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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Schock.«
    Ein Schatten fiel auf ihren Tisch, und beide schauten auf.
    »Habe ich da meinen Namen gehört?« Daniel stand am Tisch, die Hände in die Taschen gesteckt, und blickte auf sie herab.
    Vor Schreck stockte Jess der Atem, einen Moment war sie zu entsetzt, um zu sprechen. Sie hatte sich erlaubt, in ihrer Wachsamkeit nachzulassen, hatte sich in Sicherheit gewiegt. Wie dumm von ihr!
    »Woher weißt du, dass ich hier bin?«
    »Ich bin dir gefolgt. Dieses ganze laute Gerede vom Flughafen. Hast du wirklich geglaubt, ich lasse mich so leicht hinters Licht führen?« Er zog einen Stuhl vom Nachbartisch heran und gab dem Kellner ein Zeichen. »Ihr seid doch alle unglaubliche Jammerlappen! Und, Rhodri, hat sie dich wieder mit Lügen zugemüllt? Mit ihren Wahnvorstellungen?« Sein Gesicht verzog sich vor Abscheu.
    Rhodri hatte sich nicht vom Fleck bewegt, lässig betrachtete er Daniel durch seine dunkle Sonnenbrille. »Das hat
nichts mit Jess’ Wahnvorstellungen zu tun, dass William gestern benebelt in einem Haus auf dem Land eingesperrt war.«
    »Aber natürlich! Jacopo hat mir ja erzählt, dass er als Häufchen Elend nach Hause gekommen ist. Jess hat ihm das Hirn mit ihrem ganzen Unsinn vernebelt, und er hat ihr geglaubt. Stand er vielleicht unter Drogen? Aber ganz bestimmt nicht, das könnt ihr untersuchen lassen. War er eingesperrt? Nein. Nach allem, was ich gehört habe«, er lächelte, »hat er sich in einer netten kleinen Pension in einer beliebten Touristengegend außerhalb von Rom einquartiert, um sich zu erholen und wahrscheinlich von Jess’ verrückten Geschichten wegzukommen. Mit dir hat sie vermutlich dasselbe Spiel getrieben und dich mit ihrem Gerede von Gespenstern und Heimsuchungen vollgelabert. Hat die schöne Eigon dir noch ein paar Zeichnungen zerkritzelt, Schätzchen?« Seine Stimme troff vor Sarkasmus.
    Jess funkelte ihn wütend an. »Ich glaube nicht, dass es Eigon war. Das warst schon du. Du hast ja Wohnungsschlüssel.«
    »Stimmt, das habe ich dir erzählt.« Er lachte herzlich, wirkte völlig unbefangen, als bereite ihm das Gespräch großes Vergnügen. »Also, Rhodri, was hat sie dir alles aufgetischt? Die neueste Episode aus ihrer großen Saga der Römerzeit?«
    Jess erstarrte. Erst vor wenigen Minuten hatte sie Rhodri erzählt, dass sie von Petrus gesegnet worden sei. Beklommen sah sie zu ihm hinüber, aber seine Miene war ausdruckslos, seine Augen hinter der Brille verborgen.
    Daniel merkte ihre Unsicherheit sofort. »Ah, ich sehe, das hat sie in der Tat. Worum ging’s diesmal? Scharenweise römische Damen, die schreiend vor Satyrn und Gladiatoren davonlaufen?« Wieder lachte er hämisch.

    »Jacopo kann William gestern Abend gar nicht gesehen haben«, sagte Rhodri schließlich beiläufig, fast unbeteiligt. Er nahm seine Brille nicht ab. »Wir haben ihn ins Krankenhaus gebracht, und ich stand daneben, als sie ihm Blut für verschiedene Untersuchungen abgenommen haben, um sicherzustellen, dass alles mit rechten Dingen zugeht.«
    Einen Moment wirkte Daniel verstört, fasste sich aber schnell wieder. »Dann wird Jacopo etwas durcheinandergebracht haben. Er ist immer so besoffen, dass ich bezweifle, ob er überhaupt viel mitkriegt.«
    Rhodri schwieg, ein leises spöttisches Lächeln spielte um seine Lippen. Er senkte den Kopf und wartete, was Daniel als Nächstes sagen würde.
    »Und? Haben sie Spuren von Rauschmitteln gefunden? Ich habe schon lange den Verdacht, dass William heimlich was nimmt.«
    Jess öffnete den Mund, um zu widersprechen, dann besann sie sich eines Besseren, folgte Rhodris Beispiel und lächelte ebenfalls.
    Daniel schaute zwischen ihnen hin und her. »Ach, ich verstehe, man hat sich auf verschwörerisches Schweigen geeinigt. Lächerlich!« Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. »Vielleicht solltet ihr wissen, dass ich nicht untätig gewesen bin. In weiser Voraussicht habe ich ein paar Leute aus Jess’ Bekanntenkreis wegen ihres Geisteszustands vorgewarnt. Ich fand es besser, wenn sie darauf gefasst sind, dass Jess aus heiterem Himmel Unsinn daherbrabbelt.« Er machte eine kurze Pause. »Als Erstes natürlich Nat. Sie war immer schon der Ansicht, dass du ein bisschen spinnst, Jess. Es hat sie überhaupt nicht überrascht, zu hören, dass du einen Nervenzusammenbruch hattest. Und es hat sie natürlich erst recht nicht überrascht, dass du glaubst, du hättest dich in mich verliebt!«

    Jess wollte auffahren, doch Rhodri hielt sie mit einer Geste zurück.

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