Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
wäre auch gar nicht imstande gewesen, sie zu verstehen. Beim Geruch des Weihrauchs ging es ihr auf einmal hundeübel, und sie beneidete Albrecht von Hohenzollern, der zwar erst kurz vor der heiligen Messe erwacht war, jetzt aber frisch und munter wirkte wie ein Zeisig. Noch bevor er in seine Kleider geschlüpft war, hatte er ihr zu verstehen gegeben, dass er auch in der nächsten Nacht ihre Anwesenheit wünschte, um das nachzuholen, zu dem es diesmal nicht gekommen war. Aber Trudi war noch weniger bereit, sich für den hohen Herrn bereitzulegen, schon weil sie Junker Georg die Treue halten musste.
    Während der Markgraf, Michel und die anderen Standesherren einen Platz in der Kapelle zugewiesen bekommen hatten, galt Peter von Eichenloh nur als einfacher Söldnerhauptmann und musste der Messe auf dem Burghof folgen. Diese Zurücksetzung war ganz in seinem Sinn, denn auch er hatte viel zu tief in den Weinbecher geschaut und konnte kaum die Augen aufhalten. Sein Freund Otto von Henneberg war bei ihm geblieben und lauschte scheinbar andächtig den wohlgesetzten Worten des Predigers, die durch die Schalllöcher auf den Hof drangen.
    Junker Peter konnte kaum den Blick von seinem Freund abwenden, dessen Verletzung im Hellen weitaus entstellender wirkte.
    »Bei Gott, wieso hast du dir von diesem Miststück so einfach das Gesicht verstümmeln lassen? Du siehst einfach grässlich aus.«
    »Der Volkacher Chirurg meint, es würde sich bessern.« Ottos Stimme verriet, dass er selbst nicht daran glaubte.
    »Ich würde dich am liebsten grün und blau prügeln, damit du endlich vernünftig wirst – und das Kibitzsteiner Miststück gleich mit dazu.«
    Einer der anderen Gäste stieß einen warnenden Laut aus. »Hütet lieber Eure Zunge, Eichenloh! Seine Hoheit, der Markgraf von Brandenburg-Ansbach, hat an Jungfer Hiltrud von Kibitzstein Gefallen gefunden und die Nacht mit ihr verbracht. Wenn Ihr sie beleidigt, könntet Ihr Euch einen weiteren hohen Herrn zum Feind machen.«
    »Wenn Ihr nicht Euer Maul haltet und schleunigst verschwindet, werdet Ihr es bereuen!« Junker Peter drehte sich um und funkelte den Edelmann zornig an. Dieser wandte sich beleidigt ab und gesellte sich zu ein paar Freunden, die gerade dazugestoßen waren. Als einer ihn fragend anblickte, deutete er auf Eichenloh. »Der Kerl ist so ungehobelt wie ein Bauer, kein Wunder, dass sein Oheim nichts mehr von diesem Totschläger wissen will!«
    Zu seinem Glück drang diese Bemerkung nicht an Eichenlohs Ohren, denn im gleichen Augenblick trat Hardwin von Steinsfeld auf ihn und Otto zu. Zwar hatte seine Mutter ihn in allen Waffenfertigkeiten ausbilden lassen, doch da er noch keinen ernsthaften Kampf hatte ausfechten müssen, bewunderte er die beiden Männer, die bereits Schlachtenruhm errungen hatten, und nahm an, Graf Otto trüge das sichtbare Zeichen eines harten Kampfes. Sich selbst hätte er keine so auffällige Narbe gewünscht, doch in seinen Augen verlieh sie Henneberg eine besondere Aura.
    »Die Messe wird heute besonders gut gelesen«, sagte er, um ein Gespräch in Gang zu bringen.
    »Mag sein!«, antwortete Eichenloh einsilbig. Sein Freund bemerkte jedoch die Bewunderung des Junkers und blickte auf. »So habe ich die Messe schon lange nicht mehr gehört.«
    Hardwin wurde nun mutiger. »Tat es sehr weh, als Ihr diese Verletzung erhalten habt, edler Herr?«
    »Ottos Stolz gewiss!«, warf Junker Peter bissig ein.
    »Ach, es war gar nichts!« Otto von Henneberg warf seinem Freund einen wütenden Blick zu. Da kam ein junger Mann, der ihn für einen großen Krieger hielt, und Peter hatte nichts Besseres zu tun, als die Sache ins Lächerliche zu ziehen.
    »Er hat die Wunde beim Kampf mit den Kibitzsteinern erhalten.« Eichenloh hoffte, damit die Neugier des Jünglings befriedigt zu haben, erreichte damit aber das Gegenteil. Hardwin hatte bereits von dem Überfall auf Trudi gehört, ohne jedoch den Namen des Übeltäters zu kennen, und funkelte Graf Otto jetzt zornig an.
    »Ach, Ihr wart das!« Ein Mann, der seiner Jugendfreundin Gewalt antun hatte wollen, war in seinen Augen ein Schuft. Am liebsten hätte er Otto von Henneberg mit blanker Faust gezüchtigt, tat es aber dann doch nicht, damit es nicht hieß, er habe sich an einem Verletzten vergriffen.
    Daher strafte Hardwin Graf Otto mit Missachtung und sprach Eichenloh an. »Von Trudi Adlerin könnte ich Euch auch so manches Stück erzählen. Das ist nämlich eine ganz Wilde. Man sollte sich zum Beispiel nicht auf

Weitere Kostenlose Bücher