Die Tochter der Wanderhure
Damit wurde es umso wichtiger, dieses Graz so bald wie möglich zu erreichen. Er schwor sich, alles zu tun, was in seiner Macht stand, und dazu gehörte auch das Besorgen von billigen Lebensmitteln.
Lampert löste die Pferde aus, stellte sie im Stall der Gastwirtschaft unter und kehrte kurz darauf mit einer unterarmlangen Blutwurst und einem Laib Brot zurück, die er unter seinem Umhang versteckt hielt. Auf dem Weg zum Zimmer seiner Herrin suchte er Uta und forderte sie auf, mit ihm zu kommen. Da ihre Kleidung trocken genug war, schlüpfte die Magd in ihre Sachen und beeilte sich sogar, da sie annahm, Trudi benötige ihre Hilfe, um sich für das Abendessen zurechtzumachen.
Als sie jedoch entdeckte, dass ihre Herrin und Lampert sich eine Blutwurst und trockenes Brot teilten und dieses frugale Mahl mit säuerlich schmeckendem Bier hinunterspülten, zog sie eine Schnute.
»Was soll denn das?«
»Sei still! Siehst du nicht, dass wir essen? Komm, setz dich zu uns.« Trudi schnitt ein Stück Blutwurst und etwas Brot ab und hielt es Uta hin. Diese schüttelte nur den Kopf über ihre Herrin. Unten in der Wirtsstube gab es ausgesuchte Köstlichkeiten, wie sie nicht einmal die Köchin auf Kibitzstein auf den Tisch bringen konnte, und da mochte sie sich nicht mit bäuerlicher Blutwurst und Gerstenbrot begnügen.
»Wollen wir nicht lieber hinuntergehen?«, fragte sie.
»Halt den Mund und setz dich!« Lampert wies auf den Schemel, der noch frei war, weil Trudi auf dem Bett Platz genommen hatte. Er selbst saß im Schneidersitz auf dem Boden.
»Wir können uns aber auch Speisen heraufbringen lassen, und ein paar weitere Schemel dazu«, drängte Uta.
»Davon will ich nichts mehr hören. Iss jetzt!« Trudis Stimme klang scharf genug, um die Magd zusammenzucken zu lassen. Seufzend sagte Uta all den leckeren Dingen ade, auf die sie sich so gefreut hatte, und nahm das Stück bröckelige Blutwurst entgegen, das Trudi ihr hinhielt. Während sie hineinbiss, fragte sie sich, was sie verbrochen hatte, um all das mitmachen zu müssen. Unten in der Gaststube warteten unterdessen zwei abgerissene Ritter vergeblich auf Trudis Erscheinen. Dabei beobachteten sie, wie ein Knecht und zwei Mägde einen köstlich gebratenen Kapaun, eine Schweinshaxe und einen großen Krug Wein hinaustrugen, die ein Gast auf sein Zimmer bestellt hatte, und stießen sich grinsend an.
»Das ist sicher für die Jungfer aus Franken. Arm scheint sie nicht zu sein«, erklärte der Lange und fuhr sich mit der Zunge begehrlich über die Lippen.
»Das kann uns nur recht sein, mein Guter!« Sein um einen Kopf kleinerer, aber wuchtiger wirkender Freund rieb sich zufrieden die Hände.
»Sollen wir uns gleich der Jungfer vorstellen? Dann wird sie unsgewiss zum Essen einladen.« Der Lange wollte schon aufstehen und zur Tür gehen, doch sein Freund fasste ihn am Ärmel und zog ihn zurück.
»Soll sie uns für aufdringlich halten? Wir werden sie morgen früh mit gezierten Worten begrüßen und ihr erklären, dieser Mönch, von dem die Magd gesprochen hat, habe uns zu ihr geschickt.«
»Aber was ist, wenn der Kuttenträger wirklich jemanden findet, der die Jungfer nach Graz bringen will?«, wandte der Lange ein. Sein Kamerad lachte. »Um die Jahreszeit? In den Bergen liegt bereits Schnee, und da schaut jeder zu, dass er zu Hause bleibt. Außerdem gibt es in diesem elenden Nest außer uns keinen Ritter, der in der Lage wäre, so eine beschwerliche Reise anzutreten und dabei ein Jüngferlein zu beschützen. Die Einzigen, die es hätten tun können, waren die Söldner, denen wir uns hatten anschließen wollen. Aber so, wie der aufgeblasene Anführer uns abgefertigt hat, wären wir bei denen wohl kaum auf unsere Kosten gekommen. Dabei sah dieser Eichenloh nicht so aus, als habe er mehr als einen Heller im Beutel.«
»Wenn ich dem Kerl noch mal begegne, stecke ich ihm für seine Beleidigungen sechs Zoll Stahl zwischen die Rippen! Aber nun bin ich froh, dass er uns nicht mitgenommen hat. Der Dienst bei der Jungfer wird uns gewiss mehr einbringen, als wenn wir uns für irgendeinen großkotzigen Fürsten die Knochen kaputt schlagen lassen würden.« Der Lange nickte, als müsse er seine eigenen Worte bestätigen, und musterte seinen Freund.
»Ich glaube, es ist wirklich besser, die Jungfer bekommt uns erst morgen zu Gesicht. So, wie wir jetzt aussehen, könnte sie einen schlechten Eindruck von uns gewinnen. Wir müssen in voller Wehr vor sie treten. Außerdem sollten wir bis
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