Die Tochter der Wanderhure
Gesetz bedroht haben. Beide Male habt Ihr Euch der anderen Seite angeschlossen und dieser trotz schlechter Vorbedingungen zum Sieg verholfen. Nein, Eichenloh, auf Euer Wort würde ich eine Burg bauen lassen – und sie würde nicht zusammenfallen. Von Gressingen sind mir jedoch Dinge zugetragen worden, die mir nicht gefallen.« Für Augenblicke ballte der König die Faust und hätte damit beinahe auf die Tischplatte geschlagen. Er tat es dann doch nicht, sondern blickte Eichenloh nachdenklich an.
»In Würzburg besitzt derzeit ein Mann großen Einfluss, von dem Herr Gottfried Schenk zu Limpurg sich besser trennen sollte. Ich nehme an, dass dieser Mann nicht ganz unschuldig daran ist, dass Otto von Henneberg und Georg von Gressingen den Weg hierher angetreten haben.«
Eichenloh rieb sich über die Augenbrauen. »Ihr meint Pratzendorfer! Mit dem habe ich auch noch ein Huhn zu rupfen. Der Kerl hat sich auf Fuchsheim alle Mühe gegeben, mich als Michel Adlers Mörder hinzustellen. Dabei habe ich nur versucht, zu Otto von Hennebergs Gunsten einzugreifen. Der wäre in seinem volltrunkenen Zustand nun wirklich kein Gegner für einen Mann wie den Herrn auf Kibitzstein gewesen.«
»Auf jeden Fall schürt der Mann geschickt die dort schwelenden Fehden und macht sich dabei den Ehrgeiz des Würzburger Bischofs zunutze. Pratzendorfer ist gefährlich – und ganz bestimmt nicht mein Freund.« Friedrichs Tonfall klang so gleichmütig, als rede er über das Wetter, doch seine Miene war besorgt.
Franken war zwar ein ganzes Stück weg von Graz, doch Veränderungen im dortigen Machtgefüge würden sich auch im Rest des Reiches bemerkbar machen und möglicherweise den Auftakt zu einer Reihe kleinerer Kriege bilden. Wenn der Würzburger mit schlechtem Beispiel voranging und Erfolg hatte, würden auchandere aufstrebende Landesherren versuchen, ihre kleineren Nachbarn zu unterwerfen.
»Pratzendorfer dürfte wohl auch hinter der Bedrohung der Reichsherrschaft Kibitzstein durch den Würzburger Bischof stecken!« Eichenloh wollte Trudi damit einen Ball zuwerfen, den sie nur noch auffangen musste. Doch anstatt zu reden, tat das Mädchen so, als ginge es dies alles nichts an.
Der König stieß ein bitteres Lachen aus. »Nach außen hin hält Pratzendorfer sich zwar aus dieser Sache heraus, doch ich bin mir sicher, dass er hinter Magnus von Henneberg steht. Es heißt, Graf Magnus strebe mit aller Macht danach, sich an Kibitzstein zu rächen, weil sein Bruder dort nicht nur sein schmuckes Aussehen verloren, sondern auch seinen Ruf beschädigt hat.« Ein kurzer Blick des Königs streifte Trudi, die mit gesenktem Kopf auf die Tischplatte starrte.
Spätestens in diesem Augenblick hätte sie begreifen können, dass dem König die Verhältnisse im Reich bei weitem nicht so gleichgültig waren, wie es den Anschein hatte, und dass er erstaunlich gut informiert war. Doch ihre Gedanken galten der geplanten Flucht und der Hoffnung, Hilfe von anderer Seite zu erhalten, statt auf diesen gekrönten Bedenkenträger zu setzen, wie Junker Georg ihn nannte.
Eichenloh ließ sich durch Friedrichs Haltung ebenfalls in die Irre führen und sah ihn empört an. »Ihr wisst, dass Magnus von Henneberg das Reichslehen Kibitzstein bedroht. Dennoch wollt Ihr seinen Bruder freilassen, so dass dieser ihm dabei helfen kann?«
Er klang so, als würde er seinen früheren Freund am liebsten in den tiefsten Kerker stecken, den es in Friedrichs Machtbereich gab.
Der König blickte ihn verwundert an, lächelte dann aber und lobte die gefüllten Wachteln, die eben aufgetischt worden waren.
Eichenloh verschmähte die Delikatesse und setzte zu einem weiteren Vorwurf an. Das mahnende Räuspern des Zeremonienmeisters aber brachte ihn dazu, den Mund zu halten, anstatt dem König ins Gesicht zu sagen, wie er über die Angelegenheit dachte.
Da Friedrich III. nun das Thema wechselte, kamen sie auch nicht wieder auf die Situation in Franken zu sprechen. Stattdessen warf Eichenloh Trudi wütende Blicke zu, weil sie die Gelegenheit nicht genutzt hatte. Aber sie behandelte ihn auch während des restlichen Mahles, als bestände er aus Luft.
5.
G ressingen nahm ebenfalls an dem Mahl teil, musste aber am untersten Ende der Tafel sitzen. Während er aß, stand einer der Wächter, die sich sonst vor seinem Zimmer ablösten, hinter ihm und ließ ihn nicht aus den Augen. Kaum hatte der König die Tafel aufgehoben, wurde Gressingen wieder in seine Kammer geführt. Als er hörte, wie
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