Die Tochter der Wanderhure
Ihr ihnen Grund gebt, die Waffen zu ziehen. Doch ein Streit oder gar eine bewaffnete Auseinandersetzung an dieser Stelle ist den Plänen des hochwürdigsten Herrn Bischof nicht zuträglich.«
Cyprian Pratzendorfer strahlte eine Autorität aus, der sich Magnus von Henneberg nicht entziehen konnte. Daher kämpfte er seinen verletzten Stolz nieder und folgte dem Kirchenmann zu einigen Herren, die für den Fürstbischof Burgen und Ortschaften verwalteten. Die Ministerialen begrüßten Graf Magnus erfreut. Die Anwesenheit eines so hochrangigen Gefolgsmannes des Fürstbischofs versprach ihnen eine gewisse Sicherheit in einer Umgebung, die immer mehr von den Gegnern des Fürstbischofs dominiert wurde.
8.
T rudi und ihre Schwestern hatten nicht mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen wie Elisabeth von Henneberg, denn man machte ihnen sofort Platz, und es eilten genug Knechte herbei, die ihnen von den Pferden halfen.
Die vielen Menschen und der Lärm, der in der Burg herrschte, schüchterten Lisa und Hildegard so ein, dass sie sich ängstlich an die Sänfte ihrer Mutter drängten. Michel musste die beiden zur Seite ziehen, damit seine Frau aussteigen konnte. Als Marie neben ihm stand und die Gäste musterte, die sich durch ihre an diesem Tag besonders prunkvolle Kleidung von den umhereilenden Knechten unterschieden, lachte er auf. »Hier hat sich halb Franken versammelt.«
»Für meinen Geschmack haben sich zu viele Männer hier eingefunden, die in Würzburger Diensten stehen. Es würde mich nicht wundern, wenn Gottfried Schenk zu Limpurg persönlich hier erscheinen würde, um seine Ansprüche zu untermauern«, antwortete Marie mit gepresster Stimme.
»Ich würde mir sogar wünschen, dass er käme. In dieser Umgebung könnte man von Mann zu Mann mit ihm reden. Wer den hohen Herrn in seiner Residenz aufsucht, muss um Audienz ansuchen und wird zum Bittsteller degradiert.« Michel schnaufte verächtlich, winkte dann ebenfalls einen Knecht zu sich und befahl diesem, Marie und die Mädchen in den Wohnturm zu bringen.
Der Mann kannte die Kibitzsteiner von früheren Besuchen und wusste, dass sie angenehme Gäste waren, die auch einmal eine Münze springen ließen. Daher gehorchte er Michel weitaus eifriger als sein Kamerad, der Magnus von Henneberg einfach stehengelassen hatte, und sorgte dafür, dass Marie und ihre Töchter umgehend in den Palas geführt wurden und etwas zu trinken erhielten.
Da der Fuchsheimer verwitwet war, hatte eine seiner verheirateten Schwestern das Kommando im Haus übernommen. Die Frau fühlte sich ebenfalls von der Zahl der Gäste überrollt und bat Marie ohne Umschweife um Hilfe.
»Bei der Heiligen Jungfrau, das hätte ich nicht erwartet! Von diesem Fest wird man noch lange sprechen. Gebe die Himmelsmutter, dass wir uns nicht zum Gespött machen. Wisst Ihr, dass selbst Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg-Ansbach sein Erscheinen angekündigt hat? Ich weiß nicht einmal, wie man so einen hohen Herrn empfängt.«
Marie fühlte sich verpflichtet, sich der Dame anzunehmen und ihr eine Reihe von Ratschlägen zu erteilen. Ihre drei Töchter standen zunächst still daneben, doch schon bald gesellten sich einige jüngere Frauen und Mädchen zu ihnen, und es entspann sich ein lebhaftes Gespräch, das sich hauptsächlich um die farbenfroh gekleideten jungen Herren drehte.
»Wenn mein Vater hier keinen Bräutigam für mich findet, dann werde ich eine alte Jungfer«, krähte eine magere Zwölfjährige, die einem kürzlich zum Ritter geschlagenen Jüngling mit leuchtenden Augen nachblickte.
Eine bereits verheiratete Frau sah sie bekümmert an. »Hab es lieber nicht so eilig! Ich war vierzehn, als ich ins Brautbett gesteckt wurde. Es war jedes Mal ein Schrecken und eine Qual für mich, wenn mein Gemahl zu mir gekommen ist, um gewisse Dinge zu verlangen. Ich habe drei Kinder hintereinander verloren und sollte schon ins Kloster gesteckt werden, weil mein Ehemann eine neue Heirat eingehen wollte. Zu meinem Glück konnte ich dann aber den Sohn austragen, den mein Gemahl sich so sehr gewünscht hat. Seitdem behandelt er mich etwas besser.«
Ein durchaus ansehnliches Mädchen neben ihr schüttelte sich. »Ich hätte nichts dagegen, ins Kloster zu gehen. Dort würde ich mich gewiss wohler fühlen denn als Weib eines Mannes, der über mich verfügen kann wie über eine Kuh!«
Sie erhielt nur wenig Zustimmung, denn die meisten Mädchen sehnten sich nach einem eigenen Hausstand und wollten sich nicht der
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