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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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morgen früh einen Weg finden, an so viel Geld zu kommen, dass wir unsere Pferde auslösen können. Dieses Schwein von einem Wirt dürfte sie nicht freiwillig herausrücken, solange wir die Zeche nicht bezahlt haben.«
    »Dabei hat es in der Spelunke nur Bauernpampe gegeben, und schlafen mussten wir in einem elenden Loch. Dem gierigen Hund würde ich am liebsten den roten Hahn auf das Dach setzen«, giftete der Kleinere der beiden. Doch er wusste selbst, dass er nicht so weit gehen durfte, denn nach einer solchen Tat würden er und sein Freund von allen Vögten im größeren Umkreis gejagt werden. Es gab sicherere Möglichkeiten, sich an dem unverschämten Wirt zu rächen. Bei dem Gedanken streichelte er mit einer zärtlichen Geste seinen Dolch.

6.
    A m nächsten Morgen streiften etliche fragende Blicke die kleine Reisegesellschaft, die sich in der Herberge eingemietet hatte, ohne etwas zu verzehren. Auf das Frühstück konnte Trudi nicht verzichten, doch sie ließ sich und ihren Begleitern nur Haferbrei und Bier servieren.
    Uta quollen beim Anblick der Bratwürste, die einem Herrn aufgetischt wurden, beinahe die Augen aus dem Kopf, und sie hätte am liebsten hinübergegriffen und eine Wurst stibitzt. Die Erinnerung an einen Dieb, der ebenfalls nur einen Mundraub begangen hatte und dessen Bestrafung sie in Volkach miterlebt hatte, brachte sie jedoch dazu, dem Mann und seinen Würsten den Rücken zuzukehren. Mit aufgeschlitzten Ohren wollte sie wirklich nicht herumlaufen, noch schrecklicher war die Vorstellung, zur Stadt hinausgepeitscht zu werden. Sie verstand nicht, warum ihre Herrin nicht ihrem Rang gemäß auftrat, sondern ihr treues Gesinde so leiden ließ, und warf ihr einen anklagenden Blick zu.
    Trudi nahm Utas Verärgerung kaum wahr. Das Gesicht über den Napf gebeugt, löffelte sie den Brei und sah kein einziges Mal auf. Sie schämte sich, weil sie am Vorabend billiges Essen in die Herbergehatte schmuggeln lassen, und noch mehr wegen des schlichten Frühstücks, das höchstens einer Bäuerin angemessen war, aber keiner Adler auf Kibitzstein. Zudem fragte sie sich verzweifelt, wie es weitergehen sollte. Der Mönch war nicht wieder aufgetaucht, und so nahm sie an, dass er niemanden gefunden hatte, der sie zu König Friedrich bringen konnte. Das bedeutete für sie, allen Gefahren der Landstraße zum Trotz nur mit Uta und Lampert weiterreisen zu müssen. Vorher aber würde sie noch eine weitere Demütigung hinnehmen müssen, denn sie konnte dem Gesinde des Wirts wie auch der Wirtin nicht das Trinkgeld geben, das diese von ihr erwarteten.
    Bisher war sie nur in Begleitung des Vaters oder der Mutter gereist und hatte sich nicht darum gekümmert, was alles kostete oder wie man mit Wirtsleuten und ihrem Personal umging. Das rächte sich nun, und ihre Fahrt drohte in einer Katastrophe zu enden. Trudi spürte wie die Tränen in ihr hochsteigen wollten, und sie musste mühsam an sich halten, um nicht loszuheulen wie ein kleines Mädchen. Wie durch einen Schleier sah sie die Wirtin auf sich zukommen und auf zwei Männer deuten, die eben eingetreten waren.
    »Die Herren wollen Euch sprechen!« Der Tonfall der Wirtsfrau verriet, was sie von adligen Damen hielt, die mit kleinem Gefolge reisten und ihr kaum etwas zu verdienen gaben.
    Trudi verspürte einen Stich im Magen und wäre am liebsten davongelaufen. Nur die Nachricht, dass zwei Männer sie suchten, hielt sie aufrecht. Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und konnte nun die Neuankömmlinge erkennen. Es handelte sich um Krieger, auch wenn sie nicht auf Anhieb sagen konnte, ob sie einfache Söldner oder Edelleute waren. Der Größere von beiden trug einen Helm mit Halbvisier und hatte sich statt einer Rüstung eine schwere Brustplatte umgeschnallt. Seine Beine steckten in eisernen Schienen, wobei der linke Fuß zusätzlich von einem altmodischen, spitz zulaufenden Eisenschuh geschütztwurde, während der rechte sich mit einem Lederschuh begnügen musste.
    Sein Kamerad war etwas besser gerüstet und besaß sogar Panzerhandschuhe, doch seine Wehr schien aus alten, abgelegten Rüstungen zusammengestellt worden zu sein. Beide Männer trugen lange Schlachtschwerter an der Seite und sahen so aus, als wüssten sie damit umzugehen.
    »Gott zum Gruße, Jungfer Hiltrud!«, sagte der Lange.
    Trudi brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, dass er sie mit dieser Anrede meinte, denn sie war zeit ihres Lebens nur Trudi genannt worden, um Verwechslungen mit ihrer

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