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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Prälaten forschend an. »Sagt mir, wer Eure Freunde sind und wo ich sie treffen kann.«
    Auf seinem Gesicht mischte sich die Angst vor Entdeckung mit der Gier nach einer reichen Belohnung. Je mehr Meilen er zwischen sich und den Toten bringen konnte, umso weniger hatte er zu befürchten.
    Der Prälat legte ihm die Hand auf die Schulter und flüsterte ihm ein paar Worte ins Ohr. Gressingen atmete auf. An dem Ort würde er in Sicherheit sein, und allein der Name seines neuen Auftraggebers verhieß ihm eine glänzende Zukunft.
    »Du solltest jetzt gehen, mein Sohn. Reite, so schnell du kannst. Sollten Freunde nach dir fragen, werde ich dich bei ihnen entschuldigen.«
    Dieser Rat kam Gressingens Wünschen entgegen. Er bat den Prälaten, ihn zu segnen und noch einmal von seinen Sünden freizusprechen. Dieser schlug das Kreuz über ihm, murmelte eine lateinische Formel und wies dann auf einen Pfad, der über den hinteren Zwinger zu den Ställen führte. Obwohl der Kirchenmann erst seit kurzer Zeit in der Burg weilte, hatte er sich bereits umgesehen und wusste, wie man unbemerkt von einem Teil in den anderen kommen konnte.
    Gressingen lief hastig zu dem gewiesenen Tor, sattelte sein Pferd und führte es so vorsichtig aus der Burg, dass ihn nur ein paarübermüdete Knechte bemerkten, die froh waren, in Ruhe gelassen zu werden, und seine Anwesenheit sofort wieder vergaßen.
    Auch Pratzendorfer kehrte dem Gemüsegarten den Rücken und stieg die enge, altmodisch steile Wendeltreppe empor. Dabei übersah er den Knecht, der die Küche verlassen hatte, um nachzusehen, ob im Garten nicht doch noch etwas Gemüse oder Kraut zu finden war, das zur Verköstigung der Gäste taugte.

VIERTER TEIL
     
Aufbruch

1.
    M arie hätte Trudi am liebsten ein paar kräftige Ohrfeigen verpasst, denn das Mädchen benahm sich einfach schamlos. Es trank viel zu viel und lachte dabei so laut, dass seine Stimme den Geräuschpegel im Saal übertönte. Anscheinend war es ihrer Tochter zu Kopf gestiegen, dass Markgraf Albrecht Achilles ihr seine Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Marie konnte nicht wissen, dass Trudi nur deswegen trank, um Albrecht Achilles dazu zu bewegen, es ihr gleichzutun, damit er auch an diesem Abend nicht in der Lage wäre, das zu tun, wonach ihm der Sinn stand. Außerdem war sie enttäuscht, weil Georg von Gressingen noch immer nicht gekommen war, und machte sich Sorgen um ihn.
    Marie kehrte ihrer Tochter verärgert den Rücken zu und hielt Ausschau nach Michel, den sie seit dem Augenblick, in dem das Brautpaar in seine Kammer gebracht worden war, nicht mehr gesehen hatte.
    Ein Stück von ihr entfernt hockten Otto von Henneberg, der ihrem Mann offen Rache angedroht hatte, und neben ihm der Söldner Eichenloh, ein äußerst widerwärtiger Mensch, wie ihr von einigen Seiten zugetragen worden war. Auch dieser Mann hatte Michel und Trudi bedroht, und beim Anblick der beiden beschlich sie ein ungutes Gefühl. Doch das wurde sogleich wieder von dem Ärger über ihre Tochter verdrängt.
    Marie hatte sich auf die Hochzeitsfeier gefreut, nicht nur wegen der Gespräche mit den Nachbarn, sondern auch, weil es die erste längere Reise seit vielen Wochen war. Wegen ihrer Verletzung hatte sie die Burg kaum verlassen können, und wenn, dann hatte sie es nur bis zum Ziegenhof geschafft. Nun aber bedauerte sie es, nach Fuchsheim gekommen zu sein und Trudi mitgebracht zu haben. Beim Anblick ihrer Tochter fragte sie sich, was sie und Michel bei der Erziehung ihrer Ältesten falsch gemacht hatten. Trudi wirkte wie ein oberflächliches Ding, das sich vonSchein und Tand beeindrucken ließ. Wahrscheinlich hätte es der einen oder anderen Tracht Prügel bedurft, um ihr die gebotene Achtung und Sittsamkeit beizubringen, doch Michel hatte seine Erstgeborene ständig in Schutz genommen. Aus diesem Grund beschloss Marie, sich in Zukunft nicht mehr von ihrem Mann daran hindern zu lassen, Trudi am Zügel zu nehmen.
    In ihrem düsteren Sinnieren und immer wieder durch ihre Pflichten als stellvertretende Hausfrau abgelenkt, bemerkte Marie nicht den vor Aufregung zitternden Knecht, der auf ihren Gastgeber zutrat und auf ihn einredete. Ludolf von Fuchsheim schüttelte ein paarmal ungläubig den Kopf, stand dann aber auf und entschuldigte sich bei Markgraf Albrecht Achilles mit dem Hinweis auf unaufschiebbare Pflichten.
    Als der Fuchsheimer nach einer Weile zurückkehrte, war sein Gesicht so bleich, als habe er sein Todesurteil empfangen.
    »Verzeiht, Euer Hoheit,

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