Die Tochter des Königs
Gesicht war grimmig entschlossen, er war wieder der Krieger und König, der er vor seiner Krankheit gewesen war. »Diebe lassen ihre Opfer nicht mit mehr Gold liegen, als sie ihnen abgenommen haben. Sie wählen kein keltisches Gold und wickeln die Leiche in keine keltische Decke, wenn sie nicht einen triftigen Grund dafür haben.«
Eigon waren die kunstvolle Schmiedearbeit der Armreifen und das Karomuster der Decke gar nicht aufgefallen. Beeindruckt, dass ihr Vater diese Details sofort bemerkt und seine Schlussfolgerungen daraus gezogen hatte, schaute sie zu ihrer Mutter. Wieder hatten sie die Botschaft bekommen, dass niemand in diesem Haus sicher war. Die Menschen, die ihr am nächsten standen. Die Menschen, die sie liebte. Verzweifelt unterdrückte sie die Tränen und tat ihr Bestes, sich an der Stärke ihres Vaters ein Beispiel zu nehmen. Ihre Mutter war vor Schock wie erstarrt und weigerte sich zu begreifen, was passiert war. Aber sie musste es wissen, sie musste ebenso wie Eigon erkannt haben, dass dies eine Botschaft von Titus Marcus Olivinus war.
»Mama …«
»Nein!« Wütend wirbelte Cerys zu ihr herum. »Nein! Untersteh dich, ein Wort zu sagen, Eigon. Hast du mich verstanden? Dieses Mädchen war hemmungslos. Sie war töricht, sie hat sich aufgeführt wie eine Schlampe! Sie wollte es nicht anders!« Sie machte auf dem Absatz kehrt und stürzte in ihre Privaträume.
Entsetzt starrten alle ihr nach. »Es tut mir leid, Eigon«, sagte Caradoc langsam. »Deine Mutter ist von Grauen überwältigt. Sie täuscht sich. Niemand hat so etwas verdient. Niemand, und schon gar nicht die kleine Julia. Ich weiß nicht, wie wir das Pomponia Graecina sagen sollen.«
»Jess!« Jemand schüttelte sie am Arm. »Jess, wach auf. Sofort!«
Mit einem Schaudern kehrte Jess in die Realität zurück und sah, dass William neben ihr stand. Sie waren allein auf der Dachterrasse.
»Jess, du musst damit aufhören. Es hilft dir nicht, in deine kleine Privatwelt abzutauchen«, sagte er sanft. »Komm mit mir nach England zurück. Wie fahren zu meinen Eltern nach Cornwall. Wenn mich nicht alles täuscht, weiß Daniel nichts von ihnen, und wenn doch, wird es ihm schwerfallen, da in deine Nähe zu kommen. Du weißt ja, in dem kleinen Dorf, in dem sie leben, kennt jeder jeden. Wenn ein Fremder auftaucht, macht das sofort die Runde.«
»Ich kann mich nicht den Rest meines Lebens verstecken, William.«
»Das sage ich ja auch gar nicht. Aber momentan wäre es vielleicht ganz gut. Bis uns ein besserer Plan einfällt.« Er legte ihr die Hände auf die Schultern und sah ihr fest in die Augen. »Ich darf nicht zulassen, dass Daniel dir noch mehr wehtut, Jess.«
Einen langen Moment sahen sie sich an, dann beugte er sich etwas vor und gab ihr sacht einen Kuss auf die Lippen. Abrupt fuhr sie zurück. »Nein! Nicht, William! Es tut mir leid, ich ertrage es einfach nicht, wenn jemand mich berührt. Noch nicht.« Sie schauderte. »O mein Gott!« Sie vergrub das Gesicht in den Händen.
»Das kann ich verstehen.« Er trat einige Schritte von ihr fort. »Das war nicht besonders einfühlsam von mir. Aber bitte überleg dir meinen Vorschlag, Jess. Bitte. Du brauchst Hilfe.«
»William, Daniel hat schon einmal versucht, dich umzubringen!«
»Nein, das glaube ich nicht. Wenn er das gewollt hätte, hätte er’s ja problemlos tun können, nachdem er mir diese K.-o.-Tropfen eingeflößt hatte.«
»Beim nächsten Mal kann er sich vielleicht nicht mehr zurückhalten.« Sie ging an ihm vorbei in die Wohnung, wo Kim, Steph und Carmella standen und besorgt zu ihr und William auf die Terrasse schauten.
»Jess …?«, fragte Kim.
Jess schüttelte den Kopf. »Nein! Bitte lasst mich in Ruhe.« Sie lief ins Bad, schloss die Tür hinter sich ab und kauerte sich schluchzend auf dem Boden zusammen.
»Mama, du musst mir zuhören!« Eigon fing ihre Mutter im Esszimmer ab, wo Cerys die Sklaven dabei beaufsichtigte, das Geschirr in einen Schrank zu räumen.
Cerys fuhr zusammen und drehte sich mit verweintem Gesicht zu ihrer Tochter um. »Eigon, dein Vater ist krank. Nachdem Pomponia Graecina und Aulus Plautius mit Julias Leichnam das Haus verlassen haben, ist er zusammengebrochen.«
Eigon wandte sich zur Tür. »Ich schaue nach ihm.«
»Lass ihn in Ruhe. Er schläft.« Cerys seufzte. »Ohne Melinus gibt es für ihn keine Hoffnung mehr.« Sie hatte die Arme um sich geschlungen, eine Träne lief ihr über die Wange. Die Sklaven tauschten einen Blick und
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