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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Geschöpf, das die größte Freude daran hat, andere Leute zu beschimpfen und zu beleidigen. Wäre sie meine Tochter, ich würde ihr jeden Tag das Fell gerben, bis sie um Gnade fleht.«
    »Da würde dir eher der Arm abfallen. Trudi ist nämlich eine besonders harte Nuss. Die beißt sich eher die Zunge ab, als jemanden, den sie nicht mag, um Gnade zu bitten.« Hardwinmachte das Gespräch zunehmend Spaß. Er selbst kannte eine ganz andere Trudi, als Junker Peter sie darstellte. Sie mochte impulsiv sein, aber boshaft oder gar bösartig war sie gewiss nicht, sondern im Gegenteil sehr hilfsbereit, und wenn sie wollte, konnte sie auch liebenswürdig sein. Das brachte ihn auf einen anderen Gedanken.
    »Eines ist eigenartig. Man sieht sie so selten. Ich bin ihr heute noch kein einziges Mal begegnet.«
    »Ha! Das ist kein Wunder. Meist ist das Weibsbild in Gressingens Kammer zu finden! Der König hätte den Kerl längst auf eine andere Burg schaffen lassen sollen. Es tut dem Ruf des Mädchens nicht gut, wenn es andauernd bei ihm hockt.«
    Das ist es also!, fuhr es Hardwin durch den Kopf. Sein Freund Eichenloh war eifersüchtig auf Gressingen. »Trudis Ruf wird durch die Anwesenheit ihrer Magd geschützt. In deren Gegenwart wird Gressingen sich kaum zu ungebührlichen Dingen hinreißen lassen. Uta mag ihn nicht und würde es dem Haushofmeister melden, wenn Junker Georg sich schlecht benähme. Was der König dazu sagen würde, kannst du dir denken.«
    »Friedrich sollte Gressingen in den Kerker seiner elendsten Burg werfen lassen und das Mädchen zur Reinigung seiner Seele in das nächste Kloster stopfen.«
    Peter klang sehr überzeugend, dachte Hardwin und ertappte sich dabei, dass er Gressingen ebenfalls eine schärfere Haft wünschte. Dabei war Junker Georg einmal sein Freund gewesen. Doch seit jenem Nachmittag im Fuchsheimer Wald waren seine Bewunderung und seine freundschaftlichen Gefühle für den anderen wie ausgelöscht. Mit dem Gedanken kehrte die Erinnerung an sein Beisammensein mit Bona zurück, die mit diesem unsäglichen Mertelsbach verheiratet war. Bei der Vorstellung, dass dieses wunderbare Mädchen nun die Umarmungen eines schmutzigen Greises ertragen musste, fühlte er sich beinahe ebenso elend wie sein Freund.
    »Komm, trinken wir! Dann vergessen wir die Weiber«, stieß er seufzend aus und schenkte sich und Eichenloh nach.

3.
    D as Fehlen einer Königin und des dazugehörigen Hofstaats machte es Trudi schwer, sich in Graz einzuleben. Friedrich zählte zwar fast dreißig Jahre, war aber immer noch unvermählt, und daher trafen nur selten weibliche Gäste ein. Bei den wenigen handelte es sich um die Ehefrauen von Würdenträgern, die das Mädchen aus Franken zwar neugierig musterten, aber die Burg zu schnell wieder verließen, als dass Trudi eine engere Bekanntschaft mit ihnen hätte schließen können. Daher fehlten ihr ein geneigtes Ohr, dem sie ihr Anliegen hätte mitteilen können, und ein Mund, der ihre Bitten an den König weitertragen konnte. Sie selbst bekam Friedrich nur noch selten zu Gesicht, und ihn anzusprechen, wurde ihr von den Höflingen und dem steifen Zeremoniell verwehrt. An manchen Tagen kämpfte sie mit dem Gefühl, der König habe sie längst vergessen oder ihr Begehr als lästig abgetan. Dann wieder klammerte sie sich an die Hoffnung, er würde ihre Sache noch immer überdenken und könne jeden Tag zu einer Entscheidung kommen, die ihr und ihrer Familie nützlich sei.
    Ähnlich wie Eichenloh hatte sie zu viel Zeit zum Grübeln, aber sie suchte ihr Heil nicht im Wein, sondern in ihrer Liebe zu Gressingen. Ihm zu Gefallen sammelte sie alles Wissen über die Burg, die Menschen darin und den König selbst. Dabei wurde ihr klar, dass sie Gressingens Flucht nicht ohne die Hilfe ihrer Magd und ihres Knechts bewerkstelligen konnte. Allerdings musste sie zumindest bei Uta sehr geschickt vorgehen, denn diese würde sie wohl bei dem geringsten Verdacht verraten. Mit Lampert war das anders. Der Knecht hing mit all seiner Treue anihr und nahm es ihr auch nicht übel, dass der Haushofmeister des Königs ihn nicht im Palas hatte dulden wollen, sondern zu den Stallknechten gesteckt hatte.
    Gerade diese Anordnung konnte sich nun als Vorteil erweisen, dachte Trudi, als sie sich wieder einmal auf den Weg zu Gressingens Kammer machte.
    Uta klebte wie ein Schatten an ihr, als sie den Raum betrat. Da sie nicht für den Junker nähen wollte, hatte sie sich etliche Laken geben lassen, die einer flinken Nadel

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