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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Thymian zerzupft hatte, dessen graugrüne Blättchen jetzt über die Werkbank verstreut lagen. Sie ließ die Stängel fallen. »Es ist mir verboten, nach Britannien zurückzukehren.«
    Er nickte. »Es wird dich Mut kosten.«
    »Ich kenne dort niemanden.«
    »Du bist die Tochter ihres Königs.«
    »Und ihr König braucht mich noch hier.« Sie wandte sich von Petrus ab. »Ich kann nicht gehen.«
    Er lächelte. »Wenn unser Herr es von dir verlangt, wirst du gehen.« Sie spürte, wie er mit seinem Willen den ihren zu formen begann. Heftig drehte sie sich um, um ihm zu widersprechen, doch sein feierliches Lächeln hielt sie zurück. Er schüttelte den Kopf. »Mach dir keine Sorgen, Eigon. Er wird es nicht von dir verlangen, solange dein Vater dich noch braucht. Er hat uns aufgefordert, unseren Vater und unsere Mutter zu ehren.« Wieder legte er ihr eine Hand auf
den Arm, sie spürte die Kraft und Wärme seiner Berührung. Das gab ihr Mut.
    »Jess? Komm zurück.«
    Eigon drehte sich um und starrte Jess an, als hörte sie etwas in der Ferne. Jess beugte sich vor und lauschte angestrengt.
    »Rhodri ist hier.« Die Stimme war unklar, irritierend. Jess schüttelte den Kopf, um sie zu vertreiben.
    »Jetzt komm, Jess.« Eine tiefere, kräftigere Stimme. Rhodri. Die Hand auf ihrem Arm war seine, nicht Petrus’. Petrus hatte seine Hand auf Eigons Arm gelegt, nicht auf ihren. Sie schloss die Augen.
    »Wach auf, Jess. Komm schon.« Im Hintergrund hörte sie Murmeln. Carmella sagte etwas. Jess spürte die Worte an sich vorbeitreiben.
    Petrus war fort.
    Eigon hatte sich umgedreht, um ihm zu folgen, doch im Atrium blieb sie stehen. Antonia stand dort und wartete auf sie. Die jungen Frauen umarmten sich.
    Jess konnte alles mitverfolgen, auch wenn sie merkte, dass sie jetzt von außen zusah und nicht mehr Teil der Szene war, als Eigon und ihre Freundin sich hinsetzten, die Köpfe zusammenstecken, gemeinsam Tränen über Julia und den sterbenden König vergossen und sich dabei an den Händen hielten.
    Plötzlich schauten beide auf und lächelten, und Jess sah, dass Julius durch die Tür trat und auf die Mädchen zuging. Eigon lief zu ihm und ließ sich von ihm in die Arme schließen. Es war eine schlichte, brüderliche Geste des Trostes und der Unterstützung.
    »Jess!« Rhodri legte ihr die Hände auf die Schultern und schüttelte sie sanft. »Jetzt komm zurück, Mädchen. Schluss damit!«

    »Sie hat’s ihnen nicht gesagt. Sie wissen nichts von Titus!« Jess versuchte, sich gegen den Griff zu wehren. »Sie muss es ihnen sagen!«
    »Später. Das kann sie ihnen später noch sagen.« Rhodri hielt sie immer noch fest. »Jess! Jetzt reiß dich zusammen.« Dieses Mal war seine Stimme laut und herrisch. Blinzelnd schüttelte sie den Kopf. »So ist’s gut. Jetzt komm schon. Hör mir zu!«
    »Lass mich los!« Plötzlich war sie im selben Raum wie er. Sie versetzte ihm einen Schubs und befreite sich aus seinem Griff. »Untersteh dich!«
    »Jess, Rhodri ist hier, um dir zu helfen.« Carmellas Stimme klang vorwurfsvoll.
    »Das Auto mit deinem Gepäck steht vor der Tür. Wir fahren jetzt los.« Rhodri ignorierte ihre Wut völlig. »Es liegt ganz bei dir. Entweder du fährst jetzt mit mir nach Wales zurück, oder ich lade deine Sachen hier ab und fahre ohne dich. Deine Entscheidung.«
    Verwirrt starrte sie ihn an. »Ich weiß nicht, Rhodri«, sagte sie zögernd. »Das ist nett von dir, wirklich.«
    »Allerdings!«, sagte er halb lachend, halb zornig. »Also? Wie lautet deine Entscheidung?«
    »Ich kann nicht weg. Ich muss sie warnen, weil…«
    »Nein, du brauchst niemanden vor irgendetwas zu warnen!« Ärgerlich verdrehte er die Augen. »Verdammt nochmal, Jess!«
    »Jess, fahr mit ihm.« William kam zu ihr und ging vor ihr in die Hocke. »Du musst weg aus Rom.«
    »Fahr einfach, Jess.« Carmella schauderte. »Solange es noch möglich ist.«
    Jess schüttelte den Kopf. Sie war durcheinander und verängstigt, zu viele Gedanken wirbelten ihr durch den Kopf.

    »Jess, wenn du nicht mit Rhodri fahren willst, dann komm mit mir. Wir fahren direkt zum Flughafen.« William ergriff ihre Hand.
    »Eigon …«
    »Wenn Eigon mit dir in Kontakt treten will, dann tut sie das, wo immer du bist, Jess«, warf Carmella ein. »Sie hat sich dir ja auch in Wales gezeigt, oder nicht?«
    Jess stand auf. William kam ihr zu nah, er bedrängte sie. Genauso wie Rhodri. Sie schaute zwischen den beiden hin und her, spürte den Druck, den sie auf sie ausübten, und Panik

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