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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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aus, da der Reisemarschall einer Dame von Stand sich besser ausdrücken können musste als er.
    Aus diesem Grund war seine Wahl auf Hardwin von Steinsfeld gefallen. Der Bursche wirkte zwar nervös wie eine Braut vor der Hochzeitsnacht, doch Junker Peter hoffte, er würde die nötige Übersicht behalten. Er griff nach der Hand des jungen Mannes und hielt sie fest. »Ihr wisst, was Ihr zu tun habt?«
    Hardwin nickte mit bleichen Lippen.
    »Dann ist es gut. Wir warten hier, bis sich im Westen die Abenddämmerung ankündet. Dann reitet Ihr los. Was auch geschehen mag – denkt immer daran, dass wir Euch folgen und im Notfall heraushauen werden.«
    Eichenloh hoffte, dass es nicht dazu kommen würde. Von ihrem Führer hatte er erfahren, dass sich kaum mehr als zehn oder zwölf Leute in der Burg aufhalten sollten. Ein paar davon würden Knechte sein, die nicht für den Kampf ausgebildet waren. Aber auch dann, wenn die Besatzung etwas größer sein sollte, traute er seinen Männern zu, das Tor lange genug zu halten. Trudi selbst sollte jedoch nicht in Gefahr geraten. Daher schärfte er ihr erneut ein, dass sie, sobald der Kampf am Tor begann, ihre Stute zu wenden und zurückzureiten hätte.
    »Passt aber auf, dass Ihr uns dabei nicht in die Füße geratet! Wir müssen sehr schnell sein, wenn wir unseren Freunden zu Hilfe eilen wollen«, ermahnte er sie und streichelte dabei den Knauf seines Schwerts.
    Seine Handflächen schwitzten, und er fühlte sich so unruhig wie noch selten in seinem Leben. Mit einem unwilligen Brummen riss er sich die Handschuhe herunter und genoss eine Weile den scharfen Biss der Kälte. Als die Sonne im Westen die Berggipfel zu berühren schien, nickte er Steinsfeld zu. »Jetzt könnt Ihr aufbrechen. Gebt aber auf die Jungfer acht. Wir erwerben uns wenig Ruhm, wenn wir die Burg gewinnen, sie aber zu Schaden kommt.«
    »Ihr tut so, als könnte ich nicht selbst auf mich aufpassen. Aber da habt Ihr Euch getäuscht!« Trudi maß ihn mit einem – wie sie hoffte – vernichtenden Blick und winkte ihren Begleitern, ihr zu folgen.
    Eichenloh widerstand nur mit Mühe dem Wunsch, sie zurückzuholen, übers Knie zu legen und ihre nackte Kehrseite mit Schnee zu polieren. »Wenn sie etwas falsch macht, bringe ich sie um!«, murmelte er und wandte sein Gesicht ab, als wolle er seine übrigen Männer mustern. Doch ein paar Augenblicke später blickte er auf ihre langsam kleiner werdende Gestalt.
    Neben ihm schüttelte Quirin sich. »Wenn mir nach unserer ersten Begegnung mit der Jungfer in Dettelbach jemand erklärt hätte, sie würde einmal mit uns reiten und unsere Feinde für uns täuschen, hätte ich ihn für verrückt erklärt.«
    »Halt den Mund!«, fuhr Eichenloh ihn an.
    Quirin legte den Kopf schief und fragte sich, was in seinen Anführer gefahren sein mochte. Dann nahm er den Blick wahr, mit dem Junker Peter Trudi nachstarrte, und musste sich das Lachen verkneifen. Anscheinend ging das Interesse seines Hauptmanns an diesem Frauenzimmer tiefer, als Eichenloh es selbst begriffen hatte. Trudi Adler war zwar eine arge Beißzange, aber auch ein ausnehmend hübsches Mädchen. Zu Junker Peter passte nach Quirins Ansicht auch kein weiches, nachgiebiges Ding, das ihn bereits nach ein paar Tagen langweilen würde. Er benötigte eine Frau, die in der Lage war, auch einmal zurückzuschlagen.
    Quirin schnaubte bei dem Gedanken und tadelte sich selbst. »Was für ein Blödsinn! Die Kleine hält ihn doch für den Mann, der ihren Vater umgebracht hat, und hilft uns nur, weil sie beim König gut dastehen will.«
    »Was hast du gesagt?«, wollte Eichenloh wissen, der das Brummen seines Stellvertreters vernommen, aber nicht verstanden hatte.
    Quirin wurde rot wie eine ehrpusselige Jungfer bei einem obszönen Witz. »Ich habe nur mit mir selbst geschimpft. Mir passt es nicht, dass wir von einem kleinen Mädchen abhängig sind. Wenn Trudi Adlerin einen Fehler macht, brauchen wir uns beim König nicht mehr sehen zu lassen.«
    »Die Einwände hättest du vorbringen müssen, als noch Zeit dazu war. Nun ist es zu spät! Komm jetzt! Die Gruppe hat den Bergsporn erreicht und wird bald vor der Burg stehen. Wir dürfen unsere Leute nicht zu lange warten lassen. Wer weiß, wie hitzig die Unterhaltung dort werden wird.«

6.
    H inter dem ersten Bergsporn tauchte ein zweiter, noch höherer auf. Dieser fiel auf drei Seiten so stark ab, dass es auch bei besseren Verhältnissen kaum möglich war, diese Hänge zu erklimmen. Nur an der

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