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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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weiterreisen wolle.Ihrem Gesichtsausdruck nach schien dieser Zeitpunkt kurz bevorzustehen. Lampert war deshalb nicht traurig, denn die einheimischen Knechte lasteten ihm stets die unangenehmsten Arbeiten auf.
    »Komm mit! Ich muss irgendwo mit dir sprechen, wo uns niemand hören kann!«
    Er wies auf Wirbelwind, die die Ankunft ihrer Herrin ebenfalls bemerkt hatte und nun ihren Hals reckte, weil sie hoffte, ein Rübenstück oder eine andere Leckerei zu bekommen. Da es auf das Ende des Winters zuging, leerten sich die Vorratskeller, und der Stallmeister ließ das Zusatzfutter für die Pferde sehr knapp bemessen.
    Trudi bemerkte den sehnsüchtigen Blick ihrer Stute und bedauerte es, nichts bei sich zu haben. Da drückte Lampert ihr ein Stückchen Rübe in die Hand, das er selbst an die Stute hatte verfüttern wollen.
    »Habt Ihr Befehle für mich?«, fragte er dabei beiläufig.
    Trudi sah, dass sich die übrigen Knechte auf der gegenüberliegenden Seite befanden und offensichtlich nur daran dachten, bald mit ihrer Arbeit fertig zu werden.
    Leise sagte sie: »Ich benötige heute Abend, kurz nach Sonnenuntergang, zwei gesattelte Pferde, zum einen Wirbelwind, zum Zweiten den schnellsten Hengst, der hier im Stall zu finden ist.«
    Lampert begriff sofort. »Ihr wollt mit Gressingen fliehen!«
    »Sei still! Oder willst du, dass jemand uns hört und die Flucht verhindert?«
    »Nein, aber …« Der Knecht seufzte und wies mit dem Kinn auf einen kräftigen Braunen. »Es würde auffallen, wenn ich einen Hengst des Königs oder seines engeren Gefolges sattle. Also wird es Eichenlohs Gaul sein müssen. Er ist vielleicht nicht das schnellste, aber gewiss das ausdauerndste Schlachtross in diesem Stall.«
    Im ersten Augenblick wollte Trudi ablehnen, um sich ihrem Lebensretter gegenüber nicht als undankbar zu erweisen. Dann aber dachte sie daran, wie oft sie sich über Eichenloh geärgert hatte, und gönnte ihm diesen Streich. Sie kicherte bei dem Gedanken, wurde jedoch rasch wieder ernst und nickte Lampert zu.
    »Tu das! Sieh aber zu, dass man dich nicht verdächtigt, uns geholfen zu haben. Du und Uta, ihr kommt nach. Ihr findet uns entweder in Linz oder in Innsbruck. Den Weg dorthin werdet ihr schon finden. Hier, das Geld ist für euch. Es wird hoffentlich reichen.« Trudi drückte Lampert den Beutel mit ihren restlichen Münzen in die Hand und lächelte ihm aufmunternd zu.
    »Keine Sorge, es wird schon alles gutgehen. Ich muss mich allerdings auf dich verlassen können.«
    »Das könnt Ihr, Herrin!« Lampert hätte sich lieber den Arm abschlagen lassen, als Trudi zu enttäuschen. Seine Gedanken rasten jedoch. In seinen Augen war es naiv, zu denken, man würde ihn nicht mit Trudis und Gressingens Flucht in Verbindung bringen. Eichenloh würde die richtigen Schlüsse ziehen, ihn verhaften und verhören lassen. So verwegen, zu glauben, er könne der Folter widerstehen, war Lampert nicht. Doch wenn er eingesperrt oder gar hingerichtet würde, hatte Uta niemanden mehr, der sich um sie kümmern konnte. Die Magd mochte ein schwatzhaftes Ding sein, und er ärgerte sich immer wieder über sie, dennoch hatte sie es nicht verdient, allein in der Fremde zurückgelassen zu werden. Daher würde er, wenn die Stallarbeit getan war und die Knechte beim Essen saßen, vier Pferde satteln, zwei für die Herrin und Gressingen sowie die beiden, auf denen Uta und er hierhergeritten waren. Zwar würden die beiden Gäule nicht mit den anderen mithalten können, aber wenn er es geschickt anfing, würden auch Uta und er den Verfolgern entgehen.
    Lampert nickte noch einmal, als müsse er seinen eigenen Entschluss bekräftigen. Trudi glaubte, alles gesagt zu haben, und klopfte ihm auf die Schulter. Dann drehte sie sich um und ging.
    Der Knecht sah ihr nach und schüttelte den Kopf. Diese Flucht war ein ebenso verrückter Gedanke von seiner Herrin wie die Reise hierher. Doch er hatte keine andere Wahl, als ihr zu gehorchen und schlimmstenfalls mit ihr zusammen bis zu den Pforten der Hölle zu reisen. Blieb er hier zurück, würde er, falls man ihn überhaupt in der Burg duldete, weiterhin so ein Hundeleben führen wie in den letzten Wochen.
    Wie zur Bestätigung seiner Überlegung kam einer der Untergebenen des Stallmeisters auf ihn zu und blaffte ihn an. »Mach, dass du an die Arbeit kommst! Es reicht, dass wir eure Gäule umsonst durchfüttern müssen! Weitere nutzlose Fresser werden hier nicht geduldet.«
    Diese Beleidigung ließ Lampert den Abend

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