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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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unschuldigen Lächeln in mehrere Haushalte eingeschlichen und zu Unruhe und Aufruhr aufgestachelt.« Er verstummte abrupt, als ihm bewusst wurde, dass sein Onkel ihn aus zusammengekniffenen Augen beobachtete und dabei amüsiert lächelte.
    »Ich dachte, du hättest gesagt, sie sei ein unscheinbares Mäuschen«, bemerkte Caius süffisant.
    Titus lachte. »Die sind immer die gefährlichsten!«, sagte er im Ton des lebenserfahrenen Mannes.
    Caius nickte. »Du meinst also, wir sollten gegen diese verräterische kleine Dame und ihren Vater ermitteln?«
    Titus machte eine ausweichende Geste. »Vielleicht nicht direkt ermitteln. Ich würde mit Pomponias Haushalt anfangen. Ihr Gemahl sollte von ihren Umtrieben erfahren.«

    »Er weiß Bescheid.« Caius tupfte sich das Gesicht mit der Ecke seines Handtuchs ab.
    »Vielleicht sollte er dann etwas dagegen unternehmen und sich die Freunde seiner Gemahlin ein bisschen genauer anschauen. Es wäre seinem Ruf nicht gerade zuträglich, wenn herauskäme, dass sie nicht nur eine Christin ist, sondern sich noch dazu mit Verschwörern gemein macht. Es könnte eine gute Idee sein, die Leute in ihrem Umkreis zu überwachen.«
     
    Reglos saß Eigon da und starrte Melinus entgeistert an. »Was meinst du damit, dass Pomponia Graecina festgenommen worden ist? Wer hat sie festgenommen?«
    »Der Senat wirft ihr vor, einem fremden Aberglauben zu folgen und damit die Sicherheit von Staat und Kaiser zu gefährden.«
    Eigon blieb der Mund offen stehen. »Fremder Aberglaube!«, wiederholte sie fassungslos. »Sie ist eine Christin! Wir waren bei ihrer Taufe dabei.«
    Melinus nickte düster. »Genau.«
    »Aber warum? Und warum jetzt plötzlich? Ich weiß, viele Leute misstrauen den Christen, aber sie werden wegen ihres Glaubens nicht verfolgt, solange sie die Göttlichkeit des Kaisers nicht anzweifeln. Und zu der Frage schweigen sich die meisten einfach aus, genau wie wir anderen auch!«
    »Meiner Erinnerung nach war die Herrin Pomponia nicht unbedingt zurückhaltend mit ihren Bemerkungen über den jetzigen Kaiser, ebenso wenig wie über Claudius. Wie du weißt, hat sie ihm vorgeworfen, am Tod ihres Sohnes mitverantwortlich gewesen zu sein.«
    »Das war unvernünftig von ihr«, räumte Eigon nach einer kurzen Pause ein. »Selbst wenn sie Beweise dafür hat,
hätte sie ihren Verdacht für sich behalten sollen. So etwas wagt doch niemand über den Kaiser zu sagen.« Sie seufzte. »Aber wie auch immer - wer sollte sie verraten haben?«
    Melinus machte eine hilflose Geste. »Und wen hat derjenige noch verraten?«, fragte er besorgt.
    Eigon wusste sofort, dass er an seinen Freund Felicius und an Julius dachte. Sie spürte, wie ihr das Blut aus den Wangen wich.
    »Und was passiert jetzt mit ihr?«
    »Sie wird vor ihrem Gemahl und seiner Familie erscheinen müssen, um sich zu der Anklage zu äußern.«
    »Und was werden sie mit ihr machen?«
    Melinus zögerte kurz und sagte dann: »Ich weiß es nicht.« Warum so plötzlich, und warum jetzt? Und warum wurden die Mitglieder von Caradocs Haushalt auf einmal ganz offenkundig beobachtet? Alle, selbst die Sklaven. Besorgt musterte er Eigons Gesicht. »Sei vorsichtig, wenn du das Haus verlässt. Ich weiß, das ist nur selten der Fall, und wenn, dann immer in Begleitung. Aber trotzdem, irgendetwas stimmt hier nicht.«
    Einen Moment sah Eigon ihm in die Augen und schauderte. »Weißt du etwas Bestimmtes?«
    Melinus schüttelte den Kopf. »Mit dem Alter werden meine Sinne taub!« Jetzt lag zornige Resignation in seiner Stimme. »Ich schaue in den heiligen Teich und sehe nichts als die gekräuselte Oberfläche, ich lausche dem Wind in den Bäumen, und er spricht eine fremde Sprache, die ich nicht mehr verstehe. Ich fühle mich umgeben von Botschaften, die ich nicht lesen, und von Gefahren, die ich nicht vorhersehen kann. Da ist keine Zukunft mehr.«
    Eigon schauderte wieder. »Was soll ich tun?«
    »Ich weiß es nicht.« Seine Hilflosigkeit machte ihr Angst. »Befrage die Götter, Eigon. Hör ihnen zu. Vielleicht sprechen
sie zu dir ja deutlicher. Sprich mit deinem Vater. Er ist jetzt mehr bei Kräften, und er ist ein weiser Mann.« Fröstelnd hüllte er sich fester in seinen Umhang, verschwand im Haus und ging mit mutlos hängenden Schultern in sein Zimmer.
    Eigon sah ihm nach, und Einsamkeit überwältigte sie. Melinus war ihr Mentor, ihr Lehrer und ihr Freund. In letzter Zeit hatte er sich immer mehr von ihr zurückgezogen, und sie hatte seine Unsicherheit und seinen

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