Die Tochter der Wanderhure
weniger hastig zu atmen.
Unterdessen hatte die wuchtig gebaute Elgard von Rendisheim die Tür des Brautgemachs geöffnet, blieb aber auf der Schwelle stehen und beäugte alles mit kritischem Blick. Dadurch lenkte sie die Aufmerksamkeit von Trudi ab, der es jetzt gelang, Bona mit einem Lächeln zu signalisieren, dass sie ihren Auftrag ausgeführt hatte.
Marie verlor allmählich die Geduld mit Frau Elgard, die die Tür nicht freigeben wollte, und das Gemurmel ihrer Begleiterinnen verriet, dass es ihnen genauso erging. »Wärt Ihr vielleicht so gütig, einzutreten? Die Herren werden bald den Bräutigam bringen. Ihr wollt doch nicht, dass sie uns noch hier auf dem Flur antreffen?«
Schließlich schob Hertha von Steinsfeld Frau Elgard durch die Tür. »Macht Platz! Andere wollen auch hinein.« Dann trat sie selbst ein und zog Bona hinter sich her.
Die Braut sah in ihrem grasgrünen Kleid mit den rosa Unterröcken und dem zu langen Flechten zusammengedrehten Haar, das sie an diesem Tag zum letzten Mal offen tragen würde, sehr jung und verletzlich aus, und sie wirkte so, als würde sie jeden Augenblick davonlaufen wollen.
Hardwins Mutter stieß die Zögernde auf das Bett zu. »Zier dich nicht so! Auch wenn du nicht weißt, wie es gehen soll – Herr Moritz weiß es gewiss.«
»Er hat ja auch schon oft genug für Nachwuchs gesorgt!«, warf eine andere Frau kichernd ein.
»Ich weiß nicht, was er sich denkt, so ein junges Ding zu heiraten.
Eine stramme Witwe hätte ihm wirklich reichen sollen«, giftete Elgard von Rendisheim.
Einige lachten, denn sie begriffen, wen die Frau mit einer strammen Witwe gemeint hatte.
»Vielleicht ist sie Herrn Moritz ein wenig zu stramm«, raunte Trudi ihrer Mutter ins Ohr.
Um Maries Mundwinkel zuckte es. Sie wusste nicht genau, wie eng verwandt Mertelsbach mit dieser Frau war, doch für eine genügend hohe Spende drückten die Vertreter der heiligen Kirche gewöhnlich das eine oder andere Auge zu. Moritz von Mertelsbach hatte diesen Weg wahrscheinlich vor allem deshalb nicht eingeschlagen, weil er sich eine Anwartschaft auf das Erbe von Fuchsheim sichern wollte, denn Bona war Ritter Ludolfs bisher einziges Kind. Allerdings hatte dieser erklärt, ebenfalls noch einmal heiraten zu wollen.
Unterdessen neckten die anderen Frauen Bona und erklärten ihr, wie tief ihr Bräutigam gleich in sie eindringen würde. Die Länge, die sie dabei mit ihren Händen andeuteten, hätte einen Hengst beschämen können. Bona wusste durch ihre Erfahrung mit Junker Hardwin genau, wie ein Mann an dieser Stelle beschaffen war, täuschte aber Entsetzen vor. »Bei Gott, er wird mich umbringen. Das kann keine Frau ertragen!«
»Macht sie nicht noch ängstlicher, als sie bereits ist«, wies Marie die Frauen zurecht und wandte sich dann Bona zu.
»Gott hat in seiner Güte gerichtet, dass alles richtig zusammenpasst. Es wird vielleicht zu Beginn ein wenig schmerzen, doch das vergeht bald, und in Zukunft wirst du dich freuen, wenn dein Mann zu dir kommt.«
»Bei einem jungen schmucken Ritter würde sie sich gewiss mehr freuen als bei diesem halben Tattergreis, der ihr Großvater sein könnte.« Die Sprecherin hatte einen Stall voller überständiger Töchter zu Hause, und alle wussten, dass sie diese Mertelsbach ohne Erfolg angedient hatte.
Die anderen Frauen achteten nicht auf diese boshaften Worte, sondern starrten Bona an, die nun entkleidet wurde. Die Braut hatte eine gute Figur, nicht zu zierlich und nicht zu stramm, und würde ihren Mann im Bett entzücken können. Nur am Bauch war sie vielleicht einen Hauch zu füllig.
Marie, die Bona ebenfalls musterte, erschrak, als sie deren Bäuchlein sah, aber sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. Offensichtlich hatte Bona nicht nur ihr Kränzchen verloren, sondern sich auch noch schwängern lassen. Das war eine Sache, die man nicht auf die leichte Schulter nehmen durfte. Auch wenn Mertelsbach selbst nicht so genau darauf achten mochte, wann Bona ihm das erste Kind gebar, würden andere es tun. Marie ärgerte sich nun über ihre Tochter, weil diese sich anscheinend von Bona hatte überreden lassen, ihr zu helfen. Wenn das herauskam, würde es auch Trudis Ruf schaden.
»Macht jetzt! Ich höre die Herren schon kommen«, trieb sie die Frauen an.
Ein paar von ihnen strichen Bona noch über den Bauch, die Scham und den Busen und murmelten dabei uralte Segenssprüche, die seit Generationen in ihren Familien weitergegeben worden waren, dann schlug Trudi das
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