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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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spüren, seine Stimme zu hören, diese leise, beherrschte Stimme, hinter der er seine Gefühle so gut verbarg. Es wird alles gut, Jenny. Es wird alles gut. Ich ging meiner Arbeit nach, und ganz gleich, wie sehr ich mich anstrengte, ich fragte mich jeden Augenblick davon, wo er wohl war und was er gerade tat. Ich stellte ihn mir in der Halle von Harrowfield vor, wie er die Streitigkeiten in seinem Haushalt schlichtete, ernst zuhörte und dann ein weises Urteil abgab. Ich dachte daran, wie er und Ben im Winter Kämpfen übten. Am nächsten Tag reparierten sie vielleicht ein Dach oder bauten eine Mauer oder brachen das Eis auf den Wasserfässern. Die Kätner von Harrowfield würden keinen Hunger leiden oder bei Husten und anderen Krankheiten unbehandelt bleiben. Ich hatte Margery nicht Lebewohl gesagt. Das war ein Grund, traurig zu sein. Vielleicht würde Johnny inzwischen seine ersten Schritte machen. Das würde ich nicht sehen. Ich musste akzeptieren, dass ich den Roten nie wieder sehen würde. Ich sollte ihn loslassen und einen neuen Weg einschlagen. Aber ebenso wie Diarmid stellte ich fest, dass das nicht ging.
    Es heißt, Zeit heilt alle Wunden, und solche Gefühle verblassen nach und nach. Mir ging es nicht so. Tagsüber erschöpfte ich mich mit Arbeit, aber sein Bild stand mir immer vor Augen. Nachts schlief ich wenig, und wenn ich das tat, träumte ich davon, was ich verloren hatte. Meine Brüder rissen Witze darüber, taten es als alberne Liebe eines jungen Mädchens ab, etwas, aus dem ich bald herauswachsen würde. Trotz allem betrachteten sie mich als kaum mehr als ein Kind, und sie erwarteten, dass ich an meinen alten Platz in Sevenwaters zurückkehrte, als wäre nichts geschehen. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass ich einen Briten wirklich lieben konnte, dass ich mein Herz einem Mann schenken konnte, in dessen Haus ich beinahe umgekommen wäre. Es hatte keinen Sinn, ihnen das erklären zu wollen. Nur Finbar hatte verstanden, wie tief meine Verbindung mit dem Roten war.
    ***
    Vater sprach nicht viel. Er saß gern in meinem kleinen Garten, ganz gleich, wie das Wetter war. Wenn es nur sanft regnete, breitete er einen alten Sack über Kopf und Schultern und machte sich nichts daraus. Wenn es kalt war, wickelte er sich in einen Umhang. Wenn ich nicht im Dorf zu tun hatte, versuchte ich möglichst, in seiner Nähe zu arbeiten, ich grub, jätete, säuberte, während meine kleinen Helferinnen es mir nachtaten.
    Häufig fand ich auch Finbar dort im Garten, eine bleiche, schweigende Gestalt mit immer noch abgehärmtem Gesicht; in seinen Augen stand ein Wissen, das über menschliches Verständnis hinaus ging. Seit jener letzten Nacht in Harrowfield schirmte er seine Gedanken vor mir ab und benutzte die innere Stimme nicht mehr, um mit mir zu sprechen. Ich hatte allerdings das Gefühl, dass er auf diese Weise mit Vater sprach.
    Vielleicht antwortete Vater ihm auf dieselbe Weise. Ich erinnerte mich daran, was Vater Brien uns vor langer Zeit gesagt hatte – dass die Uralten Colum in ihre Reihen aufgenommen hätten, hätte er sich bereit erklärt, ihre geheimen Künste zu lernen. Aber Colum hatte damals schon Niamh gesehen, mit ihrem dunklen, lockigen Haar und ihrer Haut wie frische Milch und ihren großen grünen Augen, und er hatte sein Herz verloren. Danach gab es nur noch einen Weg für ihn. Und daher hatte man Conor an seiner Stelle erwählt. Vater Brien hatte von Liebe gesprochen und von Menschen unseres Schlages. Was hatte er noch gesagt? Du kennst sie noch nicht, diese Liebe, die zuschlägt wie ein Blitz, die dein Herz umklammert, so unwiderruflich wie der Tod; so dass sie der Leitstern wird, nach dem du den Rest deines Lebens ausrichtest  … es liegt in eurer Art, auf diese Weise zu lieben.
    Nun hatte ich schmerzlich erfahren, wie es war, so zu lieben, wie mein Vater meine Mutter geliebt hatte. Ich verstand, dass Finbar versuchte, seinen Vater wieder zu sich selbst zurückzubringen, zurück an einen Ort, wo er diese Welt berühren konnte, ohne von seinem Schuldbewusstsein, seinem Bedauern, seiner Qual zerstört zu werden. Also saßen sie dort schweigend, und ich war ganz in ihrer Nähe und schnitt Lavendel und Rosmarin und versagte vollkommen dabei, die Sehnsucht meines eigenen Herzens zu unterdrücken.
    Es wurde kalt und kälter. Der Regen hörte auf, es folgten klare, helle Tage und Nächte tiefen Frosts. Die letzten Blätter fielen von Eschen und Birken, von den großen Eichen, deren weit ausgedehnte

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