Die Tochter der Wanderhure
Patentante, der Ziegenbäuerin, zu vermeiden. Nur einige wenige, die die Verhältnisse auf Kibitzstein nicht so gut kannten, hatten sie mit Hiltrud angesprochen, doch seit jener Zeit schien für Trudis Gefühl ein ganzes Menschenleben vergangen zu sein.
»Auch Euch Gottes Gruß!«, sagte Trudi, in der Hoffnung, der freundliche Mönch habe ihr die Männer geschickt.
Der Lange verbeugte sich etwas unbeholfen und entblößte sein Gebiss zu einer Art Lächeln. »Erlaubt, hohe Dame, dass wir uns vorstellen. Mein Freund hier ist Ritter Frodewin von Stammberg, und ich nenne mich mit Fug und Recht Melchior von Hohenwiesen und bin ebenfalls von ritterlichem Stand.«
Das Schicksal muss diesen beiden Edelleuten übel mitgespielt haben, dachte Trudi und wusste nicht, ob sie Mitleid haben oder Misstrauen hegen sollte. Sie beschloss, sich nicht von dem Aussehen der Männer beeinflussen zu lassen, sondern sie anzuhören. Immerhin konnten sie genauso wie Georg von Gressingen schuldlos in diese Lage geraten sein. Der Gedanke an ihren Geliebten ließ sie freundlicher antworten, als sie es sonst getan hätte.
»Ich bin Trudi Adler, Tochter des Reichsritters Michel Adler auf Kibitzstein, und reise nach Graz zu unserem guten König Friedrich«, stellte sie sich vor.
Der Lange nickte so eifrig, dass es aussah, als könne ihm der Helm samt Kopf abfallen. »Das haben wir schon vernommen. Uns hat nämlich Bruder… äh, Martin, ja, Bruder Martin gebeten, Euch zum König zu geleiten. Wisst Ihr, wir haben nämlich den gleichen Weg. Wir wollen zum König reisen, um ihm unsere Dienste anzubieten. Eigentlich hatten wir geplant, uns hier mit Freunden zu treffen und gemeinsam weiterzureiten, aber durch einen unglücklichen Umstand sind wir zu spät gekommen und haben sie verpasst. Daher müssen wir den Weg allein antreten, und da ist es angenehmer, in Gesellschaft zu reisen.« Melchior von Hohenwiesen betrachtete dabei Trudi und deren Magd mit Wohlgefallen, denn beide waren recht hübsch und auch nicht auf den Mund gefallen, und das versprach einen angenehmen Ritt.
Trudi war so erleichtert, nicht allein weiterreisen zu müssen, dass ihr die aufkeimende Gier in seinen Augen entging. Am liebsten hätte sie die beiden Ritter vor Freude umarmt, begnügte sich aber damit, ihnen freundlich zuzulächeln. Die Tatsache, dass die Männer selbst zu König Friedrich wollten, enthob sie etlicher Sorgen, denn sie würde den beiden wohl nur geringen Sold geben müssen und konnte das restliche Geld für die Weiterreise aufteilen. Natürlich würde sie für die Mahlzeiten ihrer neuen Begleiter aufkommen müssen und ihnen auch den einen oder anderen Becher Wein spendieren. Um zu erfahren, wie stark sie haushalten musste, wandte sie sich an Melchior von Hohenwiesen.
»Wie lange wird es dauern, bis wir Graz erreicht haben?«
»Knapp zehn Tage«, antwortete der Ritter zu ihrer Erleichterung.
Trudi teilte ihre Barschaft im Geiste in zehn Teile auf, sagte sich dann aber, dass sie auch mit unvorhergesehenen Aufenthalten rechnen musste, und richtete sich auf ein Dutzend Reisetage ein.
»Ich bin sehr froh, mich Euch anschließen zu dürfen. Wenn es Euch recht ist, will ich noch heute aufbrechen.«
Frodewin von Stammberg nickte eifrig. »Sehr gerne, denn wir waren schon im Begriff, auf unsere Pferde zu steigen, als Bruder …, wie hieß er gleich wieder?«
»Markus«, half der Lange ihm aus.
»Also, wir wollten uns schon in die Sättel schwingen und losreiten, als der Mönch uns ansprach und uns gebeten hat, uns Eurer anzunehmen.«
Aufatmend straffte Trudi die Schultern und stieß Lampert an.
»Hol unsere Sachen und sorge dafür, dass die Pferde gesattelt werden. Uta hilft dir dabei. Ich bezahle unterdessen die Wirtin!«
»So soll es uns recht sein«, lachte Frodewin von Stammberg und zwinkerte seinem Kameraden zu.
Als Trudi auf die Wirtin zutrat, um die Rechnung zu begleichen, versuchten beide, einen Blick in die Börse des Mädchens zu werfen. Sie hatte jedoch von ihren Eltern gelernt, dass man niemals zeigen sollte, wie viel Geld man bei sich hat, und schirmte ihr Beutelchen geschickt mit den Händen ab. Froh über die glückliche Wendung, die ihre Reise eben genommen hatte, geizte sie nicht mit Trinkgeld, und die Wirtin, die noch eben in der Küche bissige Worte über diese Reisende verloren hatte, verneigte sich nun so devot, als sähe sie die Herzogin von Niederbayern vor sich.
Die beiden Ritter bemerkten diese Geste und grinsten einander zu. »Mit
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