Die Tochter der Wanderhure
sprechen und sie vor den Fuchsheimer und Kibitzsteiner Ränken zu warnen. Ich werde dabei fallenlassen, dass dir an einer Heirat mit einer reichen Erbin gelegen sei.«
Der Elan des Onkels überraschte Gressingen ebenso wie dessen Pläne, denn er hatte erwartet, Albach würde die Freiheit, die ihre Sippe sich in den letzten Generationen errungen hatte, zäh verteidigen. Doch wenn er in Würzburger Diensten noch höher aufsteigen konnte, war es verständlich, dass er zum Bischof hielt. Er selbst besaß ebenfalls eine Burg, die einst dem Hochstift gehört hatte, aber seit Jahrzehnten wie eine freie Reichsherrschaft geführt worden war. Wenn der neue Fürstbischof seine ehrgeizigen Pläne weiterverfolgte, würde auch er sich für oder gegen Würzburg entscheiden müssen. Sein Onkel hatte diese Wahl bereits getroffen und schien damit zufrieden zu sein.
Dieser Gedanke gab für Junker Georg den Ausschlag, denn er wollte sich nicht gegen seine Familie stellen, indem er ein Mädchen heiratete, dessen Vater ein Feind des Bischofs war und überdies keiner mächtigen Sippe angehörte. Da war es besser, auf die Unterstützung seines Onkels zu hoffen. Gressingen dachte kurzdaran, dass Maximilian von Albach bis jetzt keinen Finger für ihn gerührt hatte. Das würde er nun tun müssen, wenn er den Fürstbischof nicht gegen seine Sippe aufbringen wollte. Damit aber stand für ihn eine Braut in Aussicht, die nicht nur Geld in die Ehe mitbringen, sondern ihm auch die Verbindung zu einer einflussreichen Familie ermöglichen würde.
Zwar hatte er Trudi bei seiner Ehre geschworen, bei Michel Adler um sie anzuhalten, aber das wusste ja niemand außer ihm und ihr. Sie würde schon um ihres eigenen Rufes willen verschweigen müssen, was an diesem Tag geschehen war. Und doch ging ihm die Szene nicht aus dem Sinn, in der er vor ihr gekniet und einen Eid geleistet hatte, der ihn auf Ehre band, sie zu heiraten. Der Eid eines Ritters war heilig, und wenn er ihn brach, konnte ihm dies viele Jahre im Fegefeuer einbringen. Außerdem war das Mädchen wirklich schön, und er würde, wenn er mit einer anderen Frau im Ehebett lag, immer an Trudi denken müssen. Plötzlich beschlichen ihn Zweifel, und er fragte sich, ob der Zorn Gottfried Schenks zu Limpurg auf ihren Vater wirklich so groß war, wie sein Onkel es ihm weismachen wollte. Doch dann schüttelte er mit einem ärgerlichen Laut den Kopf. Sein Onkel hatte ihn gewiss nicht umsonst gewarnt. Außerdem war Trudi von obskurer Abkunft, die selbst der Adelstitel, der ihrem Vater verliehen worden war, nicht überdecken konnte. Vor allem um die Mutter rankten sich allerlei Gerüchte, die sie in keinem guten Licht erscheinen ließen, und der Vater habe nach langen Dienstjahren als bürgerlicher Söldner nur durch einen glücklichen Zufall das Wohlgefallen Kaiser Sigismunds errungen.
Nein, da war es besser, dem Onkel zu willfahren. Um seine eigene Seligkeit durfte ihm da nicht bange sein. Irgendwann würde er einen Priester finden, der ihn gegen eine gewisse Buße davon freisprach, sagte er sich und verdrängte Trudi aus seinen Gedanken. Unterdessen stieg Albach auf sein Pferd, das ein Stallknecht zu ihm geführt hatte. Gressingen nahm sein Tier ebenfalls in Empfangund schwang sich mit dem Gefühl in den Sattel, gerade vor einem schweren Fehler bewahrt worden zu sein. Als er und sein Onkel die Burg im flotten Trab verließen, war er dennoch froh, unterwegs nicht auf Trudi zu treffen. Um seine Gedanken von ihr zu lösen, lenkte er seinen Hengst neben Albachs Pferd. »Ich bin gespannt, über welche Erbinnen Herr Gottfried seine Hand hält. Je reicher eine ist, umso lieber wäre sie mir.«
Albach nickte wohlwollend, weil sein Neffe genug Verstand bewies, um zu erkennen, wo seine Vorteile lagen. »Ich werde schon dafür sorgen, dass du nur die Beste bekommst!«
9.
T rudi und Bona hatten sich gemeinsam auf den Rückweg gemacht, wechselten aber kein Wort mehr miteinander, sondern hingen ihren Gedanken nach. Während Trudis Überlegungen eher mit freudiger Erwartung erfüllt waren, sah Bona der Ehe mit einem beinahe dreimal so alten Mann mit noch größerem Schauder entgegen. Sie konnte für ihren Zukünftigen weder Freundschaft noch Zuneigung, geschweige denn Liebe empfinden und beneidete Trudi, die die Werbung eines stattlichen jungen Ritters erwarten durfte. Den beiden Reitern am Horizont schenkte keine von ihnen Beachtung.
Schließlich blieb Bona ein Stück zurück, denn sie konnte Trudis
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