähiges Mädchen. Sie wird sich hier um alles kümmern, und was mich angeht …«
    Er warf einen Blick zum Fenster hinauf.
    »Es wird spät. Zeit für einen Schluck Wein und vielleicht ein Kotelett oder zwei – um diese Zeit werde ich immer hungrig.« Er stand auf und reckte sich. »Ich muss gehen, meine Liebe. Es war nett, mit dir zu reden. Du hast mich länger aufgehalten, als ich dachte. Nun, morgen ist auch noch ein Tag. Sei bereit, wenn sie dich abholen. Ich habe mit dem Mann des Bischofs über dich gesprochen; das Verfahren wird wahrscheinlich den ganzen Tag dauern, und er will früh anfangen.«
    Noch eine Nacht, dachte ich mit klopfendem Herzen. Nur noch eine Nacht, und dann würde mein Schicksal entschieden. Ich musste stark sein, ich durfte nicht ans Feuer und an den Tod denken. Ich dachte an Richards Worte. Gut, dass er so sehr mit sich selbst beschäftigt war. Hätte er mich während seiner erstaunlichen Geschichte näher beobachtet, dann hätte er meinem Gesicht mehr ansehen können, als ich ihn wissen lassen wollte. Den Rest des Tages und den größten Teil der Nacht dachte ich über die Dinge nach, die er mir erzählt hatte. Der Onkel des Roten, verbündet mit einem Häuptling meines eigenen Volkes – mit einem Mann, den mein Vater als Freund betrachtet hatte. Das konnte ich mir vorstellen. Es ging ihnen allen nur um die Macht. Das hier war nur ein weiteres Spiel. Lady Oonagh hatte damit zu tun; auch das musste der Wahrheit entsprechen, denn ich hatte

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