Die Tochter der Wanderhure
dankbar sein.«
… und der Bischof mir, setzte Pratzendorfer insgeheim hinzu. Es wäre nicht auszudenken gewesen, wenn der Markt Dettelbach in die Hand eines Gegners des Bistums geraten wäre. Wohl war der Kibitzsteiner zu unbedeutend, um selbst gefährlich zu werden, doch er hätte den Ort an Albrecht Achilles von Brandenburg-Ansbach weiterverpfänden oder verkaufen können. Diese Gefahr war nun gebannt.
Der Prälat betrachtete den Kranken, der vor Erschöpfung von seinem Hocker geglitten war, mit wachsbleichem Gesicht vor ihm kniete und dabei versuchte, sich unauffällig an einem Bettpfosten festzuhalten. »Du hast deine Pflicht getan. Lege dich nun wieder hin!«
Keuchend vor Schwäche zog Hans von Dettelbach sich am Rand seiner Bettstatt hoch und kroch zwischen die Laken, ohne dass Pratzendorfer eine Hand ausstreckte, um ihm zu helfen. Er wartete regungslos, bis der Kranke ihm das Gesicht zuwandte, zeichnete das Kreuz in die Luft und verließ den Raum mit einem frommen Gruß.
Hans von Dettelbach starrte noch eine Weile auf die Tür, die sich hinter dem Prälaten geschlossen hatte, und fragte sich, ob er richtig gehandelt hatte. Nicht lange, dann versank er in einen ruhigen Schlummer und sah in seinen Träumen den Würzburger Bischof vor dem Altar stehen und die Totenmesse für ihn lesen. Als sie endete, stiegen der heilige Kilian und die heilige Barbara vom Himmel herab, nahmen seine Seele in Empfang und wiesen ihr den Weg ins Paradies.
Unterdessen saß Michel in der halbfertigen Sakristei von St. Augustinus dem Beichtvater des Ritters gegenüber und handelteden Pfandvertrag für das Dorf Erlbach aus, ohne zu ahnen, dass diese Abmachung nicht einmal mehr das Papier wert war, auf das sie geschrieben wurde.
Cyprian Pratzendorfer verließ Dettelbach noch am selben Tag, um nach Würzburg zurückzukehren. In seinem Gepäck befand sich der Kontrakt, der Gottfried Schenk zu Limpurg zum neuen Herrn von Dettelbach machen würde. Zufrieden lächelnd stellte er fest, dass er etwas erreicht hatte, an dem die Emissäre des Fürstbischofs bisher gescheitert waren. Hans von Dettelbach hatte sich ihnen gegenüber hartleibig gezeigt, doch der Autorität des Papstes, in dessen Namen er auftrat, hatte der Mann sich gebeugt.
Der Erbvertrag, der Dettelbach dem Fürstbistum zuschlug, war nicht der erste Dienst, den Pratzendorfer Gottfried Schenk zu Limpurg geleistet hatte, wohl aber der bedeutendste, und diese Tat würde dafür sorgen, dass er beim Fürstbischof in Zukunft stets ein geneigtes Ohr finden würde. Damit war der Weg bereitet, auf dem er seine eigenen Pläne verfolgen konnte, und die waren nicht im fernen Rom geschmiedet worden, sondern auf einer kleinen Burg in Österreich.
6.
K lara von Monheim mochte die Kibitzsteiner verachten, doch sie war keine Närrin und vermied alles, was den Zwist entflammen konnte. Nachdem es ihr nicht auf Anhieb gelungen war, ihre Gegner in die Schranken zu verweisen, spielte sie auf Zeit. Der Druck, den der Fürstbischof von Würzburg auf die kleinen Burgherren in diesem Teil Frankens ausübte, würde auch ihr zum Vorteil gereichen. Da sie den Zorn über die Niederlage nicht an den Kibitzsteinern auslassen konnte, rächte sie sich an ihrer Vorgängerin.
Die verstorbene Äbtissin wurde nicht so feierlich zu Grabe getragen, wie sie es in ihrem Letzten Willen bestimmt hatte, und erhielt auch nicht den prunkvollen Sarkophag mit ihrem steinernen Abbild, welchen sie in ihrem Testament eingehend beschrieben hatte. Stattdessen wurde sie mit einer schlichten Zeremonie in einer abgelegenen Ecke des Friedhofs in die Erde gesenkt. Kein hochstehender Gast geleitete sie zur ewigen Ruhe, und es gab auch keinen Leichenschmaus.
Einige der Stiftsdamen murrten, doch ihr Protest stieß bei ihrer neuen Oberin auf taube Ohren. Klara von Monheim verargte es der Toten, dass diese mehr als ein Viertel des Stiftslands an die Kibitzsteiner verpfändet und das dafür erhaltene Geld an ihre Familie weitergeleitet hatte. Damit hatte die Frau dem Stift geschadet und jeden Anspruch auf Achtung verspielt.
Am liebsten hätte Klara von Monheim auch den jungen Henneberger mit Verachtung gestraft und ihn aus dem Stift gewiesen. Damit aber hätte sie Magnus von Henneberg verärgert, der in Würzburg großen Einfluss besaß. Also musste sie versuchen, aus der Entstellung ihres gräflichen Vogts Kapital zu schlagen. Da seine Wunde gewiss das Mitleid der Burgherren ringsum erregen würde, bestand sie darauf, dass er sie
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