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Die Tochter des Leuchtturmmeisters

Die Tochter des Leuchtturmmeisters

Titel: Die Tochter des Leuchtturmmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Rosman
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fest an ihrem Platz klebte. Sie verbeugte sich kurz, als sei der Briefkasten ein Sarg bei einer Beerdigung, und in gewisser Weise stimmte dieser Vergleich nur zu gut. Dann drehte sie sich um und ging den Weg langsam wieder zurück. Jetzt waren andere an der Reihe.
     
    Das Haus war eins von denen, die noch immer eine Verkleidung aus Eternitplatten hatten. »Widstrand« stand an dem weißen Metallbriefkasten. »Keine Werbung bitte« verkündete ein Aufkleber, dicht über dessen Verzierung – einem roten Schiff auf Meereswellen. Das Schiff war viel zu klein im Verhältnis zu dem an Bord stehenden Mann. Folke drückte auf die Klinke und schob die Tür zum Vorgarten auf, ohne an Karin zu denken, die hinter ihm ging und sie gegen das Schienbein bekam.
    »Ist es zu viel verlangt, dass du einem die Tür aufhältst?«, fragte sie verärgert.
    »Was? Oh, Entschuldigung.«
    Zwei weiße Porzellankatzen mit blauen Augen und rosa Schleifen am Hals saßen sich am Fenster zwischen den Spitzenstores gegenüber. Ein altes Lastenmoped mit passend gearbeiteter Plane parkte auf der Schotterauffahrt.
    Die Steine knirschten unter den Schuhsohlen. Sie waren von einer Größe, dass sie garantiert in ihren derben Sohlenstecken blieben und später mit einem Stöckchen herausgepult werden mussten. Karin klopfte an die Haustür aus lackiertem Holz. Die dünne Glasscheibe im oberen Teil klirrte, Schritte aber waren nicht zu hören. Ein schwacher Duft nach Frischgebackenem drang zu ihnen heraus. Karin klopfte noch mal.
    »Ja, ja, einen Moment«, rief ein Mann und erhob die Stimme dann noch mehr: »Elise, es klopft an der Tür!«
    Eine kleine Frau mit kurzem hellgrauem Haar und munteren Augen öffnete mit dem Ellbogen. Sie trug eine gestreifte Schürze, die mit Mehl bestäubt war und fast zweimal um ihren dünnen Körper reichte.
    »Kommt bitte herein. Könnt ihr die Tür hinter euch zumachen?« Sie sprach mit lauter Stimme und zeigte auf ihre mehligen Hände. Karin trat auf die Dielen im Flur und fragte sich, ob man auf dem dort liegenden Teppich laufen durfte oder ob er nur als Schmuck diente. Die Tapete des Korridors stammte noch aus den siebziger Jahren, und an der rechten Wand standen eine Flurgarderobe mit Haken für Mäntel und Jacken und ein kleiner Schemel mit wuscheligem rosa Kissen zum Draufsitzen. Sie wich dem Teppich aus und begann sich die Schuhe aufzubinden, mit aller Vorsicht, damit der Holzfußboden nicht von den in der Sohle festsitzenden Steinchen zerkratzt wurde. Folke zog die Tür hinter sich zu, die aber wieder aufging.
    »Du musst die Klinke anheben und gleichzeitig ziehen«, erklärte die Frau mit der Schürze. Ein Wecker rasselte in der Küche. Sie schien ihn nicht zu hören.
    »Der Wecker«, sagte Karin und wies in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Die Frau sah sie verständnislos lächelnd an.
    »Elise. Es hat geklingelt!«, brüllte der Mann, dessen Gesicht sie noch nicht gesehen hatten. Die Aufforderung ließ die kleine Frau mit hastigen Schritten aus dem Flur verschwinden. Sie hörten eine Backofentür zufallen und das Klappern eines Blechs, das auf den Herd gestellt wurde, bevorsie wieder zurück war, umgeben von einer Wolke Kuchenduft. Karin sog ihn tief ein.
    »Sten sitzt im Wohnzimmer, bitte tretet ein.« Sie zeigte den Weg mit einem der gehäkelten gelben Topflappen, die sie doppelt gefaltet in der Hand hielt.
    Ein Mann mit schütterem Haar saß in weißem Hemd und beigefarbener Strickweste in einem Armlehnsessel. Zwei Krücken lehnten neben ihm. Die mit karierten Socken bekleideten Füße steckten in einem Paar hässlicher Sandalen. Die Riemen gaben sich alle Mühe, die geschwollenen Füße drinnen zu halten. Karin ging zu dem Mann und gab ihm die Hand. Eine erstaunlich moderne Armbanduhr zierte sein Handgelenk.
    »Nehmt Platz«, sagte er. Folke und Karin setzten sich auf die weinrote Plüschcouchgarnitur. Sie wirkte wie neu. Sten und Elise gehörten zu der Generation, bei der die gute Stube nur benutzt wurde, wenn Gäste kamen, wodurch der Verschleiß des Fußbodens gleich null war. Karin dachte an ihre eigene Generation, die der siebziger Jahre, die zwischen Küche, Essecke und Wohnzimmer Wände herausschlug, so dass eins ins andere überging.
    Der blankpolierte Holztisch zwischen der Couch und Stens Sessel war mit einem schönen weißen Kaffeegeschirr mit Goldmuster gedeckt.
    »Elise bringt gleich Kaffee und Kuchen. Sie trinken doch Kaffee?«
    »Danke, gern«, sagte Karin. Jetzt aus der Nähe bemerkte

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