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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Momente des Schreckens in der Sänfte waren vergessen. »Es ist wunderbar, in diesem Haus zu sein«, sagte sie. »Hier fühle ich mich vollkommen sicher.«
     
    Jess drehte sich im Schlaf um und lächelte. In der Wohnung herrschte absolute Stille. Draußen auf dem steinernen Treppenabsatz stand Daniel und presste das Ohr an die Tür. Dann holte er einen Bund Schlüssel aus der Tasche und steckte den passenden ins Schloss. Er ließ sich mühelos drehen, aber die Tür ging trotzdem nicht auf. Daniel verzog die Lippen zu einem bitteren Grinsen. Der Riegel war vorgeschoben.
     
    In Jess’ Traum war Eigon unvermittelt älter geworden, größer, eleganter, ihr Haar war so schwarz wie der Flügel eines Raben. Sie saß in der Sonne neben ihrer Freundin Antonia.
    »Julius hofft, dass ihr zu seiner Geburtstagsfeier kommt.« Lächelnd schaute Antonia auf. Sie machte gerade mit einem
Stilus Notizen auf eine Tafel und strich immer wieder Sachen von einer langen Liste.
    »Um wen geht es ihm da vor allem? Um mich oder Julia?« Eigon lächelte wehmütig.
    »Um dich natürlich!« Antonia lachte. »Du weißt doch, dass er dich bei seinem Geburtstag dabeihaben möchte. Wirst du dich des armen Mannes denn nie erbarmen?«
    Eigon errötete. »Du weißt doch, dass es sinnlos ist.« Sie würde lieber sterben als zugeben, dass sie von Julius geträumt hatte, dass sie sich fast jeden Tag, wenn sie eigentlich Rezepturen für Heilmittel studieren sollte, bei Tagträumen ertappte, in denen sie sein schönes Gesicht, seine warmen, lachenden Augen vor sich sah. »Mama hat mir verboten, das Haus zu verlassen. Sie hat Aelius beauftragt, mich zu bewachen, damit ich mich nicht heimlich davonstehle.«
    »Und du folgst ihr immer noch wie ein Kleinkind!«, erwiderte Antonia empört. »Willst du dich auf immer und ewig wie eine Gefangene hier einsperren lassen, Eigon? Das Leben geht an dir vorbei. Von morgens bis abends wirst du von Melinus unterrichtet, und wenn du nicht gerade lernst, kümmerst du dich um die Kranken oder pflegst deinen Vater. Nie gehst du mit Julia Einkaufen oder ins Theater oder zu den Spielen. Ständig arbeitest du mit Melinus an neuen Heilmethoden, und ich weiß, dass fast jeden Morgen Menschenschlangen bei euch vor der Tür stehen, die dich konsultieren wollen. Das ist wirklich wunderbar, das ist genau das, was Gott sich von dir wünscht, aber du meine Güte, steckt wirklich überhaupt kein rebellischer Funke in dir? Ist es Melinus, der dich daran hindert, uns zu besuchen? Hat er dich irgendwie in seiner Gewalt? Oder stehst du unter einem Bann? Oder ist es wegen unseres Glaubens?« Sie funkelte ihre Freundin an.

    »Du weißt genau, dass es nichts dergleichen ist!«, fuhr Eigon auf. »Melinus achtet euren Glauben sehr. Gerade erst gestern hat er wieder deinen Großvater besucht.«
    »Und?« So leicht ließ Antonia sich nicht besänftigen. »Meinst du nicht, dass mein Bruder auch einen Besuch verdient hat? Gefällt er dir denn gar nicht?«
    Eigon lächelte und blickte verschämt zu ihrer Freundin auf. »Doch, und das weißt du auch.« Sie seufzte schwer. »Es würde einfach nie etwas daraus werden, Antonia. Es geht nicht, das weißt du genauso gut wie ich. Ich werde nie heiraten. Meine Eltern sind nicht in der Lage, mir eine Mitgift zu geben. Sie haben kein Geld. Außerdem sind wir hier Gefangene, in gewisser Hinsicht nicht besser gestellt als Sklaven. Wir müssten den Kaiser um Erlaubnis fragen, und er würde mir nie gestatten zu heiraten.«
    Sie schloss die Augen und spürte die warme Sonne auf ihren Lidern. Über dieses Thema zu sprechen fiel ihr sehr schwer. Sie war ein Mensch wie jeder andere auch, sie kannte Sehnsüchte und Träume, und alle hatten mit Julius zu tun. In der dunklen Einsamkeit ihres Schlafzimmers gab sie sich von Zeit zu Zeit ihren Tränen hin, nachdem sie in ihrer Fantasie ihrem Verlangen nachgegeben hatte, ihm in der Dunkelheit in den Garten zu folgen und das Gesicht zu heben, damit er sie küsste.
    »Großvater könnte den Senat überreden, eure Hochzeit zu genehmigen, und er würde auch keine Mitgift verlangen!« Dieses Mal war Antonia entschlossen, sich nicht von ihrem Thema ablenken zu lassen. »Und es ist Unsinn, wenn du sagst, ihr wärt Sklaven. Dein Vater ist ein König! Niemand wird euch daran hindern, wenn ihr es beide wollt. Aber vielleicht wollen deine Eltern nicht, dass du einen Christen heiratest? Hast du ihnen erzählt, dass wir Christen sind?«

    Eigon schüttelte den Kopf.
    Antonia machte

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