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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Kammer rasch wieder verlassen. Noch während er überlegte, ob er in die Halle zurückkehren oder Marie suchen und mit ihr sprechen sollte, sah er mit einem Mal Gressingen vor sich stehen. Sofort trat er auf ihn zu und legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Ich habe mit Euch zu sprechen, Junker Georg, und zwar an einem Ort, an dem keine fremden Ohren zuhören können.«
    Der Klang seiner Stimme ließ Gressingen sein Heil in der Flucht suchen.
    Michel hielt ihn jedoch scheinbar mühelos fest. »Ihr kommt jetzt mit mir!«
    Er schob Gressingen auf eine enge Wendeltreppe zu, die in den hinteren Teil des Burghofs führte. Von da aus ging es durch eine Pforte in den Garten der Burg. Dort, so hoffte Michel, würde sich um diese Zeit niemand aufhalten.
    Gressingen spürte Michels unbeugsamen Willen und verfluchte sich, weil er sich nicht von Fuchsheim ferngehalten hatte. Dann aber sagte er sich, dass er Michel Adler noch immer Sand in die Augen streuen und eine Verlobung oder gar Heirat mit dessenTochter bis zum Sankt Nimmerleinstag hinausschieben konnte.
    Diese Überlegung machte es ihm möglich, ein verbindliches Lächeln aufzusetzen, und er deutete eine Verbeugung an. »Wie Ihr wünscht, Kibitzstein. Ich wollte Euch sowieso an einem der nächsten Tage aufsuchen.«
    Michel sah seinem Gegenüber an, dass der Mann log, und es tat ihm in der Seele weh, seine Tochter an einen solch unwürdigen Burschen zu verlieren. Doch er hielt es für seine Pflicht, Trudis Ehre zu retten.
    Wie er erwartet hatte, befand sich niemand im Garten. An den meisten Stellen gab es nur noch blanke Erde, wo vorher Kohlköpfe, Rettiche und anderes Gemüse gestanden hatten. Alles war abgeerntet worden, um die Gäste zu verköstigen.
    Weder Michel noch Gressingen merkten, dass Pratzendorfer ihnen gefolgt war. Der Prälat stand nun im Schatten der gemauerten Pforte und lauschte.
    Gressingen beschloss, sich mit Frechheit zu retten. »Was soll das Ganze, Kibitzstein? Ihr tut so, als wolltet Ihr mir Geheimnisse anvertrauen, die niemand anderes wissen darf.«
    »So kann man es nennen. Wisst Ihr, Gressingen, ich würde Euch einen Schurken nennen, wenn es nicht um meine Tochter ginge.«
    »Ein Schurke? Das ist ein hartes Wort! Ihr werdet mir dafür geradestehen müssen.«
    Michels Griff wurde härter. »Zuerst wirst du mir geradestehen müssen, Bürschchen! Trudi hat mir gebeichtet, was zwischen dir und ihr im Fuchsheimer Wald vorgefallen ist. Ich lasse nicht zu, dass du meine Tochter zur Hure machst und sie danach fortwirfst wie einen alten Handschuh!«
    Michels Stimme hatte jeden verbindlichen Klang verloren.
    Gressingen überlegte verzweifelt, wie er sich aus dieser Klemme winden konnte. Leugnen half nichts mehr, denn jede Hebammekonnte bezeugen, dass Trudi keine Jungfrau mehr war. Da er erst nach dem Mittagsmahl eingetroffen war, war ihm entgangen, dass Trudi mit dem Markgrafen Albrecht Achilles in einem Bett geschlafen und dabei nach Ansicht der übrigen Gäste ihre Jungfernschaft verloren hatte. Er sah nur den erzürnten Vater vor sich, der ihn für den Schänder seiner Tochter hielt, und wusste, dass er an einem Scheideweg angekommen war. Wenn er alles abstritt, hatte er eine Fehde am Hals, die nur sein oder Adlers Tod beenden würde. Doch ebenso wenig konnte er die Tat zugeben und das Mädchen heiraten. Selbst wenn der Fürstbischof und Pratzendorfer auf dieses Spiel eingehen und die Ehe später annullieren würden, so würde ihm in dem Augenblick, in dem er Trudi in ein Kloster steckte, bei allen Nachbarn der Ruf eines üblen Schurken und Mitgiftjägers anhaften. Die Ablehnung selbst derer, die jetzt zu Würzburg standen, wäre ihm dann ebenso gewiss wie der Hass und die Rachegelüste der Freunde des Kibitzsteiners.
    Ich muss Zeit gewinnen, dachte er und suchte nach einer passenden Antwort.
    Doch da sprach Michel bereits weiter. »Meine Tochter ist auf diesem Fest von Albrecht Achilles, dem Markgrafen von Brandenburg-Ansbach, zur Ehrenjungfrau erwählt worden. Wie du weißt, schließt dies auch Dinge mit ein, die nicht gerade jungfräulich sind. Doch damit wirst du wohl leben können. Nun wirst du mit mir in die Halle zurückkehren, und dort werden wir beide deine Verlobung mit Trudi bekanntgeben. In zwei Monaten wird geheiratet. Bis dorthin wird wohl klar sein, ob euer erster Sohn am Hof des Markgrafen erzogen wird oder bei euch bleiben kann.«
    Gressingen schwirrte der Kopf. Trudi war die Bettgespielin des Brandenburgers geworden. Damit war sie

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